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Berlin: Mieter müssen Preisbremse selber ziehen

Berlin : Mieter müssen Preisbremse selber ziehen

Eigentlich dürfte es sie nicht mehr geben. Diese Anzeige, in der eine Berliner Altbauwohnung für 12 Euro pro Quadratmeter angeboten wird. 7 Euro wären laut Mietspiegel normal in dieser Neuköllner Straße, trotz neuem Bad, alten Türen und Fischgrätparkett.

Viel mehr dürften Vermieter eigentlich nicht mehr fordern, weil in der Hauptstadt seit einem Monat die Mietpreisbremse gilt. Sie tun es trotzdem, das haben Mieter beobachtet und Vermieter zugegeben. Das Fazit nach vier Wochen Mietenregulierung: Die Bremse müssen die Mieter schon selber ziehen.

Berlin hatte vorgelegt und die Neuregelung zum frühstmöglichen Zeitpunkt, dem 1. Juni, eingeführt. Seitdem dürfen Mieten bei neuen Verträgen in der Regel nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Zum 1. Juli ziehen nun Hamburg und Nordrhein-Westfalen mit 22 Kommunen nach, noch vor der politischen Sommerpause will Bayern folgen. Doch am Erfolg kann man zweifeln.

Der Berliner Mieterverein hat in den vergangenen Wochen mehrere Angebote überprüft. „Im Wesentlichen haben wir leider feststellen müssen, dass die Mietpreisbremse überhaupt nicht berücksichtigt wurde”, sagt Geschäftsführer Reiner Wild. Die vereinbarte Miete sei eindeutig zu hoch gewesen. Doch weil künftige Mieter viele Details der Wohnung noch gar nicht kennen und sich nicht beschweren können, kommen Vermieter damit durch.

Die Wuchermieten könnten auch nicht alle mit einer der zahlreichen Ausnahmeregelungen gerechtfertigt werden, betont Wild. Die gelten nach Schätzungen des Mietervereins für etwa jede dritte Berliner Wohnung. Das sind Neubauten, Wohnungen, die gerade umfassend modernisiert wurden oder die bislang schon viel zu teuer waren. Immerhin zwei Drittel der Hauptstadt-Wohnungen aber fielen unter die Mietpreisbremse. „Das müsste sich eigentlich auch in den Immobilienangeboten widerspiegeln”, meint Wild.

Doch die großen Immobilienportale im Internet sehen nach eigener Aussage keine Veränderung in den Berliner Wohnungsanzeigen. Die Vermieter setzten einfach auf ihr Glück und darauf, dass Mieter nicht nachrechnen, meint Wild. Bußgelder gibt es nicht. Schlimmstenfalls können wache Mieter also nur das zu viel gezahlte Geld zurückfordern.

Viele Eigentümer riskieren daher ganz bewusst, die Preisbremse zu ignorieren. „Ich kann meinen Mitgliedern nicht empfehlen, sich an die Mietpreisbremse zu halten”, sagt Carsten Brückner, der Vorsitzende des Berliner Eigentümervereins Haus und Grund. Das gelte so lange, bis klar sei, ob die Regelung verfassungsgemäß ist. Die Vermieter sehen in ihr nämlich einen erheblichen Eingriff ins Eigentumsrecht. Werde die Mietpreisbremse wieder gekippt, hätten sie womöglich monatelang zu niedrige Mieten kassiert, warnt Brückner.

Viele Eigentümer, das hat Markus Gruhn vom Ring Deutscher Makler beobachtet, hätten die Miete auch vor Einführung der Bremse schon erhöht. Funktioniert die Regelung irgendwann tatsächlich, profitieren seiner Ansicht nach ohnehin die Falschen. „Es bleibt dabei, dass der die Wohnung bekommt, der die beste Bonität hat”, erläutert Gruhn. Für manche Bewerber werde eine Wohnung durch die Mietpreisbremse zwar bezahlbar, sie hätten deswegen aber noch lange keine Chance, sie auch zu bekommen. Das schaffe mehr Frust, als sich die Traumwohnung von vornherein nicht leisten zu können.

(dpa)