Mainz : Rückstand gedreht: 1. FC Köln auf den Spuren von Liverpool
Mainz Die Bundesliga-Ergebnisse vom Samstag hatten den 1. FC Köln ziemlich unter Druck gesetzt vor der eigenen Aufgabe beim FSV Mainz 05 am Sonntag. Doch wie schon so oft in der Vergangenheit, wenn Peter Stögers Team unter den Druck des Punkten-Müssens geraten war, konnten sich die Kölner auch diesmal auf ihre Entfesselungsfähigkeit verlassen.
Mit drei Toren in nur 19 Minuten drehte der FC einen 0:2-Rückstand in einen 3:2-Sieg. „Das erinnert ein bisschen an Liverpool. Wir sind froh, die drei Punkte geholt zu haben“, sagte Verteidiger Dominique Heintz. „Die Mannschaft hat eine gute Mentalität, einen guten Charakter, und am Ende haben wir nicht mal unverdient gewonnen“, urteilte Kölns Sportdirektor Jörg Schmadtke.
Stöger hatte seine Startelf nicht nur aufgrund der Sperre von Leonardo Bittencourt umgebaut. Für den Flügelspieler kam wie erwartet Filip Mladenovic ins Team. Aber auch Kevin Vogt musste seinen Platz räumen. Verteidiger Mergim Mavraj ersetzte den Mittelfeldspieler, den Stöger im Derby gegen Leverkusen nach der ersten Halbzeit ausgewechselt hatte. Jonas Hector rückte ins Mittelfeld vor.
Die ersten Minuten in der Coface-Arena verbrachte der FC damit, sich zu sortieren, während Mainz den Ball hatte. Stögers ziemlich defensiver Plan mit einer Art Fünferkette wurde schon nach neun Minuten von einem Gegentor erschüttert. Nach einem Eckball des Ex-Kölners Daniel Brosinski bekam die FC Abwehr den Ball nicht geklärt, Mainz‘ Kolumbianer Jhon Córdoba vollstreckte aus kurzer Distanz. Anschließend wankten die Kölner einige Minuten lang bedenklich und bekamen nach vorn nichts zustande.
Horn verhinderte gegen Stefan Bells Kopfball und Dannny Latzas Schuss einen höheren Rückstand, der zweite Ex-Kölner Christian Clemens verzog (13.). Nach 20 Minuten konnte sich Stögers Team dann befreien und einige eigene Angriffe vortragen. Zwingend wurde es so gut wie nie — und als Anthony Modeste nach einem guten Antritt eine weiteres Laufduell mied und lieber aus 20 Metern abzog, da sah es auch nach fehlender Überzeugung aus.
Mergim Mavrajs Kopfball nach der Vorarbeit von Marcel Risse (30.) hätte dem Spiel beinahe einen sehr überraschenden Zwischenstand beschert. Aber der Ball strich über das Tor von Loris Karius, und so erstaunten die Kölner das Mainzer Publikum am meisten, als sie in der 31. Minute einfach weiterspielten, obwohl Leon Balogun sich verletzt am Boden wälzte — die neue FC-Politik in der Ball-Rausspielen-Frage war den Mainzer Fans wohl nicht bekannt. Kurz vor der Pause kamen die Gastgeber dann noch zur größten Chance seit dem Führungstreffer. Doch Yunus Malli lupfte aus kurzer Distanz über Timo Horns Tor.
Die zweite Hälfte begann wie die erste: mit einem schnellen Tor der Gastgeber nach Vorarbeit von Brosinski. Diesmal war es der Mainzer Verteidiger Balogun, der einen fein getretenen Freistoß des 27-Jährigen einköpfte. Ein Treffer, der in den Augen von Schmadtke vor allem seiner Mannschaft nutzte. „Wir haben nach dem 0:2 deutlich befreiter gespielt, bis zu diesem Zeitpunkt war die Leistung eher dünn“, befand der FC-Sportdirektor.
Stöger schaltete in der 60. Minute mit Osako und Jojic voll auf Offensive und Risiko um. Es dauerte nur vier Minuten, bis Marcel Risse mit einem harten Schuss aus schwieriger Position verkürzen konnte (64.) — es war das erste Saisontor des gebürtigen Kölners. Bei den Gästen setzte das Tor endlich auch mehr Leidenschaft frei — in punkto Engagement schien für den FC ein neues Spiel begonnen zu haben.
Bei den Gastgebern, die sich auf dem Weg zu einem leichten Sieg für ihren Traum vom Europapokal sahen, machte sich dagegen Verunsicherung breit. Der FC konnte sie nutzen: Nach einer verunglückten Kopfballabwehr von Bell sah Yannick Gerhardt den ins Zentrum ziehenden Jojic. Und das Unglaubliche geschah: Der 24-Jährige, seit Saisonbeginn das große Sorgenkind, sorgte als Joker mit seinem ersten Pflichtspieltor für die Domstädter für den Ausgleich (74.) und war nur noch glücklich: „Das ist der schönste Moment, seit ich in Köln bin.“
Und neun Minuten später endete auch noch die Geschichte von Anthony Modestes Torlosigkeit. Nach fünf Partien ohne Treffer sorgte der Franzose mit einem strammen Rechtsschuss für das 3:2 — eine Kölner Wiederauferstehung in FC-Liverpool-Dimension war perfekt.