1. Politik

Aktivistin versteckt sich vor den Taliban

„Es geht um Leib und Leben für sie“ : Pastor kämpft für Frauenrechtlerin in Afghanistan

Samira ist eine bekannte Frauenaktivistin in Afghanistan. Mit ihren Kindern versteckt sie sich vor den Taliban. Ihr Leben ist in Gefahr; sie steht auf den Suchlisten der Islamisten.

Samiras* Hoffnung, es noch mit ihren drei Kindern aus Afghanistan raus zu schaffen, schwindet von Stunde zu Stunde. „Aktuell gibt es für uns keine Möglichkeiten, das Land noch zu verlassen“, schreibt sie am Freitagnachmittag über Signal, einem verschlüsselten Messengerdienst. Die 36-Jährige ist mit ihren Kindern aus Kabul geflüchtet und versteckt sich irgendwo außerhalb der afghanischen Hauptstadt vor den Taliban. Die Lage verschlechtere sich von Tag zu Tag. „Meine Kinder haben nur noch mich“, sagt sie.

Samira steht auf den Suchlisten der Taliban und zählt vermutlich zu den derzeit gefährdetsten Frauen in Afghanistan; ihre Wohnung in Kabul ist schon von den Islamisten beschlagnahmt worden. Sie steht für alles, was diese ablehnen und hassen: In der Öffentlichkeit hat sie immer wieder vor den Taliban gewarnt; sie auf Demonstrationen als Terroristen bezeichnet. Sie ist Mitbegründerin der afghanischen NGO „Tabassam Social Services and Cultural Organisation“, die für Frauenrechte und Kinderschutz eintritt.

Zudem ist sie Stellvertreterin einer Bürgerorganisation, in der verschiedene Bürgerinitiativen für Frauen und Waisen firmiert sind. Und sie ist Christin; ihren Glauben praktiziert sie aus Sicherheitsgründen geheim. „Das macht sie definitiv zu einer sehr gefährdeten Person, die sofort festgenommen wird, sobald sie von den Taliban entdeckt wird. Und dann droht ihr vermutlich noch Schlimmeres“, sagt Pastor Martin Kran von der Düsseldorfer Rheinkirche. „Es geht um Leib und Leben für sie.“

Kran versucht alles, um Samira und ihre Kinder aus Afghanistan herauszubekommen. Seine Gemeinde engagiert sich seit Jahren für Geflüchtete aus Afghanistan, kennt deswegen viele Leute aus dem Land. „Ohne Kontakte geht in dieser Situation gar nichts“, sagt er. Samira kennt er seit Mai dieses Jahres. Kennengelernt haben sie sich durch eine gemeinsame afghanische Freundin, die in Düsseldorf lebt. „Samira hat über Zoom an einem Glaubenskursus der Rheinkirche teilgenommen“, sagt der Pastor. Er hat bereits das Auswärtige Amt und Landespolitiker eingeschaltet. Und auch Düsseldorfs Oberbürgermeister ist informiert.

Eine Möglichkeit, Samira und ihre Kinder zu retten, könnte die Bundeswehr sein. Spezialkräfte sollen angeblich mit Hubschraubern Eingeschlossene aus ihren Häusern holen. „Soweit ich weiß, gilt das aber derzeit nur für deutsche Staatsangehörige und für Personen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben. Eine entsprechende Mail ist an die Kräfte vor Ort rausgegangen“, sagt Kran. „Das heißt, dass alle anderen, die sich aber unter dem Schutz der Nato in den vergangenen Jahren gegen die Taliban eingesetzt haben, hinten runterfallen und sich selbst überlassen werden“, so der Pastor. Man dürfe sie aber nicht im Stich lassen.

*Name aus Sicherheitsgründen geändert