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Hamburg: Schwangerschaft im Seniorenalter ein „ethisch nicht vertretbar”

Hamburg : Schwangerschaft im Seniorenalter ein „ethisch nicht vertretbar”

Das späte Mutterglück einer 64- Jährigen in Aschaffenburg hat die Diskussion über die in Deutschland verbotene Eizellenspende neu entfacht. Politiker und Wissenschaftler kritisierten zwar, dass das neugeborene Mädchen mit betagten Eltern aufwachsen müsste.

Zugleich sprachen sich die Experten aber dafür aus, in bestimmten Fällen die Eizellenspende zu erlauben.

In Aschaffenburg waren vor wenigen Tagen eine 64-jährige Frau und ihr gleichaltriger Mann erstmals Eltern geworden. Die Frau hatte sich im Ausland eine mit dem Samen ihres Mannes befruchtete Eizelle einer etwa 25 Jahre alten Spenderin in die Gebärmutter einsetzen lassen. Die 64-Jährige hatte zuvor mehrere Fehlgeburten erlitten.

Der Bonner Reproduktionsmediziner Hans van der Ven hält eine Schwangerschaft von Frauen über 50 Jahren zwar für unsinnig. Er plädierte am Dienstag aber dafür, über eine Änderung des deutschen Embryonenschutzgesetzes nachzudenken. Gerade mit Blick auf die in Deutschland unter bestimmten Kriterien erlaubte Spermaspende sieht der Mediziner einen Widerspruch. „Die Eizellenspende ist medizinisch zwar komplexer, aber eigentlich ist das eine vergleichbare Situation wie die Spermaspende”, sagte van der Ven in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Würzburg.

Wie van der Ven sprach sich auch der Vorsitzende des Bundesverbandes der Reproduktionsmedizinischen Zentren in Deutschland, Ulrich Hilland, für ein Aufweichen des Verbotes aus. In medizinisch klaren Fällen müsse dies möglich werden. „Wir würden aber die Altersgrenze hier bei 45 Jahren sehen und nicht jenseits der 50. Alles andere ist aus ethischer Sicht nicht vertretbar”, sagte Hilland im rbb-Inforadio.

Die Direktorin des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universität Göttingen, Claudia Wiesemann, befürwortete ebenfalls die Eizellenspende. Sollte wie bei der Aschaffenburgerin eindeutig kein Fall von Leihmutterschaft vorliegen, sollte die Spende erlaubt werden, sagte Wiesemann im WDR 5. Bei dem Paar aus Aschaffenburg sei jedoch die Grenze überschritten.

Neben der Debatte über eine Gesetzesänderung gab es viel Kritik an Elternschaft in hohem Alter. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann sagte der dpa: „Es gibt ethische Grenzen für das, was technisch machbar ist.” Das Kinderkriegen unterliege immer mehr einem Machbarkeitswahn.

Auch vom Deutschen Kinderschutzbund aus Hannover hieß es, beim Wunsch nach einem Kind sollten Paare nicht alles machen, was medizinisch möglich ist. „Ab einem Alter von 40 Jahren ist es für Frau und Kind eine Risikoschwangerschaft. Wir müssen schon nachfragen, wann es wirklich sinnvoll ist, der Natur ins Handwerk zu pfuschen”, sagte Geschäftsführerin Paula Honkanen-Schoberth der dpa. Sie appellierte an das Elternpaar aus Aschaffenburg, sich professionelle Hilfe für das Erziehen ihrer Tochter zu holen. „Es wäre zu wünschen, wenn sie sich ein unterstützendes Netzwerk von Verwandten und Freunden für das Kind schon jetzt aufbauen.”

Kritik an der späten Schwangerschaft der 64-Jährigen kam auch von der bayerischen Familienministerin Christa Stewens (CSU). Es sei für Kinder schwierig, mit ganz alten Eltern aufzuwachsen, sagte Stewens am Montag dem Hörfunksender Antenne Bayern. Vor diesem Hintergrund sei ein Verbot von Eizellenspenden in Deutschland richtig.

Der Transplantationsmediziner Eckhard Nagel vom Nationalen Ethikrat sagte der „Augsburger Allgemeinen” (Dienstag), die Eizellenspende sollte nur in Ausnahmen genehmigt werden: „Ich bin klar gegen die Möglichkeit, Eizellen weiterzugeben, es sei denn, es gibt eine sehr enge persönliche Beziehung und einen nachvollziehbaren Leidensdruck.”

In der Aschaffenburger Frauenklinik, in der das kleine Mädchen der älteren Eheleute am vergangenen Donnerstag zur Welt gekommen war, wollte sich auch am Dienstag niemand zu der Geburt äußern. Unklar ist, wann Mutter und Tochter in dieser Woche nach Hause können. Die Klinik schottet die Familie ab.