Fußball-Bundesliga : Trotz des Sieges hat Steffen Baumgart den Kaffee auf
Köln Der Trainer des 1. FC Köln ärgert sich enorm über den Jubel von Anthony Modeste. Der Stürmer hält nach seinem Tor gegen Arminia Bielefeld eine Packung einer Kaffeemarke in die Kameras, für die er wirbt.
Es war ein fast perfekter Nachmittag. Der FC feierte den dritten Sieg in Folge. In der Bundesliga spielte der eine oder andere Konkurrent zudem für die Geißböcke. Ein zwischenzeitlicher Ausgleich durch ein Eigentor von Timo Hübers hatte die Mannschaft nicht umgeworfen. Und doch gab es zwei Dinge, die noch auf der Pressekonferenz nach dem 3:1 (2:1)-Heimerfolg des 1. FC Köln in der Fußball-Bundesliga über Arminia Bielefeld sichtlich an FC-Trainer Steffen Baumgart nagten.
Da war zum einen die sportliche Kritik an seiner Mannschaft, die zwar als Sieger vom Platz gegangen war, sich jedoch auch nicht hätte beschweren dürfen, wenn das Spiel 2:2 ausgegangen wäre. Speziell in der zweiten Halbzeit wirkte es phasenweise so, als wäre der greifbarer gewordene Traum von Europa eher eine Belastung für die Akteure in den weißen Trikots.
Ab vom Sportlichen hatte Baumgart noch viel mehr den Kaffee auf. Als er auf den Torjubel von Anthony Modeste angesprochen wurde, versteinerte sich die Miene des 50-Jährigen regelrecht. Der Torjäger, der am Samstag zum 17. Mal in der laufenden Bundesliga-Saison traf, hatte eine Tüte hinter dem Tor platziert und offenbar nur auf seinen eigenen Treffer gewartet. Das spricht zwar für eine ganze Menge Selbstvertrauen, artete aber in einer Marketing-Aktion aus. Modeste holte für seinen Jubel eine Packung Kaffee mit seinem Konterfei aus der Tüte. Seit einigen Monaten hat der Franzose eine Kooperation mit einer Kölner Rösterei. Daraus hervorgegangen war der Anthony-Modeste-Kaffee. „Geschmack: Geröstete Nüsse, Kakao“, steht auf der Verpackung. Der Angreifer simulierte noch den genüsslichen Schluck aus einer Tasse und warf die Packung einem Fan zu.
Den Geschmack des Trainers traf das ganz und gar nicht. Flapsig antwortete Baumgart dem Journalisten, der zu besagter Szene nachhakte, wie der Trainer darüber denken würde, er könne „sich die Frage ja selbst beantworten“. Dann äußerte Baumgart zumindest einen Teil seiner Gedanken zum umstrittenen Werbe-Jubel: „Fußball ist immer dünnes Eis. Du darfst nicht überdrehen, sonst kriegst du vor die Fresse.“ Das sei zwar „ein bisschen hart ausgedrückt“, aber so habe er es kennengelernt. Mehr wolle er nicht dazu sagen. Baumgart hätte wohl noch einiges sagen und womöglich eine noch härtere Wortwahl finden können. Ein Gespräch unter vier Augen mit seinem Schützling scheint sicher, wenngleich das Tor an sich natürlich besonders wichtig war für den FC. Der Torschütze selbst erklärte in der Mixed Zone, er „vergesse nie, wo ich herkomme“. Der Kaffee sei ein kleines Dankeschön gewesen, „weil die Fans uns immer unterstützen“. Ärger könnte Modeste nicht nur von seinem Coach erwarten, sondern auch vom DFB, der Schleichwerbung für gewöhnlich nicht billigt.
Sein Treffer fiel in der 43. Spielminute, nachdem Mark Uth aus dem Halbfeld eine Flanke auf den robusten Stürmer geschlagen hatte. Der legte sich den Ball ein bisschen weiter Richtung Strafraumzentrum vor und zog aus der Drehung ab. Er umkurvte den Arminen Amos Pieper, doch der bekam noch eine Fußspitze an das Spielgerät – das machte den abgefälschten Schuss aber zum unhaltbaren Unheil für den Bielefelder Schlussmann Stefan Ortega. So konnten die Kölner nach einer ereignisreichen ersten Halbzeit doch noch mit gutem Gefühl in die Kabine gehen.
Mit einem solchen hatte das Spiel auch begonnen. Der FC drängte die verunsicherten Arminen in die eigene Hälfte. Einen Flankenball entschärfte Ortega noch per Faustabwehr, doch Florian Kainz eroberte den Ball zurück, gab rechts raus auf Jonas Hector. Und der Kapitän fand in der Mitte mit einem Flachpass Uth, der wiederum flach abschloss und einnetzte (3.). Müngersdorf jubelte, doch kurz darauf verstummte das Publikum wieder. Hector war unglücklich mit Alessandro Schöpf zusammengeprallt und hatte sich dabei eine klaffende Kopfverletzung zugezogen. Der FC wechselte jedoch nicht umgehend, sondern geleitete Hector in die Kabine. Dort wurde der Kapitän medizinisch versorgt und durchgecheckt – Baumgart ging das Risiko ein, mit zehn Mann gegen Bielefeld zu agieren, bis Klarheit herrschte: Hector kam nach rund zehn Minuten zurück. Nach gut einer Viertelstunde musste er dann doch endgültig raus (29.), weil mittlerweile stärkere Kopfschmerzen eingesetzt hatten, wie später Thomas Kessler, Leiter Lizenzspielerbereich, erklärte.
Wenig später wäre beinahe das 2:0 gefallen, als Uth eine Ecke mit viel Schnitt in den Strafraum schlug, und der Ball auf der Latte aufsetzte. Auf der Gegenseite kam Bielefeld aus dem Nichts zum Ausgleich: Patrick Wimmer luchste Luca Kilian den Ball ab, lief in den Strafraum ein und wollte noch einmal in die Mitte zum besser postierten Mitspieler abgeben. FC-Verteidiger Timo Hübers wehrte ab, doch er konnte den Ball nicht kontrollieren, weshalb dieser in die Maschen trudelte (33.). Kölns Dejan Ljubicic gelang Ähnliches wie zuvor Wimmer. Er hatte jedoch keine Anspielstation und schlenzte deshalb in Richtung des langen Ecks. Der Ball senkte sich jedoch auf der falschen Seite des Pfostens knapp ins Toraus (39.).
Nach dem Seitenwechsel wirkte die in Durchgang eins noch vollkommen harmlose Arminia wie wachgeküsst. Gefährlich wurde Bielefeld zwar selten, doch die Spielanteile kippten in Richtung der Gäste. Knifflig wurde es für Köln in der 70. und in der 85. Minute. Beide Male hielt Marvin Schwäbe stark. Erst lenkte er einen Kopfball von Guilherme Ramos noch über die Latte. Dann verhinderte er den Einschlag im Eins-gegen-Eins, als Burak Ince über rechts in den Sechzehner eindrang und abzog. Nach der anschließenden Ecke konterte der FC. Der eingewechselte Kingsley Ehizibue spielte Ball die Linie entlang zu Modeste, der von rechts in den Strafraum zog, noch einmal den Kopf hochnahm und überlegt zum besser postierten und ebenfalls eingewechselten Jan Thielmann passte. Der Joker markierte das 3:1 (86.).
Für die letzten drei Saisonspiele hat sich der 1. FC Köln eine gute Ausgangslage geschaffen. Gegen Augsburg, Wolfsburg und Stuttgart, die allesamt der unteren Tabellenhälfte angehören, sind allerdings ähnlich kampfbetonte Duelle zu erwarten. Um nach zuletzt drei Siegen in Folge auch tatsächlich einen Lauf zu starten, müsse die Mannschaft leichtfüßiger werden, beschwörte Baumgart.