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Berlin: Die sind doch von gestern: Sneaker-Klassiker erleben Comeback

Berlin : Die sind doch von gestern: Sneaker-Klassiker erleben Comeback

Regelmäßig klingelt im Berliner Voo Store das Telefon. Am anderen Ende der Leitung bieten dann Turnschuhliebhaber Höchstpreise für limitierte Sneaker-Auflagen. „Doch so etwas gibt es bei uns nicht”, sagt Herbert Hofmann, Einkäufer und Creative Director des Modeladens. „Den Schuh bekommen diejenigen, die am Verkaufstag die schnellsten sind.”

Und so kommt es nicht selten vor, dass die Sneaker-Fans vor dem Laden übernachten, um am nächsten Morgen die Ersten zu sein und das begehrte Modell zu ergattern. Turnschuhe haben in den vergangenen Jahren einen Hype erlebt, der seinesgleichen sucht. Dabei sind die gefeierten Modelle keine neuen Erfindungen der Trendmarken. Ganz im Gegenteil: Schuhlabels legen ihre alten Klassiker in frischen Farben wieder neu auf.

Besonders beliebt sind dieser Tage Laufschuhe aus den 80er und 90er Jahren. Dazu zählt zum Beispiel der „New Balance 420”. „Mit seiner dünnen Sohle wird er auch bei den Mädchen besonders gut angenommen”, sagt Pascal Prehn, Chefredakteur des Fachmagazins „Sneaker Freaker”. Der Schuh zeichnet sich durch seine Leichtigkeit aus und ist in vielen Farben zu haben - von schlichten Tönen bis hin zu auffälligen Neonvariationen.

Auch der „Air Max 1” von Nike erlebt eine Renaissance. „Der Running-Schuh wurde im Jahr 1987 erfunden und war der erste mit einem sichtbaren Air-Fenster an der Ferse”, erklärt Prehn. Die Dämpfung wurde also beim Laufen nicht mehr nur gespürt, sie war auch deutlich zu sehen. Zusätzlich sorgt sie für Tragekomfort und Aufprallschutz. „Die Sportlichkeit wird bei diesen Modellen unterstrichen”, beschreibt der Schuhexperte. „Gleichzeitig wirken sie aber nicht plump, sondern machen einen schlanken Fuß.”

Ebenfalls aus den Läden nicht mehr wegzudenken: der Tennisschuh. Allen voran erlebt das Modell „Stan Smith” von Adidas einen Hype wie kaum ein anderer Schuh. Er wurde vor über 40 Jahren entwickelt und ist nach dem US-Tennisspieler Stan Smith benannt. Der schlichte, flache Sneaker wird häufig in Weiß getragen und hat dann nur an Ferse und Lasche kleine Farbtupfer. Anders als bei anderen Adidas-Modellen sind auf diesem Modell nicht die berühmten drei Streifen - das Logo der Marke - auf die Seite genäht. Stattdessen sind diese in Form dreireihiger kleiner Löcher ins Material eingestanzt.

Auch Hofmann vom Voo Store konnte sich dem Hype nicht entziehen: „Ich hab mich total verliebt”, schwärmt er. Dabei schätzt der Einkäufer besonders die Vielfältigkeit von Modellen wie dem „Stan Smith”. „Ob zum schicken Hemd oder sportlichen Look - der passt einfach zu allem”, sagt Hofmann.

Sneaker von Superga stehen für Claudia Schulz vom Deutschen Schuhinstitut in Offenbach für einen weiteren Trend: „Dadurch, dass er so leicht ist, ist er besonders bei Frauen sehr beliebt”, sagt die Schuhexpertin. Das Modell „2750” der italienischen Marke ist mit seiner Gummisohle ein Klassiker. Im Sommer passe er hervorragend zu verkürzten Hosen oder auch zum Kleid. Zwar gibt es den Superga in den verschiedensten Farben, für Schulz ist er jedoch in Weiß ein Trendmodell.

Die Expertin betont allerdings: „Die Zeit des Shabby-Looks ist vorbei. Egal, was für ein Sneaker, zerlatschte Treter gehen gar nicht.” Dazu passt auch, dass immer mehr High-Fashion-Designer den Sneaker-Hype für sich entdecken. Beste Beispiele: Luxusmarken wie Chanel und Dior lassen die Models mit Turnschuhen über den Laufsteg stolzieren. Inspiriert von der Techno-Szene der 90er Jahre hat Raf Simons, Designer und Kreativdirektor bei Dior, für Adidas einen Turnschuh entworfen. Der „Adidas” by Raf Simons ist quietschbunt und wirkt fast futuristisch.

„Wer dachte, mit dem Hype ist es so langsam mal wieder vorbei, hat sich geirrt”, erklärt Hofmann. Mit den Designer-Modellen habe der Trend einen neuen Höhepunkt erreicht.

Der Ladenbesitzer erzählt von einer Frau, die sich für einen Freund vor dem Geschäft in die Schlange der Sneaker-Fans eingereiht hat, um für ihn ein limitiertes Modell zu besorgen. „Als sie an der Reihe war, gab es den Schuh nicht mehr in der richtigen Männergröße”, berichtet Hofmann. „Weil er ihr aber auch so gut gefiel, hat sie ihn dann einfach in ihrer Größe für sich gekauft.” Im Gegensatz zu vielen anderen zieht sie den limitierten Schuh tatsächlich auf der Straße an, und sie berichtete Hofmann neulich: Ständig werde sie nun von wildfremden Leuten angesprochen, viele wollen ein Foto von dem begehrten Schuh machen.

„Zwar boomt der Turnschuh gerade besonders stark, tot wird er aber niemals sein”, prophezeit Schulz vom Schuhinstitut. Die Trendexpertin vergleicht den Sneaker mit der Jeans - zeitlos, praktisch, kombinierbar. „Er ist ein Allrounder für alle Alters- und Zielgruppen.” Dem Träger verleihe er eine sportlich dynamische Note. Prehn findet, dass man für den Turnschuh selten zu alt ist. „Es gibt keinen Grund, mit 70 Jahren keinen Sneaker zu tragen”, sagt der Chefredakteur der Fachzeitschrift. „Solange man sich wohlfühlt, ist das doch völlig okay.”

Allerdings gibt es für den Experten auch absolute Fauxpas. So wie im Prinzip auch bei allen anderen Modefragen seien Fakes, also nachgemachte Markenschuhe, ein No-Go. Dazu zählen auch Sneaker im Stil von High Heels. Diese Schuhe sehen aus wie ein Turnschuh, haben aber gleichzeitig einen sehr hohen Absatz. „Das hat dann auch nichts mehr mit der Idee des Turnschuhs zu tun - komfortabel, sportlich und bequem”, findet Prehn. Auch Hofmann hat beobachtet, dass reine Frauenmodelle nicht funktionieren. Er rät: „Frauen können ruhig zu den Männermodellen greifen. Und das tun sie derzeit auch.”

Der Sneaker ist praktisch - und deshalb ist er eben auch so beliebt. „Ich kann damit zum Sport gehen und anschließend direkt in die Bar”, sagt der Schuhexperte. Auch in die Clubs komme man mittlerweile mit dem ehemals verpönten Turnschuh. „Sneaker sind eben einfach salonfähig geworden.”

(dpa)