Limburger Sterne-Koch : First-Class-Reise im Brut 172
Reijmerstok Das Brut 172 ist wohl die Neueröffnung des Jahres – „brutales Design, brutal lecker, brutal gemütlich“. Eine Reise durch die Welt des Hans van Wolde.
In der Euregio kann durchaus schon nach wenigen Kilometern ein Urlaubsgefühl eintreten – einmal kurz durchatmen: frisch, frei, anders. Der Weg über die wunderschöne Mergelland-Route führt uns nach Reijmerstok, wo Hans van Wolde, ehemaliger Inhaber des Maastrichter Zwei-Sterne-Restaurants Beluga, begonnen hat, seine kulinarischen Visionen umzusetzen.
Nach fast 25 Jahren erfüllte ihn das Streben nach Sternen und Auszeichnungen nicht mehr, die Kreativität war kaum noch zu steigern – alles war „ausgekocht“. Er erwarb ein altes Landgut mit vier Hektar Land, das er von dem Maastrichter Designer Niels Maier zum Brut 172 umgestalten ließ.
Die Reise in die kulinarische Welt des limburgischen Starkochs beginnt mit Fingerfood: weiches Brot mit Baba Ganoush, gebacken in einem rustikalen Kaminofen – das weckt die Erinnerung an Stockbrot und Lagerfeuerambiente. Alles wirkt pur, ungezwungen und naturverbunden: die Gerüche, das Geräusch von knackendem Holz.
Zum Aperitif werden wir in den gemütlichen Innenhof geführt, wir genießen die schöne Atmosphäre mit einem Glas Champagner und einem nächsten sommerlichen Gruß: ein Holztablett mit einem Feldwiesenblumenstrauß und Wassermelone mit gerolltem Rettich, herrlich frisch und anregend. Hans van Wolde nimmt sich Zeit für seine Gäste und erkundigt sich, plaudert und erklärt das Konzept des Brut 172.
Dann werden wir zu unserem Essplatz geleitet: Ein großer Raum mit imposanter Deckenhöhe – inmitten eine gefaltete Stahltreppe, ein freischwebender Kamin sorgt für Gemütlichkeit. Der Weg führt an einer Vorbereitungsküche im Erdgeschoss vorbei, hier werden die Fonds und Saucen hergestellt und Gemüse und andere Lebensmittel fermentiert.
Eine Seitentreppe führt zum Obergeschoss, wo uns der nächste Gang erwartet: eine Quiche mit Ziegenkäse und kandierten Zwiebeln mit fermentierten Pilzen, einer Cocktailtomate und Essenz aus grünen Tomaten. Die Cocktailtomate wird zwei Stunden niedrig gegart und dann 24 Stunden in Essig eingelegt. So wird sie im Kern säuerlich und nach außen süßlich im Geschmack. Ein Traum, was hier aus einer kleinen Cocktailtomate gezaubert wird.

Der nächste Gang: Königskrabbe, Rasiermessermuschel, ausgelöstes Krabbenfleisch aus dem Bein, Langustine mit Kompott und Chutney von der Pflaume, Kaviar und Gel-Würfel aus Joghurt und Jus von der Sellerie. Eine wunderbare Kombination von hervorragender Qualität – frisch, fruchtig, man spielt mit Säure und Süße. Dazu trinken wir einen Roero Arneis, der italienische Weißwein ist eine ausgezeichnete Begleitung.
Ab 21 Uhr wird das Licht gedämmt und die Lautstärke der Musik angehoben. Der Weinpegel und die Stimmung steigen und es folgt der nächste Gang mit einer Seezunge und Karotten-Kürbis-Sauce, einer Gambero-Rosso (Rotgarnele) und Yuzu-Frucht, die eine säuerlich-frische Note bringt.
Der Hauptgang folgt mit einer Miéral-Ente – die unter Gourmets als Gralshüter des Bresse-Geflügels gilt und als „Bentley“ unter den Enten bezeichnet wird. Das festere und im Geschmack kräftigere Fleisch der weiblichen Ente kommt mit Entenlebermousse, Silberzwiebel und Gemüse. Nach den letzten Gängen, darunter eine Zabaione mit Champagner und eine wunderbare, ausgefallene Käseplatte werden wir über die imposante Stahltreppe wieder hinab in den großen Saal im Erdgeschoss geführt.
Hier wurden in der Zwischenzeit zwei Sessel aufgebaut mit Blick nach draußen, wo eine große Feuerschale die Dunkelheit gemütlich erleuchtet und uns die frische Abendluft umweht. Im kompletten Bauernhof brennen nun Kerzen und es herrscht eine unglaubliche Stimmung!
„Brut“ heißt auch „der Rohling“ und dieses Thema zieht sich durch den gesamten Abend. Das Ursprüngliche erfahren wir mit allen Sinnen: Geruch, Design und Optik, Geschmack und Gefühl. Hans van Wolde ließ uns ein kleines Stück teilhaben an seiner Reise, die gerade erst begonnen hat. Es ist eine First-Class-Reise – und die hat halt ihren Preis.
Küche: +++++
Service: +++++
Ambiente: +++++
Brut 172 | Reijmerstokkerdorpsstraat 143 | NL-6274 NK Reijmerstok