Borussia schlägt Schalke : Gladbach ist noch kein Spitzenteam
Mönchengladbach Eine schwache erste halbe Stunde verhindert einen (noch) höheren Sieg der Borussia gegen den FC Schalke 04. Beim 4:1-Erfolg gegen den Tabellenletzter der Fußball-Bundesliga zeigt sich auch, dass Florian Neuhaus trotz seiner starken Offensivleistung noch kein kompletter Spieler ist.
Borussia Mönchengladbach ist keine Spitzenmannschaft. Zumindest nicht in jedem Spiel. Und wenn doch, dann auch schon mal nur phasenweise. Das war am Samstagabend ab 18.30 Uhr im Borussia-Park zu sehen – obwohl die Partien mit dieser Anstoßzeit mit dem Prädikat Topspiel beworben werden. Der Gegner, der FC Schalke 04, erhebt seit Mitte Januar eh wenig Ansprüche, dieses Kriterium zu erfüllen. Der Tabellenletzte aber verpasste beim 1:4 eine große Chance, einem Beinah-Topteam drei Punkte zu klauen. Es sind diese Momente der Schwäche-Momente von den großen Vieren (München, Dortmund, Leipzig, Gladbach), die durch die europäischen Wettbewerbe müde sind, die „normale“ Mannschaften nutzen müssen.
„Eine Spitzenmannschaft hätte von Beginn an Vollgas gegeben, um dann in der zweiten Hälfte vielleicht ein paar Körner sparen zu können – so weit sind wir noch nicht“, sagte Marco Rose. Stattdessen startete das Team des Gladbacher Trainers, in das er Patrick Herrmann, Denis Zakaria, Valentino Lazaro und Tony Jantschke für Lars Stindl, Christoph Kramer, Stefan Lainer und Nico Elvedi rotieren ließ, wenig aggressiv, uninspiriert und mit etlichen Fehlpässen. Schalke wirkte griffiger, aber – wie sich später zeigte – nur durch Gladbacher Wohlwollen.
Eine fahrige Anfangsphase
Die Borussia war an diesem Spieltag nicht die einzige Champions-League-Mannschaft, die den Beanspruchungen der vergangenen Wochen Tribut zollen musste. Borussia Dortmund patzte, auch RB Leipzig und der FC Bayern taten sich schwer. Sich in eine Bundesliga-Partie nach einem Wochenspiel in der Königsklasse reinfinden zu müssen, ist normal. Zumeist ist es so, dass die schweren Knochen mit jeder Minute leichter werden. Allerdings muss ein Spitzenteam diese „Frischefindungsphase“ besser hinbekommen als die Rose-Elf an diesem Abend. Fehler minimieren, den Ball laufen lassen – das konnte Gladbach nicht leisten. Nicht einmal eine zu diesem Zeitpunkt überraschende Führung durch einen Nachschuss von Florian Neuhaus, sorgte für Souveränität (15.).
Aus dieser Schwäche der Gladbacher und ihrem Ausgleich durch Benito Raman (20.) saugen die Schalker in Gestalt von Manuel Baum Honig für eine Zukunft weiter in der Bundesliga. Und selbst die drei weiteren Gegentreffer, mit denen sich die Gladbacher doch noch einen ungefährdeten Sieg erspielten, gestaltete der S04-Coach in recht einfach abzustellende Probleme um: Bei drei von den vier Toren seien individuelle Fehler vorausgegangen. Dabei vergaß Baum zu erwähnen, dass der einzige Treffer seiner Profis durch einen eklatanten Fehlpass von Marcus Thuram initiiert wurde, den Mark Uth zu einer Lob-Vorlage für Raman nutzte.
Mit dem 2:1 durch Oscar Wendt war allerdings die fragile Herrlichkeit der Königsblauen vorbei. Der nun freigewordenen Offensivkraft der Hausherren hatte der Gast nichts mehr entgegenzusetzen. Thuram (52.) und der eingewechselte Hannes Wolf (80.) schraubten das Ergebnis auf 4:1. Und selbst schwächelnde Gladbacher hätten bei etwas mehr Konzentration die Schalker mit einer Packung nach Hause schicken können.
Wesentlich realistischer und auch kritischer reagierte Rose auf das Spiel seiner Mannschaft, was er sich auch leisten kann. Das bekam Neuhaus bereits früh zu spüren. Der hochveranlagte Mittelfeldspieler war neben Thuram und Herrmann einer der Protagonisten in der Fehlerphase. Bereits in der 6. Minute schrie Gladbachs Trainer seinen Neu-Nationalspieler an, als der Sechser sich blind festdribbelte. Etliche fehlerhafte Aufbaupässe aus tiefer und unbedrängter Position sorgten zusätzlich für Gefahr, bevor sich der 23-Jährige zu einer wieder einmal beeindruckenden Offensivform aufschwang. „Es macht momentan einfach sehr viel Spaß. Wir spielen sehr attraktiven und erfolgreichen Fußball“, sagte Neuhaus.
Aber es gibt auch ein Fußballleben jenseits jeglicher Attraktivität, speziell in der Defensivarbeit und auch in Phasen, in denen es nicht läuft und man viel Widerstand beim Gegner brechen muss. „In der ersten halben Stunde war auch Flo etwas fahrig und hatte den einen oder anderen leichten Ballverlust“, mochte denn auch Rose auf Nachfrage sich nicht auf ein reines Loblied beschränken. Der Prozess zum Spitzenteam läuft bei Borussia Mönchengladbach, der Prozess von Florian Neuhaus zum Spitzenspieler auch.