Analyse in Aachen : Mronz fordert komplette Neuausrichtung des Sports
Aachen Beim Kongress „#neuland“ in Aachen wirbt der Olympia-Initiator für eine komplette Neuausrichtung des Sports. Corona habe die Schwächen im „Sportland Deutschland“ gnadenlos aufgezeigt. Den Sportfunktionären stellt er ein schlechtes Zeugnis aus.
Mit deutlichen Worten hat Michael Mronz gestern in Aachen eine wesentlich stärkere Rolle des Sports in unserer Gesellschaft eingefordert und an die Verantwortlichen in Politik und Sport appelliert. „Wir brauchen einen bundesweiten Nachhaltigkeitsfonds Sport. Ziel eines solchen Fonds muss es sein, den Breitensport und den Spitzensport fit für die Zukunft zu machen. Das muss ein Milliarden-Programm sein, ein Sozialprogramm gegen die Krankheitskosten unserer Gesellschaft und ein Investitionsprogramm für die Gesundheit unserer Gesellschaft“, sagte Mronz, CEO der Rhein Ruhr City GmbH und Veranstalter des dreitägigen Kongresses „#neuland“, der parallel zum CHIO Aachen stattfindet.
Mronz betonte die Dringlichkeit des Vorhabens und forderte, dass es nicht um „Kann-Investitionen, sondern um Muss-Investitionen“ gehe. Gerade die Coronavirus-Pandemie habe die Schwächen im „Sportland Deutschland“ gnadenlos aufgezeigt, es sei deutlich geworden, dass die Sportvereine einen Stress-Test nicht bestehen. „Auch wenn der Spielbetrieb, Wettkämpfe und das Training wieder aufgenommen werden konnten: Der Sport in Deutschland hat merklich an Substanz verloren.“
Corona hinterlasse schlimme Spuren. Neben Mitgliederrückgang fehlten Trainerinnen und Trainer. Investitionen in die Modernisierung von Sportstätten oder digitale Angebote könnten oft nicht finanziert werden. Mronz: „Wir müssen jetzt alle dafür arbeiten, dass dieser Rückgang und Stillstand nicht von Dauer sind.“
Der 54-Jährige kritisierte, dass von den rund 150 Milliarden Euro Corona-Hilfen des Bundes zu wenig (0,4 Milliarden Euro) beim Sport gelandet seien, und das, obwohl fast 25 Millionen Bürgerinnen und Bürger Mitglieder in Sportvereinen sind. Andere Bereiche – wie die Kultur oder das Gaststättengewerbe – seien einfach schneller und aktiver gewesen.
„Das sage ich nicht mit neidischem Blick auf Kultur und Gastronomie. Sie haben Hilfe verdient und sich die Hilfe durch entschlossenes Handeln selbst erarbeitet. Aber ich sage das mit Blick auf die bisherigen Sport-Corona-Hilfen des Bundes: Die anderen waren nicht zu schnell. Der Sport war und ist zu träge.“
Eine deutliche Erwartungshaltung formulierte Mronz in Richtung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), der im Dezember ein neues Präsidium wählt. „Dann geht es um viel mehr als um eine Personalentscheidung“, sagte Mronz und ergänzte: „Dann muss es um Inhalte gehen und darum, dass der deutsche Sport wieder eine Stimme bekommt, die gehört wird. Dann muss der DOSB wieder vertrauensvoll mit den Medien kommunizieren statt über Anwälte.“
Es müsse dann auch wieder darum gehen, auf den Breitensport zu hören. „Das ist unsere Basis“, sagte Mronz. „Dort werden unsere Olympioniken von morgen inspiriert, ausgebildet und trainiert. Dann muss es um einen besseren Zugang zur Wirtschaft gehen.“ Es gehe darum, ein sportpolitisches Zukunftskonzept für ganz Deutschland mitzuwählen.
Vor der Wahl einer Persönlichkeit stehe die Entscheidung über das Aufgabenprofil. „Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass der DOSB eine Findungskommission eingesetzt hat. Zuerst die Inhalte, dann die Person, die dazu passt“, sagte Mronz.
Den im Dezember scheidenden DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann, der die Medaillenausbeute der deutschen Sportlerinnen und Sportler bei den Olympischen Spielen in Japan als „recht ordentlich“ bezeichnet hatte, kritisierte Mronz für dessen Fazit: „In Tokio gab es mehr Medaillen zu gewinnen als jemals zuvor bei Olympischen Spielen. Und das vereinte Deutschland hat noch nie so wenige Medaillen gewonnen. ,Recht ordentlich’ – das kann nicht unser Maßstab sein. Das ist so wie ,ganz nett’ oder ,Lass uns Freunde bleiben’. Die deutsche olympische Bewegung braucht einen neuen Aufbruch.“