US-Wahl : Die EU setzt auf Joe Biden – wenn auch nicht offiziell
Brüssel US-Präsident Donald Trump gehört nicht zu den beliebtesten Partnern der Europäischen Union. Offiziell ergreifen EU und Nato im US-Wahlkampf aber nicht Partei für Herausforderer Joe Biden. Und das aus mehreren Gründen.
Sympathien genießt Donald Trump in Brüssel nun wahrlich nicht. Die Europäische Union hat unter diesem US-Präsidenten gelitten. Selbst eingefleischte Transatlantiker unter den Diplomaten und Spitzenbeamten verhehlen nicht ihre Abneigung gegenüber dem Mann, der mit Drohungen und Handelsstreitigkeiten Außenpolitik machte.
Dass man sich in Brüssel offiziell dennoch in Schweigen hüllt, hat nur einen Grund: Niemand will riskieren, nach einer überraschenden und wahrlich nicht erhofften Wiederwahl sowie weiteren vier Jahren mit Trump als US-Präsident an einer drastischen Verschlechterung der Beziehungen schuld zu sein.
Keine Frage: Brüssel setzt auf Joe Biden, von dem man mehr Offenheit für ein multilaterales Handelssystem, für eine moderne Klimaschutzpolitik und Verständnis für die Partner in Europa erwartet.
Abseits der offiziellen Stellungnahmen beschäftigt die Gemeinschaft aber noch ein anderes Szenario. Sollte Trump wiedergewählt werden oder bei einem knappen Ausgang des Urnengangs den Wahlsieg für sich beanspruchen, könnten einzelne Regierungschefs mit allzu überschwänglichen Glückwünschen einen Riss innerhalb der EU dokumentieren.
Die Vorstellung, dass die Premierminister Ungarns, Polens, der Slowakei und Tschechiens es nicht wie alle übrigen bei geschäftsmäßigen Grüßen zu einem Wahlgewinn belassen würden, sondern auch noch bewundernd Donald Trump huldigen, wird in Brüssel regelrecht gefürchtet. Noch weiß niemand, was ein solcher außenpolitischer Zwiespalt an Schäden hinterlassen könnte.
Bei der Nato gehört die Zurückhaltung sozusagen zur DNA. Zu stark ist die US-amerikanische Übermacht in allen politischen und militärischen Stäben in und um Brüssel. Dennoch gibt es auch in den beiden Hauptquartieren skeptische Stimmen. Niemand hat vergessen, dass Trump mehrfach kurz davor stand, das Bündnis zu verlassen. Und das gilt vielen angesichts der russischen und chinesischen Militärpolitik als höchst gefährliches Manöver.