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Zu viele und komplizierte Regulierungen: Unternehmen geben Standort Deutschland schlechte Noten

Zu viele und komplizierte Regulierungen : Unternehmen geben Standort Deutschland schlechte Noten

Industriestandort Deutschland: Viele Firmen klagen über Regulierungen bei Bauvorgaben und Umweltauflagen – und die Dauer und Komplexität von Genehmigungsverfahren.

Der Industriestandort Deutschland leidet aus Sicht der Unternehmen unter massiven strukturellen Problemen. Das geht aus der jüngsten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) hervor, die unserer Redaktion vorliegt und an der 1800 Betriebe teilnahmen.

Demnach kritisierten die Befragten besonders die Fülle und schlechte Verständlichkeit bürokratischer Auflagen und die lange Dauer und Komplexität von Genehmigungsverfahren. Insgesamt gaben die Unternehmen dem Standort die Schulnote 3,9 – eine Notenstufe schlechter als bei der letzten Befragung vor drei Jahren (2017: 2,9) und damit der schlechteste Wert seit Studienbeginn im Jahr 2008.

Daten vor Corona erhoben

Erhoben wurden die Daten zwar vor den schwersten Folgen der Corona-Krise in Deutschland, nämlich zwischen dem 10. Februar und dem 23. März. Der DIHK sieht in der Studie dennoch eine nach wie vor gültige Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Standortes. 

„Die Bewertung berücksichtigt nicht die vielfältigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Bewältigung der Corona-Krise, offenbart aber große strukturelle Probleme des Industriestandorts Deutschland, von denen das Netzwerk Industrie als enger Verbund von Herstellern, Zulieferern und Dienstleistern unabhängig von der Krise betroffen ist“, so die Studie.

Als besonders schlecht beurteilten die Befragten darin die engmaschigeren Regulierungen bei Bauvorgaben oder Umweltauflagen. Auch die Höhe der Steuern und Abgaben sowie steigende Energiekosten sorgen für Unzufriedenheit und beschneiden aus Sicht der Betriebe die Wettbewerbsfähigkeit. Spürbare Rückschritte habe es in etlichen Schlüsselbereichen gegeben, etwa in der digitalen Infrastruktur wie der Breitbandversorgung im ländlichen Raum, wo erfolgreiche Mittelständler angesiedelt sind.

Als gut bewerteten die Unternehmen mit einem Wert von 2,6 die Energieversorgungssicherheit, allerdings hat sich laut Studie auch dieser Faktor in der Einschätzung der Unternehmen gegenüber 2017 merklich verschlechtert (2,3). Ein rascher Netzausbau sei von entscheidender Bedeutung, um auch zukünftig die Versorgung mit Strom sicherzustellen. Fortschritte hat es der Studie zufolge nur bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben (Note 3,3 nach 3,4 in 2017).

„Politik hat schon reagiert“

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte, die Politik habe auf die Krise teilweise schon reagiert, indem sie beispielsweise viele Vorschriften näher an der Praxis ausgerichtet und Erleichterungen im Steuerrecht geschaffen habe. „Hierauf können und sollten wir jetzt aufbauen, zum Beispiel mit beschleunigten Planungs- und Genehmigungsprozessen, mit einer leistungsfähigen Breitbandanbindung für alle Firmen und einem raschen Netzausbau, um auch zukünftig die Versorgung mit bezahlbarem Strom sicherzustellen“, sagte Wansleben.