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Alemannia Aachen: 28 Tivoli-Kilometer in einer Woche

Alemannia Aachen : 28 Tivoli-Kilometer in einer Woche

Jannis Held und seine Kollegen legen ein großes Pensum zurück. Mit dem 3:0 gegen Wattenscheid 09 endete die Niederlagenserie.

In den Stunden vor dem Spiel hatte Jannis Held die müden Muskeln gepflegt. Alemannia Aachens Stürmer war beim zweistündigen Pokalfight am Mittwochabend 16 Kilometer gelaufen, was vielleicht ein Vereinsrekord ist. Mit Eistonnen, Wechselbädern, Saunagängen, Reboots-Massagen und ausgedehnten Schlafeinheiten kämpfte er ebenso wie die kickenden Kollegen gegen die schweren Beine an, denn bereits 64 Stunden nach dem Spiel gegen Viktoria Köln standen Held & Co. in der Fußball-Regionalliga wieder auf dem Platz.

Am Samstagnachmittag wurde Wattenscheid 09 3:0 besiegt. Alemannias müde Männer machten Meter, um den Erfolg sicherzustellen. „Es war eine Sache des Kopfes, wir mussten unsere Müdigkeit ausblenden“, urteilte Marco Müller, der als kleines Kind vermutlich mal eine Turbine verschluckt hat. Erkennbar müde wurde der Kapitän jedenfalls nicht.

Es war kein Sieg mit Goldkante, aber er beendet die aufkeimende Unruhe nach zuletzt vier Niederlagen in Serie. In manchen Saisonphasen, so sagt es Helge Hohl, „müssen Ergebnisse über Inhalte stehen, um das Vertrauen in die eigene Arbeit zu behalten“. Als Anerkennung für die Energieleistung am Ende der Englischen Woche gab es umgehend zwei frei Tage.

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Hohl hatte als halbwegs frische Kräfte Benjamin Hemcke und Felix Heim erstmals für die Startformation nominiert, ansonsten standen wieder die Spieler auf dem Platz, die Aschermittwoch schon losgelegt hatten. Das anerkannte beste Mittel gegen schwere Fußballerbeine sind Tore. Und Jannik Mause verabreichte das Gegengift schon in der Anfangsphase des Spiels.

Der Torjäger lief unbedrängt los, umkurvte Gäste-Keeper Bruno Staudt und schob problemlos ein zum 1:0 nach sechs Minuten. Die Vorarbeit hatte Franko Uzelac auf ungewöhnliche Weise geleistet, der Innenverteidiger grätschte am eigenen Strafraum einen Ball weit weg, und weil Wattenscheid Verteidiger Timm Esser sich erst verschätzte und dann noch ausrutschte, hatte Mause freie Bahn für seinen zehnten Saisontreffer. Das gab ein bisschen Sicherheit. Heim und Mause hebelten die Abwehr per Doppelpass aus, der heranzischende Jannis Held wurde in letzter Sekunde abgeblockt (13.).

Die Aachener leisteten sich zwar leichte Fehler im Spielaufbau, kamen dennoch regelmäßig zu Gelegenheiten. Heim schlug einen schönen Dialogball auf Mause, diesmal konnte Torwart Staudt im Nachpacken klären (34.). Ein paar Sekunden später rauschten vier Aachener heran, nur noch zwei Wattenscheider Verteidiger sicherten ab, sie konnten Heims Schuss aus 16 Metern aber noch zum Eckball entschärfen.

Die Gäste waren bemüht, fast immer pirschten sie sich über ihre rechte Angriffsseite heran. Aachens Schlussmann Marcel Johnen musste einmal einen abgefälschten Schuss von Umut Yildiz neben sein Tor lenken (10.), dann missglückte dem Eschweiler ein Ausflug, Julian Meier nutzte die Gelegenheit nicht, er schoss überhastet übers Tor (38.). Insgesamt hinterließ Johnen aber einen starken Eindruck, nachdem er nun für den Rest der Saison als Nummer 1 nominiert wurde. Weil die Partie nie zur Ruhe kam, hatte der 20-Jährige viel Gelegenheit sich auszuzeichnen.

6700 Zuschauer waren gekommen. An nahezu allen Standorten in den Regionalligen wäre das für Vorstände Anlass genug, Freibier-Fässer anzurollen, für die Alemannia bedeutete das fast den schlechtesten Tivoli-Besuch in dieser Saison.

Die Fans sahen einen munteren Beginn des zweiten Durchgangs. Erst schlug Wattenscheids Yildiz sechs Meter vor dem Tor ein veritables Luftloch, im Gegenzug war der unternehmungslustige Jannik Mause wieder enteilt. Seine Vorlage spitzelte ein Abwehrspieler weg, bevor Heim sein ersten Saisontor erzielten konnte (47.).

Die Gastgeber hatten sich etwas zurückgezogen, aber es mangelte am Packan. Und so gehörten die ersten Minuten primär den Gästen. Die Lage spitzte sich zu für die Aachener, die Gäste verbuchten einige Großchancen. Hohl reagierte, wechselte mit Sebastian Schmitt und Lukas Wilton frische Zweikämpfer ein und stellte auf eine Fünferkette um.

Ein paar Minuten lang wurde Aachens Abwehr belagert, dann entschlüpften die Angreifer dem Sperriegel, Mause legte auf für Jannis Held, der denn Konter mit dem 2:0 krönte (57.). „Der Zeitpunkt war perfekt“, grinste Aachens Dauerläufer. Die Partie schaukelte auch nach dem zweiten Treffer weiter hin und her.

Beendet waren alle Diskussionen erst nach dem letzten Tor. Dauerläufer Marco Müller legte für den frisch eingewechselten Tim Korzuschek auf, es stand 3:0 (75.). Wattenscheids Trainer Christian Britscho nahm das Ergebnis kopfschüttelnd entgegen. „Es klingt behämmert, das bessere Team hat heute verloren. Das Spiel ist traurig für uns verlaufen, das Ergebnis gibt den Spielverlauf nicht her.“ Es hätte noch trauriger für ihn werden können, denn die Aachener hatten noch weitere Gelegenheiten.

Die letzten fünf Minuten des Spiels machte noch Schiedsrichter Yannick Rupert auf sich aufmerksam, der bis dahin eher großzügig unterwegs war. In schneller Reihenfolge zeigte er drei Aachenern die Gelbe Karte: Für die Kilometerfresser Baum und Held bedeutet das nach dem fünften Strafmandat in dieser Saison eine Spielsperre. „Vielleicht kommt die Pause gerade zur richtigen Zeit, die letzten Tage haben geschlaucht“, urteilte Jannis Held, der mit zwölf Kilometern wieder das größte Pensum abgespult hatte.