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Berlin: Mehr Schutzgebiete, weniger Pestizide

Berlin : Mehr Schutzgebiete, weniger Pestizide

Umweltverbände freut es, Landwirte laufen dagegen Sturm: Das Bundeskabinett beschließt nach langem Streit ein Gesetzespaket zum Insektenschutz.

Nach monatelangem Ringen hat das Bundeskabinett am Mittwoch das Gesetzespaket zum Insektenschutz beschlossen. Wie Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) mitteilten, sind sowohl die Neufassung des Insektenschutzgesetzes als auch die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung auf den Weg gebracht worden.

Die Pläne waren zuvor auf heftigen Widerstand gestoßen – vor allem seitens der Landwirte. Diese befürchten wirtschaftliche Einbußen durch einen restriktiveren Einsatz von Pestiziden, den vor allem die Verordnung zum Pflanzenschutz neu regelt.

Der Entwurf des Insektenschutzgesetzes sieht unter anderem vor, dass Biotope wie Streuobstwiesen und artenreiches Grünland für Insekten als Lebensräume erhalten bleiben. Auch die Lichtverschmutzung als Gefahr für nachtaktive Insekten soll künftig eingedämmt werden.

Die parallel vom Bundeslandwirtschaftsministerium eingebrachte Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung regelt unter anderem den Einsatz des umstrittenen Herbizids Glyphosat neu. Die Anwendung soll zunächst stark eingeschränkt und bis Ende 2023 ganz verboten werden. Umweltverbände wie der Nabu oder der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) reagierten am Mittwoch mit Zustimmung.

In Schutzgebieten soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark eingeschränkt und teils verboten werden. Ausnahmen vom Verbot gibt es etwa für den Obst-, Gemüse- und Weinanbau. Darüber hi­naus legt die Verordnung für den Einsatz von Pestiziden einen allgemein einzuhaltenden Mindestabstand zu Gewässern fest, der sich zwischen fünf und zehn Metern bewegt. Bereits getroffene Kompromisse in den Bundesländern sollen, anders als zuvor befürchtet, weiter gelten dürfen.

Das kritisierte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft: „Das geplante Aufbringungsverbot von Pflanzenschutzmitteln im Abstand von zehn Metern zu Gewässern“ sei aber ein großer Fortschritt, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand. Wenn aber jedes Bundesland eine eigene Regelung dazu treffen könne, sei das Verbot möglicherweise in Gefahr.

Ganz anders die Position der Landwirte, die sich auch weiterhin gegen Auflagen wehren und ihre Existenzgrundlage bedroht sehen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, kritisierte das Gesetzespaket als kurzsichtig und „strategischen Fehler für die Naturschutzpolitik“.

Protest kam auch aus der Opposition. Das Vorhaben zum Insektenschutz entbehre „jeder validen wissenschaftlichen Grundlage“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Frank Sitta. Mit dem Paket werde „eine kalte Enteignung von Tausenden Betrieben in Kauf“ genommen.

(dpa)