Gedenkfeier am Sonntag : Wie trauert die Welt um drei Millionen Corona-Tote?
Berlin Wenn am Sonntag in Berlin zentral der bis dahin wohl 80.000 Corona-Toten in Deutschland gedacht wird, sind es weltweit bereits drei Millionen Menschen, die der Pandemie zum Opfer fielen. Wie gehen andere Länder damit um?
Die Spitzen der Verfassungsorgane und Hinterbliebene werden – auf Abstand – am Sonntag zunächst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche bei einem ökumenischen Gottesdienst und danach im Konzerthaus am Gendarmenmarkt an die vielen am Coronavirus verstorbenen Menschen erinnern. Dazu gehen die Fahnen vor öffentlichen Gebäuden auf Halbmast. Das offizielle Gedenken in Deutschland steht inzwischen in einer langen Reihe eindringlicher Trauerakte rund um die Welt – zumindest in jenen Ländern, in denen die Pandemie nicht weiter verdrängt, verharmlost oder verschwiegen wird.
„Wir werden kein Gesicht, keinen Namen vergessen“, schrieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Twitter, als in dem westlichen Nachbarland in dieser Woche die Zahl von 100.000 Corona-Toten überschritten wurde. Ein Regierungssprecher kündigte bei dieser Gelegenheit an, dass es demnächst ein offizielles Gedenken geben werde, ohne Einzelheiten zu nennen.
Auch in den USA wurden die Flaggen auf Halbmast gesetzt und der Verstorbenen mit einer Schweigeminute gedacht, als dort am 23. Februar die Schwelle von einer halben Million Corona-Toten überschritten wurde. US-Präsident Joe Biden sprach im Weißen Haus von einem „grauenvollen, herzzerreißenden Meilenstein“ und griff zu einem drastischen Vergleich: Es seien durch die Pandemie nun mehr Amerikaner in einem Jahr ums Leben gekommen, als im Ersten Weltkrieg, im Zweiten Weltkrieg und im Vietnamkrieg zusammen.
Mit dem Hintergrund eigener Erfahrungen mit dem Tod von Frau und Kindern versprach er sehr persönlich: „Es wird der Tag kommen, an dem der Gedanke an die geliebte Person, die Sie verloren haben, zuerst ein Lächeln auf Ihre Lippen bringt, bevor Sie Tränen in den Augen haben.“
Spanien setzte ein erstes Zeichen bereits im Sommer vergangenen Jahres, als es 28.400 Tote zu beklagen hatte. „Wir teilen den Schmerz“, sagte König Felipe auf dem Waffenplatz vor seinem Palais in Madrid. Angehörige erinnerten mit bewegenden Worten an ihre Verstorbenen. Schon kurz darauf musste die offizielle Zahl nach oben korrigiert werden, inzwischen hat das Land mindestens 77.000 Menschen an die Pandemie verloren.
Italien wählte einen besonderen Tag und einen besonderen Ort, um seiner Toten zu gedenken: Am 18. März in Bergamo. Genau ein Jahr zuvor waren die Bilder von einer langen Reihe von Militärlastwagen um die Welt gegangen. Mit ihnen wurden hunderte Särge mit den sterblichen Überresten von Corona-Toten abtransportiert, weil das Krematorium der Stadt überfordert war. Dieser Ort sei deshalb, so Ministerpräsident Mario Draghi, „zum Symbol des Schmerzes einer ganzen Nation“ geworden.
Er weihte mit einer symbolischen Baumpflanzung bei dieser Gelegenheit einen „Wald des Gedenkens“ ein – unweit des Krankenhauses, in dem ein Jahr zuvor so viele Infizierte gestorben waren. Nahezu jeder Einwohner in Bergamo hat ein Opfer im Verwandten- oder Freundeskreis zu beklagen. Inzwischen betrauern die Italiener über 115.000 Corona-Todesfälle.
Der seinerzeit 126.000 Toten gedachte Großbritannien mit einer Schweigeminute am 24. März im Parlament und in vielen Einrichtungen des Landes. Am Abend entzündeten die Briten Kerzen oder schalteten die Lichter ihrer Handys ein, um „Leuchtfeuer des Gedenkens“ zu entstehen zu lassen. In gelbes Licht getaucht waren zahlreiche Wahrzeichen des Landes, wie das Riesenrad London Eye oder der Blackpool Tower.
Das Gedenken erfolgte ein Jahr nach dem Verhängen des ersten Lockdowns in Großbritannien. Prinz Charles sprach vom „unaussprechlichen Schmerz“ der Hinterbliebenen. Zum Jahrestag ergab eine Umfrage, dass jeder sechste Brite einen Familienangehörigen oder Freund verloren hatte.