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Whitehorse: Fatbiken, Hundeschlittenfahren und Eisfischen: Wintersport im Yukon

Whitehorse : Fatbiken, Hundeschlittenfahren und Eisfischen: Wintersport im Yukon

Gleichmäßig brummen die breiten Gummireifen durch den Schnee. Es ist elf Uhr morgens, am Yukon River ist gerade die Sonne aufgegangen und taucht den Weg am Ufer in ein goldenes Licht. Das wird sich den ganzen Tag nicht ändern.

Denn die Sonne schafft es in dem kanadischen Territorium im Winter nicht sehr hoch an den Himmel. Sie sorgt auch nicht lange für Helligkeit, gegen vier Uhr am Nachmittag geht sie schon wieder unter. Dann färbt sich der Himmel in kräftigem Rosa, und schon bald ist es tiefste Nacht. Die dauert etwa 18 Stunden, ein paar Wochen nach der Wintersonnenwende.

Das wenige Tageslicht macht David Pharand nichts aus. Er nutzt die Stunden, um mit seinem Fatbike durch die eingefrorene Landschaft zu fahren und nimmt Gäste der „Boreale Ranch” mit auf seine Touren: entlang des Ufers in Whitehorse und durch die tief verschneiten und gefrorenen Wälder um die Ranch herum. Sie liegt zwischen Whitehorse und Carcross. „Das Fahrrad hat extra dicke Reifen, die nur recht weich aufgepumpt werden”, erklärt der junge Mann. Dadurch hat man gute Haftung auf dem eisigen Untergrund.

Die Fahrräder wiegen etwa 15 Kilo, die Reifen sehen gigantisch aus - die echte Schwierigkeit beim Fatbike ist aber, die richtige Kleidung zu finden. An einem warmen Wintertag im Süden des Yukon liegen die Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad minus, an einem kalten unter minus 40 Grad. Doch eine Fatbike-Tour kann schweißtreibend sein.

„Man braucht viele Lagen”, sagt David, „warme untendrunter und eine windabweisende als oberste Lage.” Dazu eine Mütze unter dem Helm, ein paar dünne Handschuhe unter den dicken Daunen-Fäustlingen und Schuhe, in denen man die Pedalen spüren kann und die trotzdem die Füße warmhalten. Und dann wartet noch die Herausforderung, mit den vielen Lagen über den Karbon-Rahmen auf den Sattel zu steigen.

Einfacher haben es alle, die zu den Schlittenhundefarmen außerhalb von Whitehorse fahren. Denn entweder sitzen sie dick eingepackt im Schlitten, oder sie stehen am Ende des Gespanns und geben Anweisungen. Homer, Yarrow, Yzerman, Cedar und Tasman sind aufgeregt, sie wollen hinaus auf den Takhini River, der nahe bei Whitehorse die Landschaft durchzieht. Dick zugefroren ist der Fluss, die meiste Zeit liegt er im Schatten. Doch das ist den Hunden egal. Sobald sie für ein Gespann ausgesucht werden, wollen sie nur noch eines: rennen.

Lena Boehrs hat die fünf Hunde in ihre Leinen geklickt und steht auf dem rostigen Stück Eisen, dass sie „Parkbremse” nennt. Die junge Frau aus Esslingen arbeitet als Volunteer in Muktuk, einer der bekannten Schlittenhundefarmen. Gründer Frank Turner hat 24 Mal in 25 Jahren am Yukon Quest teilgenommen, einem legendären Rennen, das alljährlich im Februar über 1600 Kilometer von Whitehorse nach Fairbanks in Alaska führt. 1995 gewann er den Quest in der Rekordzeit von zehn Tagen, 16 Stunden und 22 Minuten. Und dann gründete er Muktuk und widmete sich der Zucht von Schlittenhunden.

Der Winter auf Muktuk ist eine unvergleichliche Erfahrung. Lena stellt Unterschiede fest zwischen eher warmen minus 15 Grad und eisigen 30 Grad unter null. „Man gewöhnt sich an die Kälte”, sagt sie, als das Gespann durch die schmale Spur im Wald auf den Fluss sprintet. Alle Mitfahrer in den „baskets”, wie die Schlitten genannt werden, haben sich mit Tüchern und Schals gegen den Wind gewappnet, der mit der Zeit zu Erfrierungen im Gesicht führen kann. Lenas Schal ist nach ein paar Kilometern komplett eingefroren.

Mit Motorkraft ist man auf einem der zahlreichen zugefrorenen Seen im Yukon noch schneller unterwegs als mit den Hunden - entsprechend mehr beißt der Wind auf dem Motorschlitten. Auf dem Fish Lake steht Dave Myers von der Agentur Up North Adventures auf einem knappen Meter Eis. Warum es von so viele Brüchen durchzogen ist, wollen die Besucher wissen. „Das Wasser ist nie still”, erklärt Dave. Darum gibt es Verwerfungen und Spalten, die gefährlicher aussehen, als sie sind.

Nicht weit entfernt hat Guide Scott mit einem großen Motorbohrer sechs Löcher ins Eis gemacht. Drumherum stehen dick eingepackte Männer, die mit großer Geduld ihre kleinen Angeln ins Wasser halten. „Eisfischen ist eine der entspannendsten Beschäftigungen, die man sich vorstellen kann”, sagt Scott. Die einen stimmen zu. Die anderen finden es einfach nur langweilig - und kalt.

Noch deutlich unangenehmer kann das Wetter gut 500 Kilometer nördlich der Hauptstadt werden. In der alten Goldgräberstadt Dawson, wo Yukon und Klondike River zusammenfließen, sinken die Temperaturen oft Richtung minus 50 Grad. Trotzdem gehe jeder nach draußen, sagt Katie Pearse, die vor vielen Jahren als Tänzerin nach Dawson kam und blieb. Viele Menschen kommen von der anderen Seite des Yukon mit dem Hundegespann nach Dawson und „parken” die Tiere am Fluss. Wer mit dem Auto kommt, passiert im Winter eine Eisbrücke, die über den Yukon gebaut wird. Und wem nach Bewegung ist, der spannt sich entweder die Schneeschuhe oder Langlaufski unter die Füße.

In Dawson allerdings stehen die Chancen nicht schlecht, Nordlichter am Himmel tanzen zu sehen. Grün, rot und weiß können sie scheinen, wenn die Voraussetzungen passen. „Aber es ist Glückssache”, sagt Katie. „Manchmal rechnet man überhaupt nicht damit, und der ganze Himmel leuchtet.” Genau diese Erfahrung hat Lou gemacht. Zusammen mit ihrem Mann ist sie aus Texas in den Yukon gekommen, um die Lichter zu sehen. Und schon am ersten Abend, bei klarem Himmel und windigen minus 22 Grad, hatte sie in einem Camp in der Nähe von Whitehorse Glück. „Es war unglaublich”, schwärmt sie. „Ich hatte eiskalte Hände und Füße, konnte meinen Mund kaum bewegen. Aber das Erlebnis war das Frieren wert.”

(dpa)