Paris : Zehn Jahre „Pacs” in Frankreich: Homo-Ehe zieht immer mehr Heteros an
Paris Das Büro des Zivilgerichts im 10. Stadtbezirk von Paris ist klein und nüchtern eingerichtet - nicht gerade ein romantischer Ort für Paare, die einen eheähnlichen Pakt eingehen wollen. Ein paar Erläuterungen, zwei Unterschriften und einige Stempel später sind Laurent Choquart und Rafael Frigola offiziell „gepacst”.
„Ich fühle mich nicht anders als vor einer Stunde”, sagt der 47-jährige Rafael und lacht. „Für uns ist es nicht wichtig, unserer Beziehung einen offiziellen Rahmen zu geben. Aber wir wollten die Erbfolge regeln”, erklärt Laurent (54).
Vor zehn Jahren war der Solidaritätspakt (PACS) nach heftigen Debatten in Frankreich eingeführt worden. Womit seine Erfinder allerdings kaum gerechnet hatten: Die Homo-Ehe à la française zieht mehr und mehr Heteros an, die sich binden wollen, ohne gleich eine Ehe einzugehen.
Im Jahr 2002 machten die gleichgeschlechtlichen Paare noch ein Viertel aller „Pacs” aus. Vier Jahre später waren es nur noch sieben Prozent.
Lauren und Rafael sind beide in Jeans gekommen. Sie sind bereits seit mehr als 20 Jahren zusammen. In Paris leben sie in einer über zwei Etagen reichenden Wohnung, jedem gehört eine Ebene.
„Mit dem Pakt und per Testament haben wir nun festgelegt, dass der Partner erbt, wenn einer von uns beiden stirbt”, sagt Laurent. Nach dem nüchternen Akt auf dem Gericht müssen beide wieder zur Arbeit. Gefeiert wird erst im Frühjahr, dann soll es ein großes Grillfest geben.
Vor drei Jahren wurde der Pakt steuerrechtlich der Ehe angeglichen. Seitdem ist die Zahl der Pacs-Partnerschaften sprungartig gestiegen. Die Partner müssen einen gemeinsamen Haushalt führen und volljährig sein.
„Die meisten Paare sind um die 30 Jahre alt”, sagt ein Beamter des Zivilgerichts, an dem der Vertrag unterzeichnet wird. Manche Rathäuser in politisch links ausgerichteten Städten bieten neuerdings im Anschluss an den Gerichtstermin eine Zeremonie an, die eher einer Hochzeit ähnelt.
Mittlerweile haben sich über eine halbe Million Paare in Frankreich „gepacst”. Der Pakt ermöglicht ihnen eine gemeinsame Güterverwaltung und verpflichtet die Partner zum Beistand bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit.
Im Unterschied zur Ehe ist vor allem die Auflösung recht einfach: Ein Einschreiben beim Gericht genügt.
Benoît Gautier und Caroline Petit lassen sich vor ihrer Unterschrift auf dem roten Teppich fotografieren. Der 45-Jährige wirkt aufgeregt, obwohl er die Bedeutung der Zeremonie herunterspielt.
„Der Solidaritätspakt passt gut zur heutigen Lebensgestaltung, und es geht schnell. Ich bin nicht sonderlich auf eine Heirat eingestellt”, sagt er. Die Hochzeit sei viel zu sehr kommerzialisiert worden, meint er.
Seine 32 Jahre alte Freundin hat die Hoffnung auf den Gang vor den Altar noch nicht ganz aufgegeben. „Ich bin katholisch erzogen worden und habe eher mit dem Gedanken an eine Heirat gespielt”, gibt sie zu.
„Eine Ehe wäre die nächste Etappe, vielleicht in fünf Jahren, wenn wir Kinder haben”, meint Benoît dazu. Nach der Unterschrift fällt der Satz, auf den sie gewartet hat: „Sie dürfen sich jetzt küssen.”