Mönchengladbach : Endzeitstimmung in Gladbach: Schubert vor dem Aus
Mönchengladbach „Wir leben Kontinuität.“ So lautet das Credo von Max Eberl. Es dürfte Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor schwer fallen, nicht in Kürze gegen diese Philosophie zu verstoßen. Auch wenn er tapfer betont hatte, die Zukunft von Trainer André Schubert hänge nicht vom letzten Spiel des Jahres gegen den VfL Wolfsburg ab. Das 1:2 wirkte jedoch wie ein unterschriebenes Entlassungsgesuch.
Sowohl Inhalt als auch die Verpackung lassen dem Manager, der so berechtigt Geduld predigt, keine Wahl.
Die Pressekonferenz vor dem Spiel ließ Borussia lieber ausfallen. Die zu erwartenden monothematischen Fragen nach der Verweildauer des Trainers waren nicht Anlass genug, das obligatorische Frage- und manchmal Antwortspiel am Vortag durchzuziehen. Verständlich auch aus ökonomischen Gründen: Womöglich wollte man Schubert zusätzliche anderthalb Stunden gewähren, das einzuüben, was ihm über Monate nicht gelungen war: defensive Struktur.
Dafür hatte der Klub sich als Vorspiel etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Granit Xhaka präsentierte sich vor dem Anpfiff noch einmal im Trikot mit der Nummer 34. „Es war mir wichtig, mich noch einmal persönlich zu verabschieden“, erklärte der ehemalige Gladbacher und jetzige Arsenal-Profi durchs Stadionmikro. Die Anhänger in der Nordkurve jubelten, nicht nur über seine Liebeserklärung („Ihr seid die besten Fans der Welt“), auch über Xhaka als Symbol besserer Zeiten.
Entblößte Borussen
Wie die aktuellen sind, zeigte sich rasend schnell. Der Zeiger hatte noch nicht einmal zwei Runden geschafft, da war klar: Schuberts Extra-Trainingszeit hatte nichts genutzt. Die Wolfsburger entblößten, wie so viele Gegner zuvor, die Gladbacher Defensivstruktur als nicht existent. Maximilian Arnold durfte ungehindert von Julian Korb in die Mitte Flanken, Daniel Caligiuri mühelos zum 1:0 der Gäste einschießen (2.). Wenn Eberl, immerhin ehemaliger Abwehrspieler, noch Restzweifel besessen hatte, wie er sich in der Causa Schubert entscheiden sollte — in diesem Moment der Unorganisiertheit dürften sie vollends verflogen gewesen sein.
Seine Mannschaft hatte der xte Gegenschlag bis ins Mark getroffen. Was folgte war ein Ansammlung von Klöpsen, die für eine leidlich ambitionierte Fußballschar für eine komplette Saison gereicht hätte. Yann Sommer, immerhin Nationaltorhüter der Schweiz und stolze 28 Jahre alt, spielte dem überraschten Julian Draxler den Ball fußgerecht zu, doch der deutsche Nationalspieler scheiterte am Fuß des Gladbach-Keepers, den Nachschuss säbelte Caligiuri hoch übers Tor (20.). Wenn noch ein Schuss Unsicherheit für die Schubert-Schüler nötig gewesen wäre, diese Doppel-Chance erledigte das. So viele Profis hat man selten in so kurzer Zeit über den Ball treten gesehen.
Selbst Routiniers wie Lars Stindl waren infiziert. Die Nordkurven-Fans mühten sich mit allen Kräften, nicht in Zynismus zu verfallen — aber auch sie sind nur Menschen. Zur Halbzeit wurden die Gladbach-Profis mit Pfiffen in die Kabinen begleitet.
Immerhin zitierten Raffael & Co. kurz nach Wiederbeginn bessere Zeiten: Einen Schuss von Stindl ließ Diego Benaglio nach vorne prallen, Thorgan Hazard umkurvte den Gäste-Keeper und schob zum 1:1 ein (51.). Doch die Gegenwart ist stärker als die Vergangenheit: Mario Gomez bewies mit dem 2:1, was nicht mehr nötig war zu beweisen: Abwehrarbeit steht nicht auf Schuberts Unterrichtszettel.
Nicht charakterlos
Und doch — Gladbach bemühte sich, Borussia ist eine strukturlose, aber nicht charakterlose Mannschaft. Die Offensivqualitäten zeigten sich als noch nicht völlig verschüttet. Sie erkämpften sich Möglichkeiten, aber verwerteten sie nicht. Weil aber etwa Oscar Wendt eine famose Kombination lieber mit einem Kunstschuss mit Rechts abschließen wollte und übers Tor zielte, blieb es beim 1:2 (68.).
Die Kontinuität wurde bewahrt — in Sachen Misserfolge.