Heidenheim/Essen : „Windmühlen unter Wasser”: Strom aus Meeresströmung
Heidenheim/Essen In einer Meerestiefe von bis zu 80 Metern sollen in wenigen Jahren Kraftwerksparks aus Unterwasserturbinen entstehen.
Wie „Windmühlen unter Wasser” sollen sie aus der Strömung der Ozeane Strom erzeugen - zumindest wenn es nach dem Heidenheimer Maschinen- und Anlagenbauer Voith und RWE Innogy, dem für Erneuerbaren Energien zuständigen Tochterunternehmen des Energiekonzerns RWE, geht.
Die beiden Unternehmen wollen künftig gemeinsam diese Unterwasserturbinen für die Stromerzeugung bauen.
In den nächsten fünf Jahren wollen sie rund 30 Millionen Euro in die Entwicklung der Turbinen investieren. Nach Testläufen soll 2014 die Produktion dann in Serie gehen.
Schon im Herbst dieses Jahres soll ein Prototyp in einer Anlage vor der Küste Südkoreas getestet werden.
Diese sei aber nur eine kleine Anlage, die lediglich eine Leistung von 110 Kilowatt erbringe, sagt Roland Münch, Vorsitzender der Geschäftsführung von Voith Hydro. Später soll eine Turbine rund ein Megawatt Leistung erzeugen.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Stromgewinnung aus Meeresströmung bemesse sich vor allem an den Kosten für den Strom. Der Preis für eine Kilowattstunde „Meeres-Strom” solle sich dabei an dem von durch Offshore-Anlagen produzierten Strom orientieren, sagt Fritz Vahrenholt, Vorsitzender der Geschäftsführung bei RWE Innogy. Und dieser liege derzeit bei 10 bis 15 Cent pro Kilowattstunde.
Der Energiekonzern sieht aber einen klaren Vorteil der Unterwasserturbinen im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien. Die Stromerzeugung im Meer sei berechenbar.
„Man weiß, wann die Gezeiten kommen und gehen. Man kann die Uhr danach stellen”, sagt Vahrenholt. Die Turbinen, die schon seit 2005 bei Voith Hydro erforscht werden, seien daher auch technisch nicht so aufwendig wie Windkrafträder.
Sie würden im Boden fest verankert und der Turbinenkopf kann sich nicht bewegen. Auch die Rotorblätter seien fest montiert und zeigten immer in die gleiche Richtung. Bei Windkraftanlagen seien die Rotorblätter hingegen beweglich, um stärkere Windböen hindurchfegen zu lassen.
Die Unternehmen wollen zusammenarbeiten, um eine schnellere Markteinführung der Turbinen zu erreichen. „Um neue Technologien schnell marktreif zu machen, brauchen wir Referenzprojekte.
Die Zusammenarbeit wird der Entwicklung und Vermarktung der Meeresströmungs-Technologie einen enormen Schub geben”, sagt der Voith-Vorstandsvorsitzende Hubert Lienhard.
Voith liefert das technische Wissen, RWE Innogy entwickelt das Projekt und betreibt als Kunde die Turbinen. Doch auch andere Energiekonzerne sollen als Kunden gewonnen werden. RWE Innogy werde sich auf Europa konzentrieren - etwa auf die britischen Inseln, sagt Vahrenholt.
Im Jahr 2007 standen in Deutschland nach Angaben des Bundesverbandes Erneuerbare Energie in Berlin Wasserkraft-Anlagen mit einer installierten Leistung von 4720 Megawatt.
Für das Jahr 2020 prognostiziert der Verband 6500 Megawatt installierte Leistungen. Allerdings sind darin nur die erneuerbare Wasserkraft aus Laufwasserkraftwerken, Speicherkraftwerken und dem natürlichen Zulauf in Pumpspeicherwerken enthalten.
In Deutschland sei eine Stromerzeugung aus Meeresströmung kaum möglich, sagt ein Sprecher.
Die Verträge sind unterschrieben, die Zusammenarbeit muss aber noch vom Kartellamt genehmigt werden. Voith hält 80 Prozent, die RWE- Tochter 20 Prozent der Firmenanteile.
Die Kooperation wird als Tochterfirma des Konzernbereichs Voith Hydro unter dem Namen Voith Hydro Ocean Current Technologies firmieren.
Das Gemeinschaftsunternehmen wird zunächst 20 Mitarbeiter beschäftigen. „Das ist aber ein großer Markt. Es wird zusätzlicher Mitarbeiter bedürfen, wenn wir den ersten Schritt hinter uns haben”, sagt Lienhard.
Sobald die Serienproduktion starte, werde es um zusätzliche Arbeitsplätze gehen.