Ahlen : Konstruieren, schreinern, malern: Bootsbauer müssen Allrounder sein
Ahlen Seit seiner Kindheit ist Maximilian Dillmann fasziniert vom Wasser. Von Seen, Flüssen und vom Meer. Und von den Booten, die darauf unterwegs sind. Nach seinem Realschulabschluss fiel ihm die Berufswahl deswegen nicht schwer.
Der mittlerweile 17-jährige Gelsenkirchener begann seine Ausbildung zum Bootsbauer in einem kleinen Betrieb in Ahlen, einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen. Größere Gewässer sucht man dort vergeblich, doch das ist nicht ungewöhnlich. Neben den großen Werften an Nord- und Ostseeküste sowie am Bodensee gibt es auch im Landesinneren Werften, die keinen direkten Gewässerzugang haben.
Der Beruf ist im Prinzip eine Mischung aus vielen Teilbereichen anderer Berufe. „Bootsbauer arbeiten im Gegensatz zu Schiffsbauern, die meist auf Metall spezialisiert sind, überwiegend mit Holz und verschiedenen Kunststoffen”, sagt Gerhard Bicker. Er ist Obermeister der Boots- und Schiffsbauer-Innung Nordrhein-Westfalen. Gleichzeitig sei ein Bootsbauer Maler und Lackierer. Zum Berufsalltag gehört es, Boote und Yachten zu konstruieren, einzelne Bauteile herzustellen sowie Elektronik wie Pumpen und Radargeräte einzubauen. Auch der Umgang mit Harzen und Lackierungen ist wesentlicher Bestandteil.
Gerade der Umgang mit den verschiedenen Materialien mache den Beruf interessant, sagt Dillmann, der mittlerweile im zweiten Lehrjahr ist. „Dadurch wird die Arbeit vielseitig und eigentlich nie langweilig.” An der Berufsschule in Duisburg absolviert er den theoretischen Teil seiner Ausbildung. Dort stehen Kurse wie technisches Zeichnen auf dem Stundenplan. „Mathematik spielt dabei eine große Rolle”, sagt Dillmann. Außerdem geht es an der Schule darum, wie ein Boot aufgebaut ist, wie es aus dem Wasser gehoben oder fit für den Winter gemacht wird.
Etwa zehn Boote pro Jahr baut der kleine Ahlener Betrieb, in dem Dillmann lernt. „Mittlerweile sind die Wartung, der Umbau und die Reparatur von Booten mindestens genau so wichtig wie der Neubau”, erklärt Bicker. Kunden vertrauten heute darauf, alles rund ums Boot in einer Werft aus einer Hand erledigen zu lassen. „Das ist vergleichbar mit einer Autowerkstatt, in der Lackschäden ausgebessert und gelegentlich größere Bauteile ausgetauscht werden müssen.”
Wie bei jeder Ausbildung in einem Handwerksbetrieb schreibt der Gesetzgeber keinen bestimmten Schulabschluss als Zugangsvoraussetzung vor. Dem Bootsbauer steht frei, welchen Bewerber er auswählt. Es sei aber auffällig, dass besonders viele Auszubildende einen hohen Schulabschluss wie das Abitur oder das Fachabitur haben, erläutert Torben Padur vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn (BIBB). Von 159 Neuabschlüssen in 2014 hatten 78 junge Menschen die Hoch- oder Fachhochschulreife. Viele nutzen die Berufsausbildung als Sprungbrett zu einem späteren Schiffsbaustudium, sagt Bicker.
Beim Bootsbauer handele es sich eher um einen Nischenberuf, sagt Padur. 2014 gab es 459 Ausbildungsverhältnisse, die Tendenz sei steigend: „Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind derzeit gut”, sagt der Experte. Die meisten Arbeitsplätze sind an den Küsten. Ein Drittel aller Azubis arbeite in Schleswig-Holstein, etwa ein weiteres Drittel in Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen. Da es in der Branche keinen Tarifvertrag gibt, ist die Bezahlung sowohl während als auch nach der Ausbildung höchst unterschiedlich. Im ersten Lehrjahr schwankt der Lohn je nach Betrieb zwischen 420 und 830 Euro brutto pro Monat. Ein durchschnittliches Einstiegsgehalt nach abgeschlossener Ausbildung kann laut BIBB bei etwa 2200 Euro brutto im Monat, aber auch deutlich darunter liegen.
Die Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre, Auszubildende müssen sich zwischen zwei Fachrichtungen entscheiden. Neben dem klassischen Bootsbauer, der sich um den Neu-, Aus- und Umbau von Booten kümmert, existiert der Beruf des Bootstechnikers. Die Fachkräfte kümmern sich vor allem um die hydraulischen und mechanischen Systeme. Dabei sind die Inhalte in den ersten 24 Monaten in beiden Fachrichtungen identisch. Erst danach geht es in die fachspezifische Ausbildung. Bei der Lehre ist die Abschlussprüfung gestreckt. Neben der Hauptprüfung am Ende der Ausbildungszeit gibt es bereits nach 18 Monaten eine Zwischenprüfung, bei der die Azubis einzelne Arbeitsschritte planen und anschließend ein eigenes Bauteil herstellen müssen.
Für Maximilian Dillmann geht es nun allmählich auf sein drittes Ausbildungsjahr zu. Nach seiner Abschlussprüfung möchte er das Werkzeug für eine Zeit erst einmal ruhen lassen und sich ganz dem Wasser widmen. Zumindest ein Boot wird ihn dabei begleiten, auch wenn er nicht mehr in der Ahlener Werft ist: „Mein Traum ist eine Weltumsegelung”, sagt der Gelsenkirchener.