Luxus boomt – doch warum eigentlich? : Ausflug in die Welt der schönen Dinge
München Beim samstäglichen Schlendern durch die Stadt kommt so manch einer aus dem Staunen nicht mehr heraus. Schwere Limousinen, teurer Schmuck und hochwertige Uhren. Deutschland und die Welt befinden sich im Luxusboom. Doch woher kommt die Lust auf Luxus?
Luxusboom in Deutschland
Die Karren werden immer dicker, die Uhren immer teurer. Der Prunk Hollywoods ist längst über die Grenzen Kaliforniens hinausgeschwappt und mittlerweile auch in Deutschland angekommen. Selbst im Land des Understatements rümpft man immer seltener die Nase, wenn sich der Nachbar einen Porsche vor die Tür stellt oder die eigene Tochter ihr Handgelenk mit goldenen Armbändern von Cartier schmückt. Wer hat, der kann. Oder vielleicht doch eher: Wer nicht hat, würde gerne?
Es ist kein Geheimnis, dass die meisten neuen Autos, die heute auf unseren Straßen umherfahren, geleast sind. Warum auch nicht? Bei den immer teurer werdenden Kaufpreisen und den vergleichsweise spottbilligen Leasing-Angeboten lohnt es sich kaum noch, einen Neuwagen zu kaufen. Stattdessen werden Boxster oder G-Klasse geleast, sodass man sich zu einem Bruchteil des vorgespiegelten Vermögens genau der gleichen Dinge erfreuen kann, als hätte man tatsächlich den vollen Preis bezahlt. Insofern sind der Mercedes-Stern oder der springende Jaguar auf der Kühlerhaube als Statussymbol aktuell etwas kritischer zu bewerten.
Schwieriger wird es bei Schmuck und Armbanduhren. Der Mangel an Leasing-Optionen für Cartier, Rolex und Co. macht es dem Durchschnittsbürger schwer, sich einfach mal so mit Schweizer Uhren und Goldketten einzukleiden. Umso interessanter und verlockender erscheint es daher, mit einer teuren Uhr zu glänzen. Auch in diesem Fall lautet die Prämisse „höher, schneller, weiter“. Hersteller überbieten sich in Sachen Materialien, Funktionen und Preisen und buhlen um die Top-Platzierungen unter den teuersten Uhrenmarken. Zugleich führt das in den letzten Jahren rasant gestiegene Interesse für Luxusuhren zu einer mangelnden Verfügbarkeit seitens der Hersteller. Interessenten für eine Rolex Daytona oder Patek Philippe Nautilus werden in den Boutiquen milde belächelt, bevor ihnen erklärt wird, dass sich die Wartelisten für Top-Modelle auf teilweise bis zu 20 Jahre belaufen.
Doch was bedeutet das im Umkehrschluss? Ganz einfach, das steigende internationale Interesse sorgt für eine geringe Verfügbarkeit bei den Uhrenherstellern und resultiert somit in einem geradezu explodierenden Gebrauchtmarkt. Ob in zertifizierten Onlineshops oder auf auf Marktplätzen von Privat zu Privat: Eine Rolex aus Edelstahl ist heute mitunter das Dreifache ihres eigentlichen Kaufpreises wert und wird, ohne mit der Wimper zu zucken, für diesen Preis tatsächlich gekauft. Kredite und Finanzierungen erscheinen damit plötzlich nicht mehr allzu naiv, wenn man bedenkt, dass die Verfügbarkeit nicht plötzlich über Nacht besser wird. Insofern ist auch hier das Abzahlen monatlicher Raten möglich und das Gefühl von echtem Luxus in greifbarer Nähe.
Was Luxus eigentlich ausmacht
Abgesehen vom „Luxus auf Pump“ bleibt die Frage, was Luxus per se eigentlich ausmacht. Laut Duden wird Luxus als „kostspieliger, verschwenderischer, den normalen Rahmen (der Lebenshaltung o. Ä.) übersteigender, nicht notwendiger, nur zum Vergnügen betriebener Aufwand; Pracht, verschwenderische Fülle“ beschrieben. Insofern ist also nichts dabei, sich einen Sportwagen zu leasen oder eine Golduhr zu finanzieren. Vielleicht ist das auch deutlich klüger, als ein Direktkauf besagter Luxusgüter. So bleibt nämlich mehr Budget für einen tollen Urlaub oder die Möglichkeit, parallel zu den schönen, in Raten finanzierten Dingen des Lebens etwas als Polster ansparen zu können.
Ein wenig Luxus ist vielleicht genau das, was die Seele aktuell und insbesondere nach den letzten Jahren der Ungewissheit und des Verzichts braucht. Etwas Schönes, etwas Beeindruckendes – etwas, das eigentlich nötig ist, aufgrund seiner Überflüssigkeit in einer Zeit, die sich immer mehr auf das Essenzielle beschränkt, dann aber tatsächlich Freude bereitet.
Die Daseinsberechtigung von Luxusgütern
Eines vorweg: Autos können sehr gute Wertanlagen und ein tolles Hobby sein. Aufgrund ihrer Größe, den laufenden Unterhaltskosten und dem ganzen Drumherum ist der Einstieg in diesem Bereich aber eher als schwierig einzustufen. Einfacher ist es hingegen, sich mit Luxusuhren auseinanderzusetzen. Uhren nehmen nur wenig Platz weg, ihr Unterhalt hält sich in Grenzen und sie sind in der Regel sehr wertstabil.
Ganz im Gegensatz zu Aktien behalten Sie je nach verwendetem Material zudem mindestens den Materialwert. Selbiges gilt für Goldschmuck und Diamanten. Selbst wenn Aktienkurse einbrechen, das Geld aufgrund einer inflation an Wert verliert und gebrauchte Autos keine Abnehmer mehr finden, Edelmetalle und Edelsteine werden, wie bereits vor hunderten Jahren, auch in Zukunft einen gewissen Wert behalten.
Ist Luxus also in Anbetracht der aktuellen Weltgeschehnisse wirklich deplatziert? Oder ist etwas Luxus vielleicht genau das, was man gerade braucht? Dank der unterschiedlichen Definitionen und Auffassungen von Luxus ist dieser Ausbruch aus dem Alltag bereits durch einen Restaurantbesuch oder eine gute Flasche Wein zu erreichen und sorgt so für eine kleine Ablenkung von all dem, was tagtäglich die Nachrichten dominiert. Ob zeitweilig wie ein gutes Essen oder langfristig wie die Investition in eine Schweizer Uhr, ist jedem selbst überlassen.