Düsseldorf : Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen streitet über Energiekompromiss
Düsseldorf Der Kompromiss der großen Koalition in der Klima- und Energiepolitik ist in der rot-grünen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen umstritten. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sieht in den Beschlüssen ein „gutes Gesamtpaket für NRW”.
Der grüne Umweltminister Johannes Remmel kritisierte dagegen den Verzicht auf die Klimaabgabe für alte Braunkohlekraftwerke scharf: „Das ist ein schlechter Tag für den Klimaschutz und für zukunftsfeste Energiejobs in NRW.”
Um die deutschen Klimaziele zu erreichen, sollen zwischen 2017 und 2020 Braunkohle-Kraftwerksblöcke mit 2,7 Gigawatt Leistung vom Netz genommen und als Kapazitätsreserve für den Fall von Engpässen aufgebaut werden. Die Konzerne erhalten dafür eine Vergütung. Das rheinische Braunkohlerevier ist besonders betroffen. Nach früheren Angaben von Duin könnten dort fünf Blöcke des Energiekonzerns RWE abgeschaltet werden.
Duin sieht darin einen „vernünftigen Mittelweg”, um die Klimaschutzziele zu erreichen und Arbeitsplätze zu sichern. Ein Strukturbruch im Braunkohlerevier werde vermieden. Auch die Bergbaugewerkschaft IGBCE ist zufrieden. Es gebe jetzt „die Chance, die schrittweise Stilllegung von wenigen Kraftwerken ohne Entlassungen in der Energiewirtschaft sozialverträglich zu gestalten”. Duin hatte sich zusammen mit der Gewerkschaft für diese Lösung eingesetzt.
Remmel warf der Bundesregierung vor, sie wolle die Bürger „für eine verfehlte Unternehmensstrategie der Kohle-Konzerne bezahlen lassen”. Es könne nicht sein, „dass die ältesten und schmutzigsten Kraftwerke Gewinne einfahren, während moderne und hocheffiziente Gaskraftwerke gar nicht ans Netz gehen”. Er sei gespannt, was die EU-Kommission zu den Prämien für die Konzerne sage.
Die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Wibke Brems, warf RWE vor, Millionenbeträge in ein neues klimaschädliches Kraftwerk in Niederaußem bei Köln zu stecken, während alte Kraftwerke von der Allgemeinheit finanziert werden sollen.
Die Einigung in der großen Koalition ist auch in der Opposition in NRW umstritten. Für CDU-Fraktionschef Armin Laschet ist sie „ein wirtschaftlicher und klimapolitischer Befreiungsschlag”. Die kurzfristigen Mehrkosten für die Kraftwerksreserve seien deutlich niedriger als der volkswirtschaftliche Schaden, der durch die Kohleabgabe entstanden wäre. FDP-Fraktionschef Christian Lindner kritisierte: Der Kompromiss „geht auf Kosten von Verbrauchern und Unternehmen und vernichtet mutwillig Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen”.
Kommunen mit Braunkohlekraftwerken reagierten erleichtert. Der Verzicht auf die Strafabgabe für alte Meiler verhindere den befürchteten Bruch im Strukturwandel, sagte der Eschweiler Bürgermeister Rudi Bertram (SPD). „Wir haben Zeit gewonnen.” Die Stadt bereite sich seit zehn Jahren auf das Ende der Braunkohle mit Abschluss des Braunkohletagebaus Inden 2028 vor. Ein Sprecher der Stadt Bergheim sagte, die Einigung mache Hoffnung. Die Stadt könne den Strukturwandel weiter wie geplant vorantreiben bis zum Ende des Tagebaus Hambach im Jahr 2040.
Duin sieht in der geplanten Verdopplung der Förderung für die Kraft-Wärme-Koppelung auf 1,5 Milliarden Euro gute Chancen für Stadtwerke und Industrie in NRW. Er begrüßte auch den geplanten Vorrang für Erdkabel vor Freileitungen bei neuen Gleichstromtrassen. Die unvermeidlichen Mehrkosten seien gerechtfertigt, um im dicht besiedelten NRW mehr Akzeptanz für die Trassen zu ermöglichen.