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Wien: Welt ohne Atomwaffen in weiter Ferne

Wien : Welt ohne Atomwaffen in weiter Ferne

Die Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm gehen nochmals in die Verlängerung. Die Gespräche zwischen dem Iran und den fünf UN-Vetomächten sowie Deutschland würden die kommenden Tage fortgesetzt, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstag in Wien.

Die Frist war erst vor einer Woche bis Dienstag um Mitternacht verlängert worden. Fortschritte gab es aber bei den parallelen Gesprächen mit der UN-Atomaufsichtsbehörde in Teheran.

Mogherini betonte, die Fortsetzung über Mitternacht hinaus bedeute keine Verlängerung der Frist. „Ich sagte vor etwa einer Woche, wir würden unsere Frist flexibel interpretieren, was bedeutet, dass wir uns die Zeit, die Tage nehmen, die wir zum Abschluss des Abkommens brauchen“, sagte sie.

Auch aus dem Umfeld der iranischen Verhandlungsdelegation verlautete, der Iran habe keine neue Frist. Bereits am Montag hatte ein Delegationsmitglied gesagt, der 7. Juli sei keine definitive Frist. „Selbst wenn wir den 9. Juli überschreiten, wäre dies nicht das Ende der Welt“, sagte er.

Zwar ist eine Einigung nun greifbar nah. Aber wie auch immer die Gespräche zwischen Teheran und der 5+1-Gruppe (die fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland) letztlich ausgehen: Atomwaffen gibt es auf der Welt immer noch mehr als genug — auch in Deutschland.

Wer hat eigentlich die Atombombe?

Offiziell sind im Atomwaffensperrvertrag von 1970 fünf Staaten als Atommächte genannt: die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich — also die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrats. Darüber hinaus haben Indien, Pakistan und Nordkorea Tests mit Atomwaffen gemacht. Israel besitzt vermutlich schon seit einem halben Jahrhundert die Atombombe, ohne dies allerdings je offiziell zugegeben zu haben. Insgesamt also: neun Atommächte.

Wie viele Atomwaffen gibt es auf der Welt?

Genaue Zahlen hat niemand. Aber jedenfalls deutlich weniger als früher. Mitte der 1980er Jahre gab es noch etwa 70.000 Atomwaffen, fast alle im Besitz der beiden Supermächte USA und Sowjetunion. Heute — so das Friedensforschungsinstitut Sipri aus Stockholm in seinem neuen Jahrbuch — existieren schätzungsweise noch 15.850 Nuklearwaffen. Die meisten davon hat Russland (7500), gefolgt von den USA (7260). Erst mit weitem Abstand folgen China (260), Pakistan (100-120), Indien (90-110) und die anderen.

Lagern auch in Deutschland noch atomare Sprengköpfe?

Ja, in Rheinland-Pfalz, im Fliegerhort Büchel. Experten gehen davon aus, dass es dort — noch aus Zeiten des Kalten Kriegs — zwischen 10 und 20 amerikanische Sprengköpfe gibt. Alle Forderungen, die Waffen von deutschem Boden abzuziehen, blieben bisher ohne Erfolg. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte kürzlich im Bundestag: „Das Thema ist keineswegs aufgegeben. Aber es ist ebenso schwierig wie in den vergangenen Jahren.“

Wie kommen eigentlich die Bemühungen um atomare Abrüstung voran?

Nach dem Ende des Kalten Kriegs hatten die USA und Russland ernsthaft damit begonnen, ihre Atomwaffen zu verschrotten. Doch seit einigen Jahren verringern sie die Arsenale nicht mehr groß. Statt dessen haben beide mit einer Modernisierung begonnen. Zudem werfen sie sich gegenseitig vor, bestehende Abkommen zu brechen. Das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen — wie es US-Präsident Barack Obama und auch Kremlchef Wladimir Putin einst postuliert hatten — ist wieder weiter in die Ferne gerückt. Wobei: Nah dran war man nie.

Geht das Wettrüsten aufs Neue los?

Der Ukraine-Konflikt hat neue Sorgen ausgelöst: Kiew hatte aus Sowjetzeiten Atomwaffen geerbt, diese dann aber freiwillig vernichtet. Manche meinen, dass Russland darauf verzichtet hätte, sich die Krim wieder einzuverleiben, wenn die Ukraine noch Atommacht gewesen wäre. Nun kündigte Putin an, bis zum Jahresende 40 neue Interkontinentalraketen anzuschaffen, die auch mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können. Das muss nicht heißen, dass ein neues Wettrüsten beginnt. Aber die Ära der atomaren Abrüstung ist wohl vorbei. (afp/dpa