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Unicef-Aktion „Hilfe für die Klimaopfer“: Die meterhohen Wellen rissen ihr Dorf weg

Unicef-Aktion „Hilfe für die Klimaopfer“ : Die meterhohen Wellen rissen ihr Dorf weg

Mosambik: Lernen und genesen im Trümmerfeld

Auf den Spuren des Zyklons Kenneth im Norden von Mosambik: Die Familie der 38-jährigen Mayassa wurde durch die Zerstörung ihres Dorfs von der Küste vertrieben. Unicef hilft dort in einem höher gelegenen Camp.

„Zukunft?“ fragt Mayassa, „Was ist das? Überleben meine Kinder die?“ Wir sind im Norden von Mosambik auf den Spuren des Zyklons Kenneth und gehen mit der 38-jährigen Mutter von drei Töchtern und einem Sohn zurück in ihre Heimat. Die liegt zwar nur acht Kilometer entfernt, ist für Mayassa aber aus der Welt: Eine Rückkehr dorthin ist ausgeschlossen.

Wir gehen trotzdem für ein paar Minuten an diesen eigentlich heim­eligen Ort, nur unweit vom Strand am Indischen Ozean entfernt. Mayassa will uns zeigen, wo sie lebte, bevor die Familie von den extrem heftigen Folgen des Klimawandels von der Küste vertrieben wurde. „Meine Eltern und Großeltern haben hier schon gelebt, noch nie ist die Wucht eines Zyklons so extrem gewesen“, nimmt sie die Veränderung wahr. Derweil haben wir das zerstörte und menschenleere Geisterdorf Nanjua erreicht, links und rechts sieht man nur noch die Gerippe von Bambushäusern.

Mayassas toter Heimatort hat die Zusatzbezeichnung „1“ erhalten. „Nanjua 2“ heißt jetzt jenes Viertel des Vertriebenen-Camps „Tara Tara“ oben auf dem Plateau, wohin sich insgesamt 147 Familien mit rund 800 Personen gerettet haben, die ebenfalls von der Küste fliehen mussten.

„Die Wellen waren sechs bis acht Meter hoch, unvorstellbar war das Getöse, furchterregend. Wir hatten so etwas noch nie erlebt.“ Mayassa berichtet vom Hurrikan, der verheerende Auswirkungen hatte. Von der Wucht der Fluten sind Bäume umgeknickt und mitgerissen worden, Häuser abgetragen oder vollständig weggefegt. Das Dorf Nanjua ist zudem umgeben von zwei Lagunen, die sich wie das Meer in tobendes Wasser wandelten. Nahrhafter Löss hat sich in die Böden hineingespült, extrem fruchtbar ist das Land geblieben.

„Deshalb nutze ich einige Felder, die vom Meer etwas weiter entfernt sind, auch weiter zur Landwirtschaft“, sagt Mayassa, die bald wieder Reis, Bohnen und Mais ernten kann. Nur leben kann sie an diesem einst so vertrauten Ort nicht mehr: „Wir werden dort nie mehr ein Gefühl der Sicherheit haben“, sagt die Mutter – und erzählt von den Kindern: „Die haben viele Wochen gebraucht, bis sie diesen Albtraum überwunden haben.“

Selbst die Schule von Nanjua liegt in Trümmern. Für die hat Unicef im Camp Ersatz in Zelten geschaffen, für die kleineren Jungen und Mädchen betreibt das Kinderhilfswerk eine Spielzone, in der sie das Erlebte spielerisch verarbeiten können. So sind alle vier Kinder von Mayassa – Abu (5), Lidia (8), Pinia (14) und Felisma (16) – einen Teil des Tages in Obhut von Unicef und Partnern, die damit ein Stück Normalität in deren Kindheit bringen.

Dieses Konzept verfolgt Unicef weltweit: „Es ist so wichtig, dass die Kinder gerade in Notsituationen geschützten Raum um sich herum wahrnehmen, Sicherheit und Unbeschwertheit erfahren. Und gleichzeitig Erlebtes verarbeiten. Dazu gehören Spielen, Malen, Singen und Tanzen“, sagt Unicef-Krisenmanager Daniel Timme.

Immerhin sorgt die improvisierte Struktur von „Tara Tara“ für ein Mininum an Versorgung der Menschen. Zweimal am Tag lässt Unicef einen Tanklaster kommen, der ein etwa vier Quadratmeter großes, beigefarbenes Luftkissen mit Wasser füllt, das in acht Kränen angezapft werden kann. Vor der Nutzung müssen die Vertriebenen das Wasser in ihren Eimern mit Chlortabletten mischen, um es zu reinigen. „Jede dieser Tabletten sorgt für etwa fünf Liter gereinigtes Trinkwasser“, sagt Mayassa. 10.000 Tabletten haben einen Spendenwert von 41 Euro.

Mayassa kann zusätzlich mit einer Basis-Versorgung durch das World Food Programm rechnen. Die Mutter sieht die Situation ihrer Familie so: „Mit unserem früheren Leben hat das nichts mehr zu tun. Aber wir überleben.“