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Pflege zu Hause: Das sollten Angehörige wissen

Pflege zu Hause : Das sollten Angehörige wissen

Wenn der Körper nach einer Erkrankung, einem Unfall oder einfach aufgrund des vorangeschrittenen Alters nicht mehr will, brauchen Menschen häufig Pflege. Art und Umfang sind abhängig vom eigenen Befinden, den finanziellen Gegebenheiten und anderen Faktoren.

In vielen Fällen sind Pflegebedürftige in Deutschland zu Hause untergebracht und werden von Angehörigen, wie Familie, Freunden und/oder Pflegediensten betreut. Vor allem für Familie und Freunde kann die Pflege jedoch für eine sehr große Belastung werden, denn oft vernachlässigen sie ihre eigenen Bedürfnisse. Wie eine gute Betreuung dennoch möglich ist, ohne sich selbst aus den Augen zu verlieren, haben wir an dieser Stelle zusammengefasst.

Die große Frage: Pflege im Heim oder zu Hause?

Wenn der Körper oder der Geist zunehmend nachlassen, wird die Pflege im eigenen Zuhause immer anspruchsvoller. Es gibt den Moment, wo die Angehörigen überlegen müssen, ob sie die Pflege in den eigenen vier Wänden noch leisten können oder ob es für alle Beteiligten sinnvoll ist, wenn der pflegebedürftige Mensch in einem Heim lebt. Viele Menschen haben bei dieser Entscheidung große Gewissensbisse und fühlen sich schlecht, wenn sie mit der Pflege überfordert sind. Umso wichtiger sind an dieser Stelle professionelle Beratungsangebote und das Gespräch mit Ärzten, um aufgeklärt eine gute Entscheidung zu treffen. Gerade wenn der pflegebedürftige Mensch die Konsequenzen der Entscheidung vielleicht aufgrund einer Erkrankung wie Demenz nicht mehr verstehen kann und ein Dialog mit diesem nicht mehr möglich ist, entlastet das Gespräch mit Menschen vom Fach.

Aufwand wird häufig von Angehörigen unterschätzt

Pflege zu Hause: Das sollten Angehörige wissen
Foto: pixabay.com/Sabine van Erp (CCO Creative Commons)

Die Pflege eines Angehörigen ist eine Langzeitaufgabe und wird von vielen zunächst unterschätzt. Je nach Grad der Pflegebedürftigkeit ist es vergleichbar mit dem permanenten Zeitaufwand durch ein Kleinkind. Ein pflegender Angehöriger muss permanent erreichbar sein, sich um Medikamente und weiteres kümmern und die besonderen Bedürfnisse berücksichtigen. Neben einer eigenen Berufstätigkeit und den Anforderungen des eigenen Privatlebens ist das eine große Mehrbelastung. Auch der psychische Druck und die permanente Sorge machen das Leben für die Angehörigen schwer.

Der sogenannte Mental Load wirkt bei der Pflege eines geliebten Menschen schwer und kann dazu führen, dass die pflegende Person sich selbst und die eigenen Bedürfnisse vernachlässigt. Ob es um das Wahrnehmen von Arztbesuchen geht, das Einreichen von Rechnungen, das Beantragen von Pflegestufen, notwendige Umbaumaßnahmen für ein seniorengerechtes Leben in den eigenen Vier-Wänden, den täglichen Einkauf, das Putzen im Haus, Kochen, Wäsche waschen oder auch das schlichte Nachfragen nach dem Befinden - Pflege kostet in vielen Bereichen Energie. Häufig übernehmen Menschen die Pflege von Angehörigen, wenn sie vom eigenen Leben auch stark gefordert sind. Die eigenen Kinder sind häufig in der Pubertät und die eigene Karriere kann jetzt noch einmal angetrieben werden. Das allein ist bereits ein großer Spagat, der viel Kraft kostet. Wird nun ein Angehöriger pflegebedürftig, kostet das viel weitere Kraft.

Auf sich selbst hören

Es ist wichtig, auch auf sich selbst zu achten. Bei der Pflege eines Angehörigen ist es drastisch gesagt wie beim Absturz eines Flugzeugs: Wer sich nicht um sich kümmert, kann sich nicht um andere kümmern.

Sich selbst Auszeiten zu gönnen und eigene Kraftquellen zu finden, ist sehr wichtig für alle Menschen, die sich um ihre Angehörigen kümmern. Das können Spaziergänge sein oder sportliche Aktivitäten, der Besuch von Freunden oder das Lesen eines Buchs - wichtig ist, dass auch noch die eigene Person mit ihren Bedürfnissen stattfindet und nicht die Rolle des Kümmernden eingenommen wird.

Erholung gönnen: Kurzzeitpflege kann helfen

Ob es der Urlaub als kleine Familie ist oder die Reise allein für sich - diese Auszeiten schenken viel neue Kraft für die Herausforderungen des Alltags mit einem pflegebedürftigen Angehörigen. An dieser Stelle ist die Kurzzeitpflege eine sinnvolle Ergänzung für alle Menschen ab der Pflegestufe 2. Der pflegebedürftige Mensch wird für einen begrenzten Zeitraum stationär aufgenommen und in dieser Zeit professionell versorgt. Das bietet den Angehörigen die Gelegenheit zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken. Denn die Pflege eines Menschen nimmt viel Raum im Leben ein. Regelmäßige Auszeiten helfen als Familie neu zueinander zu finden und auch als Alleinstehender wieder zu sich zu finden.

Aufgaben verteilen und auslagern

Generell ist es hilfreich, sich mit der Pflegebedürftigkeit eine Liste über die anfallenden Aufgaben zu machen und diese zu verteilen. Die Pflege eines Menschen sollte im Alltag stets auf mehreren Schultern verteilt werden und nicht ausschließlich bei einer Person liegen. Wenn es keine weiteren Angehörigen gibt, ist es sinnvoll, sich zu überlegen, ob ein Pflegedienst medizinische Aufgaben übernimmt und hierdurch entlastet.

Zudem kann es für das Verhältnis zwischen dem pflegenden Angehörigen und seinem Familienangehörigen hilfreich sein, wenn manche Aufgaben nicht von ihm erledigt werden. Ob es das Waschen oder Anziehen der Stützstrümpfe ist - für manche älteren Menschen ist es leichter, wenn diese intimen Tätigkeiten nicht von dem eigenen Kind oder anderweitig Verwandten übernommen werden. Hier ist es gut, sich gemeinsam über die Grenzen des Verhältnisses zu unterhalten.

Bei der Liste sollte an alle anfallenden Aufgaben gedacht werden. Ein erfahrener Arzt oder Pflegedienst kann hierbei helfen. Um die Last für jeden einzelnen im Alltag geringer zu halten, ist dieses Verteilen sinnvoll. Wenn einige Angehörige weit entfernt wohnen, können diese doch beispielsweise durch regelmäßige Anrufe oder Karten ihr Interesse zeigen. Denn für viele Menschen verändert sich mit der eigenen Pflegebedürftigkeit das eigene Sozialleben entscheidend. Gerade dieser Punkt lässt sich bei einem zuvor ausgeprägten Sozialleben nicht von einer einzigen Person kompensieren.

Betreuung für pflegende Angehörige

Zusätzlich kann der Austausch mit anderen Menschen, die Angehörige pflegen helfen. Menschen ohne diese Erfahrung können die Belastung oftmals nicht vollständig nachvollziehen. Auch Kuren für Pflegende sind eine Möglichkeit, die eigene Energie wieder aufzubauen und weitermachen zu können. Gerade die Auszeiten von der Belastung geben Kraft, um diesen Marathon zu bewältigen.

Wichtige Anlaufstellen

Die meisten Menschen werden in ihrem Leben von der Pflegebedürftigkeit eines ihnen nahestehenden Menschen betroffen sein. Sinnvoll ist es, sich bereits vorab über die unterschiedlichen Möglichkeiten und den Umgang mit dem Älterwerden zu unterhalten. Senioren möchten selbstbestimmt und würdevoll altern. Ein ehrlicher Dialog über Lebensqualität und ein Notfallordner helfen im Akutfall. Beratende Stellen wie beispielsweise bei Einrichtungen wie der Caritas, Pflegedienste oder der langjährige Hausarzt helfen, diese Herausforderung menschlich zu meistern.

(vo)