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St. Peter Port: Gin aus Meerfenchel und Hugos Haus: Die Kanalinsel Guernsey

St. Peter Port : Gin aus Meerfenchel und Hugos Haus: Die Kanalinsel Guernsey

Luke Wheadon hat eine feine Nase und einen feinen Gaumen. Doch mit dem Modeschnaps Gin konnte er sich nie so richtig anfreunden. „Mir haben die Destillate nie geschmeckt, die auf dem Markt sind. Ich habe nie Gin Tonic getrunken”, sagt er.

Doch dann kam dem gelernten Koch, der ein Hotel auf der kleinen Insel Guernsey im Ärmelkanal besitzt, eine Idee. „Wir haben schon immer Meerfenchel gesammelt, er wächst hier überall an den rauen Felsen an der Küste, direkt über der Wassergrenze”, sagt er. Gurken und rosa Grapefruit passen gut zum Geschmack des Gewächses, das sie hier Rock Samphire nennen. Wheadon mischte noch 13 verschiedene Kräuter und Gewürze bei. „Und dann habe ich mit einem kleinen Kupferkessel angefangen, meinen eigenen Gin zu machen.”

 Im Hauteville House auf Guernsey wohnte einst der Schriftsteller Victor Hugo - heute ist das Gebäude eine beliebte Touristenattraktion.
Im Hauteville House auf Guernsey wohnte einst der Schriftsteller Victor Hugo - heute ist das Gebäude eine beliebte Touristenattraktion. Foto: Verena Wolff/dpa-tmn

Wheadon passt zu einer Insel, die in vielen Belangen speziell ist. Guernsey liegt näher an Frankreich als an Großbritannien, doch es fühlt sich keinem der Länder so richtig zugehörig. Die Insel untersteht der britischen Krone und gibt ein eigenes Pfund Sterling heraus.

 Das Boutique-Hotel „Bella Luce” ist in einem schmucken Steinhaus untergebracht, wie es auf Guernsey so einige gibt.
Das Boutique-Hotel „Bella Luce” ist in einem schmucken Steinhaus untergebracht, wie es auf Guernsey so einige gibt. Foto: Chris George/Bella Luce Hotel/dpa-tmn

Luke Wheadon hat mit seinem Gin offenbar einen Nerv getroffen. Er kommt kaum nach, sein Destillat zu produzieren. 40 Flaschen pro Tag werden in einer Bar im Boutique-Hotel „Bella Luce” produziert, einem der schmucken Steinhäuser, die es auf der Insel zuhauf gibt.

 Das Hauteville House auf Guernsey war einst die Residenz von Victor Hugo - und wirkt heute stellenweise wie ein Kuriositätenkabinett.
Das Hauteville House auf Guernsey war einst die Residenz von Victor Hugo - und wirkt heute stellenweise wie ein Kuriositätenkabinett. Foto: Chris George/Images courtesy of VisitGuernsey/dpa-tmn

Ein weiterer Exot auf Guernsey ist Trevor Rogers-Davis. Er stellt die typischen Milchkannen her, mit denen die Bauern früher auf die Felder gegangen sind. „Heute sind sie aus Kupfer, früher waren sie aus Blech”, sagt Rogers-Davis, der im historischen Anwesen von Sausmarez Manor das alte Handwerk betreibt. „Inzwischen bin ich der einzige auf der Welt, der diese Kannen noch herstellen kann.”

 Im Boutique-Hotel „Bella Luce” stellt Luke Wheadon seinen besonderen Gin her.
Im Boutique-Hotel „Bella Luce” stellt Luke Wheadon seinen besonderen Gin her. Foto: Matthew Gillespie/Bella Luce Hotel/dpa-tmn

Peter de Sausmarez ist der Seigneur des alten Hauses, das als das am besten erhaltene der Insel gilt. Er handelt mit Skulpturen, von denen Dutzende in den ausladenden Gärten stehen. Sehenswert sind auch die Pflanzen. „Allein 40 Sorten Bambus wachsen hier, verschiedene Bananen, Farne, Ingwer”, sagt der Schlossherr. Viele der Büsche und Bäume würden selbst im Süden Englands nicht überleben. Doch auf Guernsey ist das Klima perfekt: „Frost kennen wir hier eigentlich nicht, und im Sommer wird es nicht zu warm.”

 Guernsey im Herbst: Das Klima auf der Insel ist eigentlich zu jeder Jahreszeit relativ mild.
Guernsey im Herbst: Das Klima auf der Insel ist eigentlich zu jeder Jahreszeit relativ mild. Foto: Chris George/Images courtesy of VisitGuernsey/dpa-tmn

An der Vegetation der Insel erfreute sich auch Victor Hugo. Der große französische Schriftsteller, der mit „Der Glöckner von Notre Dame” Furore machte, lebte von 1856 und 1870 in seinem Hauteville House. Es kann noch heute besichtigt werden.

Das Anwesen Sausmarez Manor auf Guernsey ist nicht nur von innen schön - auch der Garten und die Skulpturen faszinieren.
Das Anwesen Sausmarez Manor auf Guernsey ist nicht nur von innen schön - auch der Garten und die Skulpturen faszinieren. Foto: Verena Wolff/dpa-tmn

Je höher man sich arbeitet in diesem Haus hoch über den Dächern der Inselhauptstadt St. Peter Port, desto luftiger wird die Architektur. Oben hat Hugo gearbeitet. Und hier hatte er aus den zahlreichen Fenstern einen herrlichen Blick auf seinen ausladenden Garten und das Meer. Er schaute in Richtung seiner Heimat Frankreich, aus der er vertrieben worden war, als er sich gegen den Staatsstreich auflehnte, mit dem sich Napoleon III. 1851 zum Präsident auf Lebenszeit machte.

 In St. Peter Port, dem Hauptort der Insel, legen auch Kreuzfahrtschiffe an.
In St. Peter Port, dem Hauptort der Insel, legen auch Kreuzfahrtschiffe an. Foto: Chris George/Images courtesy of VisitGuernsey/dpa-tmn

Schon Victor Hugo spürte, dass dieses Eiland eigentlich ein Solitär ist, der Einflüsse zweier Länder zu etwas Eigenem vermischt. „Ein Stück Frankreich, das ins Meer gefallen ist und von England aufgesammelt wurde”, stellte der Schriftsteller fest.

Diese historische Aufnahme zeigt den Schriftsteller Victor Hugo (Mitte) vor seinem Hauteville House auf Guernsey.
Diese historische Aufnahme zeigt den Schriftsteller Victor Hugo (Mitte) vor seinem Hauteville House auf Guernsey. Foto: Images courtesy of VisitGuernsey/dpa-tmn
(dpa/tmn)