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Hamburg: Ihr letzter Sommer? Die „Deutschland” noch einmal in den Nordmeeren

Hamburg : Ihr letzter Sommer? Die „Deutschland” noch einmal in den Nordmeeren

Sie ist Dreh- und Angelpunkt vieler Sehnsüchte - nach Ferne, nach Abenteuer und Romantik: die MS „Deutschland”. Als „Traumschiff” fuhr das 1998 getaufte Kreuzfahrtschiff für das ZDF rund 15 Jahre lang über die Weltmeere. Im vergangenen Winter kam das Aus.

Die Reederei Peter Deilmann war insolvent, die „Deutschland” lag wochenlang vor Gibraltar fest, bis sie im Frühjahr an einen Investor in den USA verkauft wurde. Die Fangemeinde trauerte - dann die Überraschung: Am 9. Juni stach die „Deutschland” noch einmal von Kiel aus in See - zu einer Reihe von Nordlandfahrten.

Die zumindest zeitweise Rückkehr des legendären Kreuzfahrtschiffes hat Plantours veranlasst. Der Kreuzfahrt-Veranstalter aus Bremen hatte einen Ersatz für sein Flaggschiff „Hamburg” gesucht, das derzeit zu Reparaturarbeiten in der Lloyd Werft in Bremerhaven ist. Für Geschäftsführer Oliver Steuber ist die „Deutschland” der perfekte Ersatz für die „Hamburg”. „Sie ist ein klassisches Schiff und darf mit ihrer Eisklasse Grönland und die Spitzbergen-Routen fahren”, sagte er zu der Entscheidung. „Da lag es auf der Hand, die neuen Eigentümer anzusprechen.”

Die erste Reise führte von Kiel nach Spitzbergen. Drei Nordmeerreisen folgten: Island, Grönland, Faröer- und die Shetland-Inseln waren Ziele auf dem Weg zurück nach Hamburg. Von dort ging es ab dem 29. Juli noch einmal auf eine 13-tägige Nordkaptour. Ab 10. August wird dann wieder die „Hamburg” zunächst auf Nord- und Ostsee und später auf den Großen Seen Nordamerikas fahren.

Kapitän auf diesen vielleicht letzten Reisen der „Deutschland” mit deutschen Gästen ist George Ciortan. Der Rumäne ist angetan von dem legendären Schiff und auch ein wenig stolz. „Ich weiß, dass die „Deutschland” für die Deutschen ein besonderes Schiff ist”, sagt er. „Sie ist aber auch wirklich wundervoll.” Hat er selber einen Lieblingsplatz an Bord? „Als Kapitän habe ich keinen Lieblingsplatz zu haben”, sagt er. „Wenn, ist das die Brücke.”

Filmreife Sätze - aber Kapitän Ciortan steht ja auch quasi in der Nachfolge der Fernseh-Kapitäne Günter König (1981-83), Heinz Weiss (bis 1999), Siegfried Rauch (bis 2013) und schließlich Sascha Hehn. Der echte Kapitän der „Deutschland”, Andreas Greulich, hat inzwischen übrigens auch wieder einen neuen Job - bei Tui Cruises auf der „Mein Schiff 2”.

Der neue Eigentümer der „Deutschland” ist der Konzern Absolute Nevada LLC. Von ihm charterte Plantours das Schiff für die Sommersaison. Im Winter soll es an die Universitätsorganisation Semester at Sea verchartert werden, die es als schwimmende Universität mit dem Namen „World Odyssey” einsetzen will. Als Unischiff würde auch einer der gravierendsten Mängel am Bord nicht mehr stören: Die „Deutschland” hat keine Balkone.

Im Grunde war das Schiff schon bei der Taufe etwas veraltet. Reeder Peter Deilmann, gestorben 2003, wollte gerne ein Schiff im Stil der Grand Hotels der 20er Jahre. Und während auf US-amerikanischen Schiffen Ende der 90er die ersten Kletterwände und Golfsimulatoren installiert wurden und in Deutschland die erste „Aida” den Club aufs Meer holte, lockte die „Deutschland” mit einem Lili-Marleen-Salon und der Bar „Zum alten Fritz”. Kinder, die Kreuzfahrer der Zukunft, wurden auch nicht adressiert. Die Konkurrenz baute längst Rutschen ins Schwimmbad und Kids Clubs - Deilmann bot ein Kasperletheater auf.

Erkannt, dass das Schiff nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist, hat auch der neue Eigentümer. Robert Frederick Lambert, Berater des Eigentümers Donald Hoffman, fährt derzeit einige Nordlandtouren mit. Lambert kündigte an, dass das Schiff nach der letzten Reise für Plantours in die Werft geht. Dort würden „Auffrischungsarbeiten” innen und außen vorgenommen, etwa neue Teppiche verlegt und gestrichen. „Wir wollen die „Deutschland” im 4-Sterne-Plus-Bereich positionieren.”

Die Farben der „World Odysee” sollen Weiß und Blau sein. „Nach der ersten Saison planen wir den Einbau von 52 Balkonen auf Deck 8”, kündigte Lambert an. Auch er weiß, dass Hoffman ein besonderes Schiff gekauft hat, und findet selber: „Die Deutschland ist das schönste Schiff, auf dem ich jemals war.”

Das „Traumschiff” vom Produzenten Wolfgang Rademann pflügt seit 1981 durch die Weltmeere, an Bord regierten Herz und Schmerz. Nach der „Vistafjord” von Cunard (1981-82) und der „Astor” (bis 1984) - der Vorgängerin der heutigen „Astor” - kam Deilmanns „Berlin” (bis 1999) und dann für lange Jahre seine „Deutschland”. Im Januar wurde bekannt, dass das Flaggschiff von Phoenix Reisen in Bonn, die „Amadea”, neues „Traumschiff” wird. Die ersten Folgen wurden bereits gedreht. Geplante Sendetermine sind Weihnachten 2015 und Neujahr 2016.

„Kapitän” auch auf dem mit 604 Passagieren etwas größeren neuen ZDF-„Traumschiff” ist wieder Sascha Hehn. Hehn hatte von 1981 bis 1991 erst als junger Chefsteward Victor Burger die Herzen der Damen gebrochen, bevor er 2014 als telegener Kapitän anheuerte. Er gehört wie auch andere langjährige Traumschiff-Stars - Heide Keller als Chefstewardess Beatrice von Ledebur beispielsweise ist von der ersten Folge bis heute dabei - für viele Fernsehzuschauer quasi zur Familie. Dass ein großes Drehteam an Bord auch viele Kabinen - es sollen immer rund 40 gewesen sein - blockiert, war für die Deilmann-Reederei natürlich eher nicht gut. Phoenix soll auf der „Amadea” auch „nur” 30 Kabinen zur Verfügung gestellt haben.

Und was hat sich schon alles geändert auf der „Deutschland”? Nicht viel. Ein wenig ungewohnt mutet der in Plantours-Gelb gestrichene Schornstein an. Das alte Logo der „Deutschland” war ein rotes „D” mit einem stilisierten Schiffsbug auf weißem Grund. Das findet sich auch immer noch auf den Bademänteln und in Gold auf dem Porzellan.

Viel konnte auch in der Kürze der Zeit nicht verändert werden, die Crew der „Hamburg” hatte gerade einmal neun Tage Zeit, auf die „Deutschland” umzuziehen. Einige Räume jedoch wurden für die Nordlandtouren einfach nicht wieder in Betrieb genommen, wie das Kanzlerzimmer und das Gourmet-Restaurant „Vier Jahreszeiten”. Die Besatzung ist natürlich auch nicht die alte, an Bord ist überwiegend die Crew der „Hamburg” im Einsatz. 83 Kabinen mehr als die „Hamburg” hat die „Deutschland”, maximal 520 Passagiere können an Bord kommen.

An Bord sind neben den umgebuchten „Hamburg”-Passagieren natürlich auch Fans der „Deutschland”. „Dass die „Deutschland” noch einmal fährt, ist für uns ein Traum”, sagt beispielsweise Petra Jacoby aus Mülheim-Kärlich. Sie ist seit dem 6. Juni mit ihrem Sohn Oliver an Bord. „Wir haben ganz spontan gleich zwei Reisen gebucht.” Das waren Reise 11 und 12 innerhalb von zwei Jahren. Die Route war den beiden egal. „Wir wären bis ans Ende der Welt mitgefahren.” Helga und Hans-Georg Masuhr aus Bonn fanden dagegen die „Hamburg” „einfach praktischer”. Die „Deutschland” sei sicher wunderschön, „aber wir mussten uns erst neu orientieren”.

„Die Resonanz auf die Fahrten mit der MS „Deutschland” sind hervorragend”, sagte dazu Geschäftsführer Steuber. „Dennoch ist die MS „Hamburg” das Plantours-Flaggschiff, und so soll es auch bleiben.” Einen kleinen Hoffnungsschimmer auf ein Wiedersehen scheint es aber zu geben, es gibt Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer. „Natürlich wäre die MS „Deutschland” eine schöne Ergänzung des Portfolios”, übt sich Steuber als Sphinx. Lambert wurde konkreter: „Wir fänden es schön, wenn sie im Sommer für Plantours fahren würde”, sagte er. Es gebe auch von seiner Seite ein Angebot. „Wir warten auf eine Entscheidung.” Mittlerweile sollen auch andere Veranstalter ihr Interesse an einem Charter für die Sommermonate signalisiert haben.

Da stellt sich nun die Frage, die auch alternde Rockstars mitunter aufwerfen: Was sind die Nordlandreisen der „Deutschland” nun gewesen: Eine Farewell-Reise oder vielleicht doch eine Comebacktour, der weitere folgen könnten? Die Fans an Bord zumindest sind sich einig: Das Ex-„Traumschiff” ist mit seinen 17 Jahren doch eigentlich noch eine junge Deern. Daher haben sie alle Hoffnung auf ein Wiedersehen. Oder um mit Kapitän Greulich zu sprechen: „Komm mein Schatz, noch eine Welle.”

(dpa)