Ratingen : Gewaltfreie Erziehung: In Extremsituationen eine Auszeit nehmen
Ratingen Viele Eltern lehnen Gewalt als Erziehungsmethode ab. Trotzdem passiert es ihnen, dass sie bei Konflikten mit ihren Kindern aggressiv werden und den Drang verspüren zuzuschlagen.
„Um solche Eskalationen zu verhindern, sollten Eltern sich eine Strategie überlegen, mit der sie in kritischen Situationen souverän reagieren können”, sagt Annette Kast-Zahn, Diplompsychologin aus dem nordrhein-westfälischen Ratingen.
Wichtig sei es zu reagieren, solange die Situation noch nicht stark emotional aufgeladen ist. „Wenn man erst einmal die Kontrolle verloren hat, kann man mit einem Kind nicht mehr angemessen umgehen”, sagt die Autorin des Ratgebers „Jedes Kind kann Regeln lernen”. In der Anfangsphase habe man hingegen noch die Möglichkeit, eine Eskalation auszubremsen.
Oft sei eine Anweisung, die das Kind nicht befolgt, der Auslöser für den Konflikt. „Dieser Widerstand macht Eltern oft hilflos. Und aus dieser Hilflosigkeit kann Gewalt entstehen”, sagt Kast-Zahn. Deshalb sei es wichtig, sich von vornherein auf eventuellen Widerstand vorzubereiten, um im Ernstfall nicht aus dem Gefühl der Ohnmacht heraus zu reagieren.
Wenn bei völlig unangemessenem Verhalten des Kindes Reden nicht hilft und direkte logische Konsequenzen nicht verfügbar sind, empfiehlt die Psychologin, eine Auszeit durchzusetzen. Dabei schickt man das Kind in sein Zimmer, wo es auch für eine vorher festgelegte kurze Zeit, beispielsweise zwei bis drei Minuten, bleiben sollte. „Dadurch können sich beide Seiten erst einmal beruhigen.
Die geschlossene Tür zwischen Eltern und Kind schützt außerdem beide davor, sich körperlich anzugreifen.” Wichtig sei, dass man dem Kind deutlich mache, dass diese Auszeit keine Strafe ist: „Das Kind kann die Zeit dazu nutzen nachzudenken oder auch seine Aggression rauszulassen. Sobald es sich beruhigt hat, ist auch die Auszeit zu Ende und es bekommt eine neue Chance.”
Auch die Eltern selbst können in Extremsituationen eine Auszeit nehmen. Merkt man, dass man demnächst die Kontrolle über seine Wut verlieren könnte, sollte man sich lieber umdrehen und die Situation verlassen, statt auszurasten.
„Um zu verhindern, dass das Kind hinterherkommt, kann man sich an einen sicheren Ort zurückziehen und sich notfalls dort einschließen, bis man sich wieder im Griff hat”, sagt Kast-Zahn. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Kind alt genug ist, einige Minuten ohne Beaufsichtigung zu bleiben.