Köln/Berlin : Jawort ist nicht gleich Jawort: Wann kommt die echte Homo-Ehe?
Köln/Berlin Der 28. Juni 2012 hätte in die Geschichte eingehen können - als der Tag, an dem der Deutsche Bundestag eine komplette Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare beschloss.
Das tat er aber nicht - und das obwohl eine Mehrheit der Abgeordneten eigentlich dafür ist, Lesben und Schwule richtig heiraten zu lassen.
Am 8. Juli will Kölns alljährlicher Christopher Street Day - eine der größten schwullesbischen Demonstrationen Europas - erneut für dieses Thema Krach schlagen. Das Motto lautet: „Ja, ich will - Die eingetragene Lebenspartnerschaft vollständig gleichstellen!”
Viele Deutsche wundern sich manchmal, welchen Konfliktstoff die Frage nach der Homo-Ehe noch auslösen kann. Seit Jahren tobt etwa in den USA ein erbitterter Streit, wie gleichgestellt Schwule und Lesben vor dem Standesbeamten sein sollten. Konservative Gruppen und fundamentalistische Kirchen laufen Sturm gegen die Homo-Ehe.
Auf der Gegenseite steht seit 9. Mai auch öffentlich Barack Obama. Viele Beobachter finden das mutig. Mancher meint gar, der US-Präsident könnte mit diesem Standpunkt seine Wiederwahl gefährden.
Doch auch in Europa birgt das Thema gesellschaftliche Brisanz. Nur Belgien, Island, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien und Schweden haben die Ehe komplett geöffnet. In Frankreich hat der neue Präsident François Hollande versprochen, dies ebenfalls bald zu tun. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scheint das Thema dagegen nicht auf ihrer Agenda zu haben.
Deutschland steckt also irgendwo in der Mitte fest, wie Befürworter sagen würden. Gegner einer richtigen Ehe-Öffnung meinen jedoch wohl eher, dass die Bundesrepublik bereits zu weit gegangen ist. Seit 1. August 2001 können sich Frauen- und Männerpaare in Deutschland verpartnern lassen. Zu den prominentesten Paaren gehören Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und sein Mann Michael Mronz.
Doch das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft verweigert die komplette rechtliche Gleichstellung: Lesben und Schwule dürfen zum Beispiel nicht gemeinsam Kinder adoptieren und sind auch steuerlich schlechter gestellt.
Das Gesetz über die Lebenspartnerschaften wurde damals von Rot-Grün in zwei Teile gespalten - nur der Teil ohne Zustimmungspflicht im unionsdominierten Bundesrat kam durch. Zwar hatten SPD und Grüne bis April 1999 noch selber eine Mehrheit im Bundesrat, doch das Gesetz bis dahin nicht fertig.
Gut elf Jahre nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes stimmte der Bundestag jetzt Ende Juni auf Antrag der Grünen erstmals namentlich über eine Öffnung der Ehe ab. Von 620 Abgeordneten gaben 581 ihre Stimme ab: 260 sagten Ja, 309 Nein und 12 enthielten sich.
Grob gesagt stimmten SPD, Grüne und Linke dafür und CDU/CSU sowie die FDP dagegen. Wobei es sowohl in der FDP als auch bei der Union Abweichler gab, die sich enthielten, darunter zum Beispiel der selbst offen schwule Abgeordnete Michael Kauch (FDP).
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte, es wäre eine „Schande”, wenn der Bundestag keine Mehrheit zustandebrächte, schließlich gebe es ja bei seiner Partei sowie der SPD, der Linken und der FDP entsprechende Parteitagsbeschlüsse. Der Gesetzgeber dürfe nicht immer darauf warten, bis das Bundesverfassungsgericht ihn zu Gleichstellungsschritten verurteile.
Der Politik-Laie fragt sich also, warum die FDP offenbar aus Koalitionsräson gegenüber der Union ihre eigenen Überzeugungen über Bord warf. Es ist bekannt, dass sich viele CDU- und CSU-Politiker mit dem Thema schwertun und dabei oft religiöse Argumente vorbringen.
Doch der FDP-Abgeordnete Kauch erklärte das FDP-Nein anders: Der Antrag der Grünen sei „schlampig formuliert” gewesen. „Leider”.