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Geberkonferenz: Die syrische Tragödie geht weiter

Geberkonferenz : Die syrische Tragödie geht weiter

Wieder sammeln EU und UN bei einer Geberkonferenz Geld für humanitäre Nothilfe. Doch das Elend in dem vom Bürgerkrieg geschundenen Syrien nimmt einfach kein Ende.

Der Krieg in Syrien ist mittlerweile in seinem elften Jahr. Und ein Ende ist nicht Sicht. Schon vor Jahren sagte der heutige UN-Generalsekretär Antonio Guterres, als er noch UN-Flüchtlingskommissar war, auf einer Bühne der Münchner Sicherheitskonferenz: „Ich habe keinen Zweifel, dass der Syrien-Konflikt die schlimmste humanitäre Krise mindestens seit dem Völkermord in Ruanda ist.“

Der damalige UN-Vermittler Lakhdar Brahimi sagte: „Die Lage in Syrien ist schlimm, und sie wird schlimmer.“ Brahimi kam an jenem Freitagabend direkt aus Genf, wo die Bürgerkriegsparteien eine Woche lang ergebnislos verhandelt hatten. „Wir haben nichts erreicht“, bilanzierte der UN-Vermittler frustriert.

Auch Jahre danach verhandeln die Bürgerkriegsparteien noch immer -- und immer noch genauso ergebnislos. Die syrische Tragödie hat in ihrem Drehbuch offenbar kein Ende vorgesehen. Knapp 400.000 Menschen sind in dem Krieg in Syrien bislang ums Leben gekommen, bei dem sich Armee, Rebellen und Terrormilizen bekämpfen. Am Montag nun versammelten EU und UN für zwei Tage die mittlerweile fünfte Syrien-Geberkonferenz, bei der die Vereinten Nationen auf Zusagen von rund 8,5 Milliarden Euro hoffen, um die notleidenden Menschen in Syrien wenigstens mit dem Allernötigsten versorgen zu können: Lebensmittel, Wasser, Medikamente.

Wenigstens beginnt diese Syrien-Konferenz nach offizieller Lesart als „Tag des Dialogs“. Die Teilnehmer von 60 Staaten und Organisationen wollen – hoffentlich erfolgreicher als die Kriegsparteien – miteinander reden. Nach Einschätzungen der Vereinten Nationen brauchen 24 Millionen Menschen in Syrien und den Nachbarländern humanitäre Hilfe. Der heutige UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, beschreibt die Lage nach einem Jahrzehnt Krieg, Vertreibung und den Auswirkungen der Pandemie in Syrien als „katastrophal“, wenn Hilfe ausbleibe. 6,6 Millionen Syrer flohen vor dem Krieg ins Ausland, der größte Teil in die Nachbarländer Türkei, Libanon und Syrien. 2015 kamen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise Hunderttausende Menschen auch nach Deutschland.

Linken-Außenexpertin Sevim Dagdelen sieht derweil eine Mitschuld von EU und den USA an der humanitären Lage. Die „verheerende Regime-Change-Politik“, also der Versuch, Machthaber Baschar al-Assad zu vertreiben, sei gescheitert. „Die völkerrechtswidrigen einseitigen Wirtschaftssanktionen verschlimmern die Folgen des seit zehn Jahren andauernden Krieges in Syrien. Statt neuer Nothilfe brauche Syrien ein Ende der Wirtschaftsblockade und „großangelegte Unterstützung“ zum Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, aber auch Brücken und Straßen sowie Strom und Wasser. Dagdelen: „Die Bevölkerung Syriens braucht eigene Bäckereien statt Brotspenden aus der EU.“

Doch genau das ist das Problem: Bislang lehnt die EU sämtliche Infrastrukturhilfen ab. Hilfe für den Wiederaufbau etwa von Schulen oder Kindergärten, will sie nicht gewähren, weil der Westen befürchtet, damit könnte das Assad-Regime gestärkt werden. Deswegen fordert etwa Caritas-Präsident Peter Neher, dieses Verbot der Aufbauhilfe zumindest zu lockern. Neher sprach sich im Deutschlandfunk für einen Strategiewechsel bei der Hilfe für Syrien aus, sieht dabei auch das Problem einer politischen Gratwanderung: „Aber wenn es darum geht, Menschen zu retten und zu helfen, muss man diese enge Nothilfe unbedingt überwinden und weiterentwickeln“. Nach zehn Jahren lebten 90 Prozent der Syrer, die noch im Land seien, unterhalb der Armutsgrenze

Für die Bundesregierung nehmen Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) an dieser Geberkonferenz für Syrien teil. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies am Montag in Berlin darauf, dass die Bundesregierung im vergangenen 1,6 Milliarden Euro für Syrien, davon 600 Millionen EU für humanitäre Hilfe, bereitgestellt habe. Auch in diesem Jahr will Deutschland wieder einen ähnlich substanziellen Beitrag leisten. Außenminister Maas will heute selbst den konkreten Umfang deutschen Hilfe bei dieser Geberkonferenz bekanntgeben.