1. Leben
  2. Bildung und Beruf

Wuppertal: Drei Abschlüsse in fünf Jahren: Turbo-Ausbildung Triales Studium

Wuppertal : Drei Abschlüsse in fünf Jahren: Turbo-Ausbildung Triales Studium

Eine Friseurin mit Bachelorabschluss? Ein Student, der werktags in der Kfz-Werkstatt schraubt? Im Trialen Studium ist das Alltag. Neben einer Ausbildung in einem Handwerksberuf absolvieren Teilnehmer zeitgleich ein Bachelor-Studium und machen obendrauf noch ihren Meister.

„Ein typischer Ausbildungsberuf ist das nicht”, sagt Aygül Tolan vom Berufsinformationszentrum (BIZ) in Wuppertal. Das knapp fünfjährige Studium erfordert viel Disziplin, einen Großteil des Stoffes muss man sich im Selbststudium aneignen - und das neben der regulären Ausbildungszeit.

Bisher gibt es das Triale Studium nur für Handwerksberufe. Die Handwerkskammern erhoffen sich so mehr qualifizierten Nachwuchs. Welche Ausbildung infrage kommt, hängt von den jeweiligen Partnern ab. Grundsätzlich komme jede Firma in Betracht, erklärt Bettina Wolf-Moritz von der Handwerkskammer Köln. „Der Betrieb sollte allerdings um das Studium wissen und es auch unterstützen”. Welche Gewerke im Angebot sind, erfahren Schulabgänger bei der jeweiligen Hochschule oder den Handwerkskammern (HWK).

Statt drei Jahren sind die Gesellen im Trialen Studium nur zwei bis zweieinhalb Jahre in der Ausbildung. „Den Betrieben ist klar, dass sie von diesen Azubis nicht ganz so viel erwarten können”, sagt Peter Panzer von der Handwerkskammer Köln. Deshalb sei es wichtig, vor Ausbildungsbeginn klare Absprachen zu treffen. „Damit derjenige auch gehen darf, wenn er Vorlesung hat”, erklärt Panzer. Der Vorteil des Modells: Zeitersparnis. Wenn man Ausbildung, Studium und Meister hintereinander macht, würde das acht bis neun Jahre dauern.

Die meisten Kooperationen für das Triale Studium gibt es derzeit in Nordrhein-Westfalen: Die HWK Hannover, Köln und Düsseldorf bieten Programme an, Partnerhochschulen sind die Hochschule Niederrhein und die private, staatlich anerkannte Fachhochschule des Mittelstands (FHM) mit den Standorten Hannover, Schwerin und Köln. „Unis beteiligen sich nicht am Trialen Studium, dafür ist es zu anwendungsorientiert”, erläutert Berufsberaterin Tolan.

Der Stundenplan vereint Praxis und Theorie. Während sich beim dualen Studium Uni- und Praxisphasen abwechseln, ist das Triale Studium anfangs als Abendschule organisiert. Das heißt: Zusätzlich zur Ausbildung müssen die Teilnehmer abends oder am Wochenende in die Uni. Manchmal machen Studierende den Unterricht auch im Rahmen von E-Learning. Nach der Gesellenprüfung studieren sie dann eine Zeit lang in Vollzeit. Als letztes folgen Bachelorarbeit und die Meisterschule mit abschließender Prüfung.

„Drei Bildungsabschlüsse in gut vier Jahren, das ist schon eine Herausforderung”, erzählt Werner Marquis, Sprecher der Arbeitsagentur in Nordrhein-Westfalen. Das Triale Studium sei daher vor allem für leistungsorientierte Abiturienten gedacht, die später Führungsaufgaben übernehmen wollen. „Ziel ist es, junge Menschen zu Spezialisten ihres Handwerks zu machen und gleichzeitig vertiefte betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu vermitteln. Das prädestiniert die Absolventen für Führungsaufgaben”, erläutert er.

So wie Daniel Wolter aus Estorf. Der 20-Jährige hat im vergangenen Jahr ein Triales Studium begonnen, seine Ausbildung macht er im Bereich Sanitär Heizung Klima (SHK). „Meine Motivation ist, dass ich später den Betrieb von meinem Vater übernehmen oder einen eigenen Betrieb aufmachen möchte”, erklärt er. Auch Student Marcel Gleitz hat klare Ambitionen: „Ich will durch das Studium schneller an eine Führungsebene im Handwerk gelangen”, sagt der 20-Jährige, der in einem Handwerksunternehmen Kaufmann für Büromanagement lernt.

„Voraussetzungen sind hohe Motivation und die Fähigkeit, sich selbst organisieren zu können”, fasst Abiberaterin Tolan zusammen. „Man muss sich darauf einstellen, dass man wenig Freizeit hat”. Wer in der Schule bereits Probleme mit Lernpensum und Selbstdisziplin hatte, dem rät Tolan vom Trialen Studium ab. Hinzu kommt die Frage der Finanzierung. Zwar bekommen Azubis eine normale Ausbildungsvergütung, je nach Hochschule fallen aber Studiengebühren von bis zu 500 Euro pro Monat an. Bafög gibt es nur während der Phase des Vollzeitstudiums. Nach der Gesellenprüfung können die Studenten allerdings Meister-Bafög beantragen.

Die Bewerbung läuft über die jeweilige Hochschule. Voraussetzung sind Abitur oder Fachabitur und ein Ausbildungsvertrag in einem von der Uni anerkannten Gewerk. Je nach Hochschule gibt es dann ein Auswahlverfahren mit Gruppenaufgaben, Englischtest oder Einzelgesprächen. Wer sich darauf vorbereiten will, sollte sich im Vorfeld bei den Kammern und Hochschulen informieren, rät Arbeitsagentur-Sprecher Marquis.

(dpa)