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Dortmund: Hilfe innerhalb von Minuten: Ein Hausnotruf kann Leben retten

Dortmund : Hilfe innerhalb von Minuten: Ein Hausnotruf kann Leben retten

Er ist in Deutschland nicht besonders beliebt, dabei kann er Leben retten: der Hausnotruf. Bisher hafte ihm das Image an, für das Ende der Selbstständigkeit zu stehen, erklärt der Soziologe Clemens Adam, emeritierter Professor der Universität Dortmund. „Viele Ältere sagen: „Den hole ich mir, wenn ich nicht mehr alleine zurechtkomme.” Dabei hilft der Notruf, die Eigenständigkeit zu wahren. Er lohnt sich nicht nur für Pflegebedürftige, sondern auch für chronisch Kranke oder Alte, die viel Zeit alleine verbringen.

Ein Hausnotruf besteht üblicherweise aus einem Funksender und einem Basisgerät mit einer Freisprecheinrichtung, das an die Telefonbuchse angeschlossen wird. Den Sender trägt der Nutzer am Körper - entweder als Armband, mit einer Kordel um den Hals oder als Brosche. Gerät der Nutzer in eine Notsituation oder eine missliche Lage, muss er nur den Notrufknopf auf dem Funksender drücken, um die Notrufzentrale zu alarmieren.

Die Mitarbeiter der Zentrale bekommen mit dem Alarm automatisch alle Daten des Nutzers angezeigt: den Wohnort, Informationen über vorliegende Krankheiten und Nummern von Ansprechpersonen. Die Zentrale versucht als Erstes, über die Freisprechanlage mit dem Nutzer Kontakt aufzunehmen und die Situation zu klären. Kommt der Kunde zum Beispiel nicht mehr alleine aus dem Sessel hoch, benachrichtigt die Zentrale eine Vertrauensperson, die hilft. Das kann ein Nachbar sein, ein Angehöriger oder der Mitarbeiter eines Pflegedienstes.

„Sagt der Patient nichts, alarmiert die Notrufzentrale sofort den Rettungsdienst”, erklärt Katrin Andruschow von der Stiftung Warentest in Berlin. Das kann Leben retten, schließlich zählt bei einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt jede Minute.

Ein guter Dienst reagiere aber auch, wenn der Kunde fünfmal pro Woche den Notfallknopf drückt, um Kontakt zu haben, sagt Prof. Adam, der eine Broschüre über Hausnotrufe verfasst hat. Dann liegt zwar kein akuter Notfall vor. Der Kunde ist aber offensichtlich einsam. „Die Notrufzentrale sollte in so einem Fall die Angehörigen informieren.”

Diese Basisfunktion lässt sich durch zahlreiche Extras erweitern. Für Menschen, die zum Beispiel häufig ohnmächtig werden oder oft stürzen, kann eine sogenannte Tagestaste sinnvoll sein. Der Kunde vereinbart mit dem Anbieter, dass er sich einmal am Tag zu einer bestimmten Uhrzeit meldet. Bleibt der Knopfdruck aus, fragt die Zentrale von sich aus nach, ob alles in Ordnung ist.

Besonders gefährdete Menschen können außerdem überlegen, ob sie einen Schlüssel beim Hausnotrufanbieter hinterlegen. Im Notfall fährt ein Mitarbeiter beim Kunden vorbei und öffnet dem Rettungsdienst die Tür. Oft reicht es allerdings, wenn ein Nachbar oder ein Angehöriger einen Schlüssel bekommt.

Hausnotrufe werden von den großen Wohlfahrtsverbänden und privaten Unternehmen angeboten. „Die Wohlfahrtsverbände bieten in der Regel eine Vor-Ort-Beratung an”, sagt Andruschow. Bei diesem Hausbesuch werde häufig auch der Vertrag unterschrieben. „Der Vorteil ist, dass man in Ruhe Fragen stellen kann, und die Geräte installiert werden. Möglicherweise entsteht aber eine Drucksituation, den Vertrag zu unterzeichnen.” Verpflichtet ist der Kunde dazu aber nicht. Er kann sich Bedenkzeit erbeten und erst andere Angebote prüfen.

Private Firmen beraten häufig am Telefon und schicken die Geräte zu. Der Kunde muss sie selbst installieren. Welcher Weg gewählt wird, ist letztlich Geschmacksache.

Wichtig ist ein Funktionstest. Der Installateur sollte prüfen, ob von jedem Wohnraum, vom Keller und vom Briefkasten aus Funkkontakt zum Basisgerät besteht, rät Andruschow. Auch die Sprechverbindung zur Notrufzentrale sollte kontrolliert werden. Installiert der Kunde das Gerät selbst, vereinbart er am besten mit dem Anbieter, dass er aus verschiedenen Räumen Probealarm auslöst.

Die Stiftung Warentest hat im September 2011 zwölf Hausnotruf-Anbieter geprüft. Drei bekamen das Urteil „gut”, vier weitere immerhin ein „befriedigend”. Die Tester kritisierten in Einzelfällen lange Wartezeiten, bis der Notruf angenommen wurde sowie das Fehlen umfassender Funktionstests im Vorfeld.

Damit im Notfall die richtigen Schritte eingeleitet werden, sollten die Mitarbeiter der Notrufzentrale geschult sein. „Fragen Sie beim Anbieter nach, wer in der Notrufzentrale arbeitet”, rät Heike Nordmann, Pflegeexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Gut ist, wenn immer mindestens ein ausgebildeter Rettungssanitäter Dienst hat.

Gute Verträge haben keine Mindestlaufzeit und können mit einer Frist von höchstens zwei Wochen gekündigt werden, erläutert die Stiftung Warentest. „Wer nicht zufrieden ist, kann sich so schnell einen anderen Anbieter suchen”, sagt Andruschow.

(dpa)