Netzschau zur Nullnummer gegen Uerdingen : Da Velbert dir nichts mehr zu ein
Special Velbert Fünf Spiele, drei Tore, zwei Punkte: Die Alemannia hat einen sportlichen Fehlstart in die neue Saison hingelegt. Negativer Höhepunkt war das 0:0 am Samstag gegen Uerdingen. Rund um den grünen Rasen ist die anfängliche Euphorie bereits verpufft. Die Netzschau.
Fast jede Mannschaft muss im Laufe einer Saison durch ein mehr oder weniger großes Tal schreiten und eine Krise überstehen. Die kann sportlicher Natur sein, zum Beispiel läuft es in der Offensive nicht rund oder defensiv agieren die Spieler unglücklich. Diese negative Phase kann sich aber auch neben dem Platz abspielen, wenn sich das Team auf dem Platz und die Fans daneben nicht zu 100 Prozent grün sind, wenn die Anhängerinnen und Anhänger Zweifel bezüglich der Trainerpersonalie haben oder sich untereinander nicht einig sind.
Die Alemannia wäre nicht die Alemannia, wenn nicht gleich alle Faktoren zusammenkämen – und das gleich zum Beginn der Saison.
Am Samstag trafen die Aachener in Velbert auf den KFC Uerdingen, der sich nach vier Spieltagen mit bis dahin 20 Gegentoren auf dem letzten Platz wiederfand. Nach dem fünften Spieltag sind es immer noch 20 Gegentore, denn die Partie endete 0:0.
Alemannia Aachen wartet damit weiterhin vergeblich auf den ersten Saisonsieg, hat nach fünf Partien erst zwei Punkte auf dem Konto und die anfängliche Euphorie – trotz oder gerade wegen der extrem schwachen Rückrunde der vorangegangenen Spielzeit – scheint dahin. Die Netzschau.
Beginnen wir direkt mit einem Auszug der Kommentare auf der Facebookseite der Alemannia nach der Nullnummer gegen Uerdingen. Die Kritik richtet sich gegen alles und jeden: die Mannschaft, die Vereinsführung, den Trainer und das Verhalten der Fans. Die Stimmung ist angespannt. Kein Wunder nach der verkorksten Spielzeit 2020/21 inklusive katastrophaler Rückrunde und der Hoffnung auf einen Neustart in dieser Saison mit vielen Versprechungen des neuen Trainers Patrick Helmes, der den Fans wieder eine Alemannia bieten wollte, die begeistert, und Spieler, die das schwarz-gelbe Trikot nicht nur mit Stolz tragen, sondern das auch zu jeder Sekunde auf dem Platz zeigen.
Doch nach fünf Spieltagen zeigt die Realität ein anderes Gesicht. Mit Ausnahme der ersten zwei Saisonspiele war das sportlich zu wenig und spätestens gegen den angeschlagenen KFC, dessen Mannschaft hauptsächlich aus Jugendspielern ohne Regionalligaerfahrung besteht, die auch erst wenige Tage vor Saisonbeginn überhaupt zusammengestellt wurden, sollte endlich der versprochene Offensivfußball gezeigt und die ersten drei Punkte eingefahren werden. Doch dem war nicht so …
- „Meiner Meinung braucht der Helmes keine Winterreifen in Aachen.....“
- „Helmes Raus“
- „Verdienter Punkt für Uerdingen! Über den Rest legen wir den Mantel des Schweigens! P.s: würde mich aber über die kleinste emotionale Regung vom Trainer freuen! Da kommt ja NIX!“
- „Die Mannschaft von Uerdingen spielt nicht einmal einen Monat zusammen, echt peinlich.“
- „was ist zwischen Vorbereitung und Spielbetrieb nur passiert?“
- „Leute nimmt das doch nicht mehr so ernst. Aufregen bringt schon lange nichts mehr. Freut euch lieber auf die Derbys in Breinig, Vichtal und Eilendorf etc in der neuen Saison. Das hat doch auch was“
- „DANKE DANKE für NIX“
- „Ist das der Angriffsfußball, der uns versprochen wurde Herr Helmes ?? 2 Tore in 4 Spielen zeigen doch eher ein Offensivproblem oder ?Wann holt ihr endlich mal einen Stürmer, der auch spielen kann ?Bin sehr enttäuscht über diese katastrophalen Vorstellung einer anscheinend Loosertruppe . Holt Fuat bitte zurück und lasst Helmes wieder zurück nach Österreich“
- „Was eine peinliche Vorstellung. Diese Trikot sollte man mit Stolz tragen. Davon sieht man nichts. Null Ehrgeiz, Null Willen, Null Kampf.“
- „Einfach nur traurig wie ihr den ganzen Verein nach außen repräsentiert. Macht einfach keine Spaß mehr.“
- „Verhalten der fans,spieler aufem platz,leistung alles nur absoluter schande für die Alemannia“
- „Also erstmal an die Fans die da waren wo war die Unterstützung?? An die Mannschaft was ist momentan los mit euch gegen Münster gegen Schalke habt ihr eigentlich eine gute Leistung gezeigt und jetzt???? Habt ihr kein bock mehr oder was ist dahinter ?“
- „Langsam reicht es mir aber auch was die Fans angeht !!!.. Ist ne lachnummer, Oberhausen singt uns im eigenen Stadion nieder, Uerdingen lacht uns aus... Statt nur für Schlägerei oder Krawall ins Stadion zu fahren fangt endlich verdammt nochmal an UNSERE Mannschaft richtig anzufeuern !!! Ihr werft der Mannschaft mangelnden Kampfgeist vor und benehmt euch als jahrelangen "Ultra" Fans wie ne Kreisliga Fangruppe!!.. es reicht. Dann bitte bleibt zuhause..“
- „Alemannia Aachen....Leider nur noch ein Schatten vergangener Zeiten....einfach nur noch traurig“
- „So langsam weiß man wirklicht nicht mehr, was man dazu noch sagen soll.. Es ist einfach nur noch traurig, dass wir auf Augenhöhe sind gegen ein total kaputtes Uerdingen, welches Woche für Woche den Arsch aufgerissen bekommt. Da ist keine Leidenschaft zu sehen, kein Kampf, keine guten Passstafetten oder sonst irgendetwas. Nicht einmal in der Lage, einen vernünftigen Angriff oder Spielaufbau auszuführen, ohne Fehlpass, versprungene Bälle etc... Und dann ist einem zusätzlich Angst und Bange, wenn der KFC in Richtung unseres Tores marschiert..“
- „Echt nicht normal echt traurig wenn es gegen die manschaft schon nicht klappt dann gegen garkeine Blamage“
- „Bis zum 10. Spieltag gucke ich es mir noch an. Auf geht's Alemannia, da geht noch einiges. Traut euch mal was.“
- „Dat is än blievv deä selve Klömpchensklub!“
Trotz der enttäuschenden Heimniederlage eine Woche zuvor gegen Oberhausen (1:3) reiste die Aachener Anhängerschaft mit viel Optimismus nach Velbert (der KFC kann aktuell nicht in der heimischen Grotenburg auflaufen), denn gegen den Tabellenletzten und das (finanzielle) Sorgenkind der Liga muss doch was drin sein!? Am Matchday!

Das sah man auch auf Insel nicht anders. Zumindest nicht, wenn man die schwarz-gelbe Brille aufhat:

Die Aufgabenstellung war zumindest klar: Der erste Dreier sollte eingefahren werden. Ohne wenn und ohne aber und vor allem ohne großes Gelaber… Einfach hin, kämpfen, siegen und zurück in die Kaiserstadt.

Doch bevor wir zum ausbleibenden sportlichen Erfolg auf dem Rasen kommen, machte ein Teil der Aachener Anhängerschaft den Schwarz-Gelben alles andere als Ruhm und Ehre. Mehrere Personen versuchten die Tribüne der KFC-Fans zu stürmen, die sich daraufhin den Aachenern entgegenstellten.

Und so kam es zu einem verbalen Schlagaustausch am Zaun zwischen den rivalisierenden Gruppen, im Anschluss flogen Stühle. Die Polizei brauchte ein wenig, um überhaupt erstmal dorthin zu gelangen … die Ordnungskräfte kamen zunächst nicht aus ihrem Bereich raus: das Zauntor war abgeschlossen. Und so mussten die Polizistinnen und Polizisten darüber klettern. Nichts davon braucht irgendwer …

Kurz nach 14 Uhr erfolgte dann der Anpfiff der Partie, doch von einem großen Offensivdrang der Alemannia war nicht viel zu spüren. Ex-Torwart Stephan Straub, der mit den Aachener die wohl erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte erlebte (DFB-Pokalsiege als Zweitligist über die Bundesligisten 1860 München, Bayern München und Borussia Mönchengladbach, DFB-Pokal-Endspiel 2004, UEFA-Cup 2004/05 unter anderem mit Spielen gegen FH Hafnarfjördur, OSC Lille und den FC Sevilla, Aufstieg in die Bundesliga 2006), sah sich die Begegnung vom Spielfeldrand an, doch wirklich zufrieden konnte der mittlerweile 50-Jährige nicht sein.
Vorne lief nicht viel zusammen, die jungen Uerdinger warfen sich allem entgegen, verteidigten mit viel Leidenschaft und Herz und hatten in seltenen Fällen auch ihre Momente nach vorne. Von einem souveränen Auftritt gegen einen vermeintlich unterlegenen Gegner war von Seiten der Alemannia nicht viel zu sehen Und so ging es mit einem 0:0 in die Halbzeit.

In der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild nicht. Im Gegenteil. Die Hausherren bauten mit jeder Minute mehr Selbstvertrauen auf, das nach einem 2:8 im vorherigen Spiel gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Köln ganz schön im Keller gewesen sein dürfte, die Aachener hingegen verloren zunehmend die Spielkontrolle (sofern sie sie denn wirklich mal hatten), einfachste Pässe im Mittelfeld gelangen nicht und die Standardsituationen waren alles andere als gefährlich.
Beispielhaft dafür war Aachens Nummer 21: Christian Gartner, Österreicher, der in seinem Heimatland in der ersten Liga spielte und auch in Deutschland in der 2. Bundesliga zum Einsatz kam, wirkte völlig fehl am Platze, seine Pässe landeten teilweise im Nirgendwo, seine Freistöße waren harmlose Chipbälle, die ohne erkennbaren Plan in den Strafraum des Gegners gelöffelt wurden. Für einen solch erfahrene Spieler, der geholt wurde, um dem Aachener Spiel Struktur zu geben, war das viel zu wenig. Entsprechend nahm auch die Unzufriedenheit im Gästeblock zu.
Diese bekam dann auch Aachens Dino Bajric zu spüren. Alemannias Neuzugang aus Lotte kam in der zweiten Halbzeit in die Partie, doch wenn es nicht läuft, läuft es nicht. Teile des mitgereisten Aachener Anhangs verschafften ihrem Ärger über eine misslungene Aktion, über das Spiel und über die gesamte Situation verbal Luft. Bajric bekam das mit, antwortete und gestikulierte in Richtung der eigenen Fans und plötzlich wehte ein Hauch von Effenberg über Velbert.

Bei der Situation konnte Bajric einen langen Ball nicht annehme, was ihm aus dem Block vorgeworfen wurden. Ärgerlich schrie er zurück, wie er den Ball denn hätte annehmen sollen. Ob und was noch mehr passiert sein soll, kann an dieser Stelle nicht mit Sicherheit gesagt werden.
Dennoch muss diese Situation seitens des Spielers und Vereins aufgeklärt werden, denn allein die Anschuldigung ist toxisch für die so wichtige Beziehung zwischen Anhängerschaft und Mannschaft, auf die die Alemannia angewiesen ist.
Verständnis für den Unmut auf beiden Seiten kann man haben: Die Fans warten seit Monaten auf sportliche Erfolge und möglichst mal eine Serie von aufeinander folgenden positiven Spielen. Die Spieler spüren den Druck, was nicht gerade förderlich für die eigene Leistung ist. Spätestens nach Abpfiff muss so etwas aber dann bereinigt werden. Doch um dies vorwegzunehmen: Dieses Mal trat die Mannschaft den Gang an den Zaun der Fans nicht an und verabschiedete sich aus der Ferne.

Auf dem Rasen blieb es beim 0:0. Das freute den KFC und sorgte auf der Seite der Alemannia für enttäuschte Gesichter …

Zu dieser Leistung fiel einigen aus der Aachener Fanszene dann auch nichts mehr ein.

Auch Martin vom Hofe, Ex-Geschäftsführer der Schwarz-Gelben, stattete seinem alten Arbeitgeber einen Besuch ab und verfolgte das Spiel aus dem Gästeblock. Doch wirklich Glück brachte er seinem ehemaligen Verein an diesem Tag nicht. Immerhin sorgte sein Erscheinen bei einigen Fans für gute Laune, denn – und das ist für Aachener Verhältnisse in den vergangenen Jahren doch außergewöhnlich – er ging im Guten vom Tivoli und pflegt seine Beziehungen nach Aachen. Beim nächsten Besuch wären dann aber bitte drei Punkte ganz nett!

Zum Abschluss gibt es noch ein längeres Statement, das die gesamte Situation aus Sicht der Fans ganz gut zusammenfasst:

Die Chance zur Wiedergutmachung beziehungsweise die Chance, das Ruder herumzureißen, bekommt die Alemannia am kommenden Freitag zuhause gegen den SC Wiedenbrück.
Wer wird natürlich wieder dabei sein und auf das Beste hoffen? die Netzschau!
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