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Berlin: Arbeit an der letzten Ruhestätte: Friedhofsgärtner sind Frühaufsteher

Berlin : Arbeit an der letzten Ruhestätte: Friedhofsgärtner sind Frühaufsteher

Dort, wo sonst Angehörige hinkommen, um zu trauern, ist der Arbeitsplatz von Susan Otto. Die 30-Jährige ist im dritten Lehrjahr und will in diesem Jahr die Ausbildung zur Friedhofsgärtnerin beim evangelischen Friedhofverband Berlin-Südost abschließen.

Friedhofsgärtner ist eine von sieben Fachrichtungen des Gärtnerberufes. Die Ausbildung dauert drei Jahre, kann aber auch verkürzt werden, sagt Markus Bretschneider vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Ein bestimmter Schulabschluss ist nicht vorgeschrieben. „Wenn die jungen Menschen ein Unternehmen finden, bei dem sie die Ausbildung machen, gibt es keine weiteren Voraussetzungen.” Die meisten Azubis haben einen Haupt- oder Realschulabschluss. Es gibt aber auch Azubis ohne Schulabschluss.

Wer sich für eine Arbeit als Friedhofsgärtner entscheidet, muss früh aufstehen. Die Arbeitszeit beginnt meist um 7.00 Uhr morgens, im Sommer sogar um 6.00 Uhr, um der Hitze am Nachmittag zu entgehen. „Das war am Anfang schon sehr hart”, sagt Otto.

Gräber pflegen, bepflanzen und bewässern - das sind Ottos Hauptaufgaben, aber auch das Binden von Grabgestecken gehört dazu. Gerade in der heutigen Zeit, in der Familien oft weit auseinander leben und sich nicht um die Gräber kümmern können, sei der Friedhofsgärtner immer wichtiger, sagt Nicolas Haustedt vom Zentralverband Gartenbau. Aber auch als Ansprechpartner für Hinterbliebene seien sie gefragt.

Schon früh interessiert sich Otto für Pflanzen, Biologie war ihr Lieblingsfach in der Schule. „Die Ruhe auf Friedhöfen hat mir so gut gefallen, da wusste ich, dass ich auf einem arbeiten will”, erklärt die angehende Friedhofsgärtnerin.

In der Berufsschule lernen die Auszubildenden unter anderem, wie man Pflanzen für die Gräber nutzt. Aber auch Organisation, Bau- und Pflegemaßnahmen stehen auf dem Stundenplan. Azubis müssen sich botanische Fachbegriffe merken, ihr Handgeschick beim Binden von Kränzen unter Beweis stellen oder Preise für die Grabpflege berechnen können. Zusätzlich sei eine gewisse Fitness wichtig, erklärt Franziska Hellmig, die Ausbildungsleiterin von Otto. Denn die meiste Zeit arbeiten Friedhofsgärtner körperlich.

Bei einigen Gräbern lassen die Hinterbliebenen den Gärtnern freie Hand, was die Gestaltung der letzten Ruhestätte angeht. Kreativität sei als Friedhofsgärtner immer wieder gefragt, erläutert Haustedt. Das Gehalt im ersten Lehrjahr kann sich sehr stark unterscheiden. Laut der Bundesagentur für Arbeit liegt es zwischen 340 und 680 Euro. Beim evangelischen Friedhofsverband Berlin-Südost bekommen die angehenden Friedhofsgärtner im ersten Lehrjahr rund 820 Euro, also deutlich mehr als den Satz, den die Bundesagentur für Arbeit angibt.

Die Zahl der Azubis geht zurück. Laut Haustedt nahmen 2015 bundesweit 153 junge Menschen die Ausbildung auf. 2014 waren es noch 180. Ein Rückgang von 15 Prozent. „Es ist schwer, geeigneten Nachwuchs zu finden”, bestätigt Hellmig. Nach der Ausbildung bieten sich verschiedene Möglichkeiten für die Absolventen. Neben der klassischen Weiterbeschäftigung als Friedhofsgärtner können sie in Blumenläden arbeiten. Auch ein Schritt in die Selbstständigkeit ist denkbar. Um beruflich weiter aufzusteigen, ist es möglich, eine Meisterprüfung in der Fachrichtung Friedhofsgärtnerei abzulegen oder ein Studium im Gartenbau zu absolvieren.

Otto geht in ihrem Beruf auf. Sie kämpft dafür, die Ausbildung durchzuziehen, auch wenn ihre Eltern nicht begeistert sind. „Meine Eltern können es gar nicht verstehen, wie ich jeden Tag auf dem Friedhof arbeiten kann.” Ihre Freunde dagegen bewundern sie für ihren Job. Dennoch treiben die junge Frau auch Zukunftsängste um. „Ich weiß noch nicht, wie es nach Ende der Ausbildung weitergeht.” Einmal ausgelernt, verdienen die Friedhofsgärtner mehr als in der Ausbildung. Laut der Bundesagentur für Arbeit liegt der Stundenlohn zwischen 12,11 Euro und 13,93 Euro. Bei einer 39-Stunden-Woche, wie sie Otto momentan hat, wären das zwischen 1889 Euro und 2173 Euro brutto im Monat, es kann auch deutlich weniger sein.

Der Tod ist allgegenwärtig auf dem Friedhof. Das muss aber nicht immer negativ sein. Otto hilft es, ihre persönliche Trauer zu bewältigen. Vor wenigen Jahren verstarben zwei Familienangehörige. „Natürlich gibt es auch mal Momente, wo ich traurig bin, weil mich der Friedhof an sie erinnert”, gibt Otto zu. „Aber die Arbeit hier hilft, darüber hinwegzukommen.”

(dpa)