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Würzburg: Für Stadtaffen auf der Piste: Neue Skimode ist alltagstauglich

Würzburg : Für Stadtaffen auf der Piste: Neue Skimode ist alltagstauglich

Ski-Touren sind im Kommen. Anstatt sich bequem von Gondel oder Lift auf die Berge tragen zu lassen, erklimmen immer mehr Skisportler in kleinen Gruppen die Gipfel zu Fuß, um dann abseits der planierten Ski-Autobahnen ins Tal zu jagen.

„Die Leute wollen mehr die Natur erleben und auch mal alleine in der Natur sein”, erklärt Michael Spitzbarth vom Netzwerk deutscher Mode- und Textil-Designer (VDMD) in Würzburg.

Das schweißtreibende Rauf und Runter verlangt nicht nur dem Sportler viel ab, sondern auch der Ausrüstung. Auf dem steilen Weg nach oben muss sie so wenig wie möglich wiegen. Hersteller unterbieten sich mit immer leichteren Jacken, Hosen, Helmen und Rücksäcken. Hier zählt jedes Gramm.

Das Credo der Ski-Kletterer hat längst auf den Mainstream abgefärbt. „Schon seit Jahren gibt es eine Entwicklung weg von den ganz schweren, dicken Stoffen”, erläutert Sabine von Eyb, Einkäuferin bei Sportcheck in München. Im Trend liegen Jacken, die trotz ihres geringen Gewichts nichts an Funktionalität einbüßen. Sie sollen vor frostigen Temperaturen schützen, gleichzeitig jedoch atmungsaktiv sein und möglichst viel Bewegungsfreiheit bieten.

„Die Entwicklung der Stoffqualitäten macht es möglich, dass ich auf der einen Seite warm genug angezogen bin, und auf der anderen Seite keine ganz weite, schwere Jacken tragen muss”, sagt von Eyb. Dabei entwickeln die Hersteller immer wieder neue Materialien und kombinieren sie miteinander, um die Jacken perfekt auf die Bedürfnisse im Schnee abzustimmen. Ganz gezielt werden kühlende und trocknende Materialien dort am Oberkörper eingearbeitet, wo viel Wärme entsteht. Wo man schneller auskühlt, kommen wärmende Stoffe zum Einsatz.

„Wenn ich aktiv bin, soll die Kleidung den Klimaaustusch und den Feuchtigkeitstransport übernehmen”, erklärt von Eyb. Gerade bei sportlichen Abfahrten sei es wichtig, dass das Körperklima sich ausgleichen kann und sich Wärme und Feuchtigkeit nicht im Inneren der Jacke stauen.

Vor allem dehnbare Materialien sorgen in den neuen Jacken für viel Bewegungsfreiheit. So findet man an Gelenken häufig Stretcheinsätze, die die Jacken flexibel machen. Aber auch bei den Schnittformen bieten sich den Designern neue Möglichkeiten. „Man kann auf jeden Fall sagen, dass die Schnitte schmaler und figurbetonter werden”, sagt von Eyb. „Das liegt sicher daran, dass die elastischen Qualitäten in der Skimode inzwischen Standard sind”.

Ähnlich sieht das Matthieu Häuslein, Gründer von Development Never Stops aus Wadenswill bei Zürich. Der gelernte Schneider entwickelt Prototypen für große Skibekleidungshersteller wie Head, Adidas und The North Face. „Heute hat man Stretch oder Strechtteile nicht nur bei der Oberfläche, sondern auch im Futter”, erläutert er. „So bekommt man einen unheimlich guten Tragekomfort.” Gerade der Trend bei den Hosen gehe dadurch in eine figurbetonte und modische Richtung.

„Die Annäherung von Mode und Ski ist ganz deutlich sichtbar”, sagt Häuslein. Das zeige sich nicht nur bei den Schnitten. Auch die Oberflächen orientierten sich deutlich an klassischen Stoffen der Straßenmode. „Das wird sicher eine der größten Trends des Winters. Man kommt von sehr flachen Stoffen zu mehr strukturierten Oberflächen”, so der Skimodenexperte.

Gerade bei der Bekleidung für Snowboarder finden sich besonders viele Einflüsse aus der Straßenmode. „Es geht darum, dass das Kleidungsstück zwar Funktion hat, man ihm diese Funktion aber nicht ansieht”, sagt Michael Spitzbarth. „Du kannst die Jacke genauso gut in die Arbeit anziehen, ohne dass es auffällt.” In vielen Kollektionen entdeckt man etwa klassische Parka-Schnitte, wie man sie sonst nur in den städtischen Schaufenstern der Modelables findet.

Für den Trend, Pistenfunktionalität mit Großstadt-Schick zu mischen, steht etwa auch Urbanus Jeans aus Südkorea. Auf der Skimesse ISPO in München präsentierte das Label dieses Jahr eine Kollektion mit Jeans, die sowohl auf der Piste als auch im Alltag eine gute Figur macht. Dabei verzichtet der Hersteller komplett auf synthetische Fasern und verwendet ausschließlich natürliche Baumwolle, die dank eines speziellen Herstellungsverfahren besonders widerstandsfähig sein soll.

Was Piste und Straße schon in den vergangenen Jahre verband, war die Freude an kräftigen Farben: Egal, ob in großen Flächen als Colourblock oder als Detail in Form von farbigen Nähten oder Reißverschlüssen, Farbe war überall am Skihasen und Stadtaffen zu sehen - und ist es in vielen Kollektionen noch immer. Mammut kombiniert etwa gelbe Hosen zur giftgrünen Jacke sowie Rot zu Schwarz. The North Face lässt eine lila Hose zur orangenen Jacke trage und Haglöfs Gelb zu Rosa.

Doch schon im vergangenen Winter deutete sich eine Tendenz zu gedeckteren Tönen an, die sich nun weiter fortsetzt. „Ich denke, die Farbigkeit hat den Zenit überschritten”, sagt Matthieu Häuslein. „Farbig bleibt es zwar noch, aber mit mehr gebrochenen Tönen.” Das zeigt etwa Columbia: Eine dunkle Jacke hat hier nur rote Reißverschlüsse.

Am Beispiel der Ski-Touren-Geher, die lieber den Fußweg zum Gipfel nehmen anstatt die Gondel, zeigt sich auch ein grundlegender Wandel, der nichts mit Farben und Schnitten zu tun hat: „Die größte Veränderung findet im Bereich der Ökologie statt”, sagt Michael Spitzbarth. Wie ein Kleidungsstück hergestellt wurde, spiele für den Käufer eine immer wichtigere Rolle. Darauf reagieren inzwischen fast alle Hersteller.

Bei den Funktionsmembranen setzen sich beispielsweise umweltverträgliche Varianten durch, wie sie etwa die Firma Sympatex herstellt. Die Membran ist recycelbar und gilt auch als hautfreundlich. Ein Trend, der sich in Zukunft noch verstärken wird, glaubt Häuslein. „Firmen, die das verpassen in nächsten Jahren, werden es schwer haben.”

Wer Wert auf eine umweltfreundliche Jacke legt, der sollte lieber gezielt eine hochwertiges Modell in Betracht ziehen, anstatt jeden Winter dem neuesten Modetrend nachzujagen, rät Michael Spitzbarth vom Netzwerk deutscher Mode- und Textil-Designer. „Besser man kauft eine Jacke, die nicht übertrieben modisch ist, und kann diese dann auch mal drei bis vier Saisons tragen.” Orientierungshilfe beim Kauf bieten Umweltlabels.

(dpa)