Stuttgart : Vogelschlagbeauftragter des Flughafens ist mit den Füchsen im Bunde
Stuttgart Es ist ein Kampf David gegen Goliath, doch die Folgen können verheerend sein. Dass Vögel am Flughafen eine Passagiermaschine in Not bringen könnten wie vor kurzem in Italien, ist Hans-Peter Schmids Alptraum. „Vor allem bei einem Absturz hätte ich ein echtes Problem”, sagt der 47-Jährige.
Schmid ist als einer von rund zwei Dutzend Vogelschlagbeauftragten in ganz Deutschland zuständig für den Stuttgarter Flughafen. Er hat dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Federvieh über den Start- und Landebahnen herumflattert. Eine Sisyphusarbeit, bei der er sich unter anderem von Füchsen helfen lässt.
Schmid steht im engen Kontakt mit seinen Kollegen an den anderen Flughäfen, und er ist Vize-Vorsitzender des Deutschen Ausschusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr (DAVVL). Von Mitgliederversammlungen weiß er, dass die Arbeit der Vogelschlagbeauftragten unterschiedlich schwer sein kann. „Hamburg hat viel größere Probleme - mit den ganzen Seevögeln. In Köln sind sie dagegen geringer, weil es in der Wahner Heide kaum Mäuse gibt.”
Stuttgart habe eine Rate von 2,4 Vogelschlägen auf 10.000 Flugbewegungen. Anders als bei Vogelschlag-Unfällen etwa in Belgien und den USA habe es in Stuttgart bei den Zusammenstößen von Tier und Maschine bislang keine Verletzten oder Toten gegeben. Allerdings haben sie schon mal kostspielige Reparaturen und Verspätungen von einigen Stunden zur Folge.
Schmids Kontrahenten sind zahlreich. Vor allem Stare machen ihm zu schaffen, weil sie im Juni und Juli zum Teil in riesigen Schwärmen auftreten. „Wenn sie in die Triebwerke gesaugt werden, können sie ein Flugzeug zum Absturz bringen.”
Nager, die in den großen Wiesenflächen zwischen den Asphaltbahnen leben, locken auch Greifvögel wie Bussarde und Falken an. Selbst wenn diese nicht ins Triebwerk geraten, kann ein Zusammenprall richtig teuer werden. Sogar bei überschaubaren Schäden müssen die Flugzeuge meist einen Werkstatt-Stopp einlegen, weil das Risiko sonst zu hoch wäre.
Doch was tun, wenn sich die Vögel nicht an die menschlichen Flugpläne halten wollen? Schreckschüsse sind keine Hilfe, denn sie verjagen die Störenfriede höchstens kurz. Doch nach zehn Jahren als Vogelschlagbeauftragter weiß der Facility-Manager genau, wo er den Hebel ansetzen muss. „Wenn die Vögel hier keine Nahrung und keine Brutmöglichkeiten finden, dann ziehen sie weiter”, sagt er. Was so einfach klingt, hält ihn in der Praxis permanent auf Trab. Junghasen und Mäuse müssen von der Speisekarte der Greifvögel gestrichen werden, außerdem müssen Würmer und leckeres Saatgut unattraktiv gemacht werden.
Früher hat Schmid nach Regenfällen schon mal die Kehrmaschinen rausgeschickt, um Regenwürmer von den Start- und Landebahnen zu fegen. Mittlerweile gibt es Auffangrinnen, die die Kriecher nicht überwinden können. Gegen die Feldmäuse in den Wiesen geht er mit Pflanzenschutzmitteln vor. Zudem hat er noch etwas anderes in petto, damit etwa Stare und die immer zahlreicher werdenden Graureiher nicht in den Flughafen-Wiesen heimisch werden: Er lässt nur jede zweite Bahn mähen. Dazwischen bleibt das hohe Gras stehen. „Das mögen die Vögel nicht, weil sie immer fürchten müssen, dass aus dem hohen Gras ein Feind auftaucht.”
Und dass es einen Feind gibt, dafür hat Schmid ebenfalls gesorgt: Er hat Füchse eingeladen, es sich am Flughafen gemütlich zu machen. Von den fünf Fuchsbauen wurden vier künstlich angelegt. Seit sie immer mal bewohnt werden, hat Schmid zum Beispiel keine Probleme mehr mit Kiebitzen und Rebhühnern, die aus Artenschutzgründen nicht gejagt werden dürfen. Auch Hasen seien fast komplett verschwunden. Und anders als die Vögel kann ein Fuchs den Start oder die Landung eines Flugzeugs nicht gefährden, weil er am Boden bleibt.
Von Kollegen weiß Schmid, dass auch abgerichtete Hunde wunderbare Helfer im Kampf gegen die unliebsamen, gefiederten Besucher sein können, doch rund 20.000 Euro für ein ausgebildetes Tier seien ihnen doch etwas zu teuer. „Die Füchse arbeiten umsonst - ohne Personalkosten.”