Mainz : Böhmermann droht nach Schmähkritik eine Haftstrafe
Mainz Mit seinem Schmähgedicht über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan könnte sich der ZDF-Moderator Jan Böhmermann strafbar gemacht haben.
Zu diesem Schluss kommt jedenfalls das Auswärtige Amt (AA) in einer internen juristischen Prüfung, die nach Informationen des Berliner „Tagesspiegel“ noch vor dem Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem türkischen Premierminister Ahmet Davutoglu am Sonntag in Auftrag gegeben wurde. Der ZDF-Moderator und Satiriker hatte Erdogan unter anderem als „Ziegenficker“ geschmäht. Der Sender hatte den Beitrag kurz darauf aus der Mediathek entfernt.
Derweil hat die Staatsanwaltschaft Mainz Ermittlungen gegen Böhmermann eingeleitet. Auf Anfrage unserer Zeitung heißt es dazu von Andrea Keller, der leitenden Oberstaatsanwältin: „Wegen des in der Sendung ‚ZDF Neo Royal‘ am 31. März 2016 ausgestrahlten Gedichts sind bei der Staatsanwaltschaft Mainz bislang rund 20 Strafanzeigen von Privatpersonen eingegangen.“ Das Ermittlungsverfahren werde wegen Verdachts des Verstoßes gegen Paragraf 103 Strafgesetzbuch geführt. Dieser bezieht sich auf Beleidigung von Organen oder Vertreter ausländischer Staaten. Das kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden.
Zur Sicherung der Beweise fordere die Staatsanwaltschaft einen Mitschnitt der Sendung an und werde entsprechend Ziffer 210 der Richtlinien für das Bußgeld- und Strafverfahren das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf dem Dienstweg unterrichten, heißt es von der Staatsanwaltschaft weiter. Außerdem sei zu klären, ob seitens der Türkei beziehungsweise ihres Staatsoberhauptes ein Strafverlangen gestellt werde. Die bereits eingegangen und mutmaßlich noch eingehenden weiteren Anzeigen werden nun in dem zusammengeführt und bearbeitet.
Trotz der aktuellen Kritik bekommt Böhmermann für eine Satire rund um den Mittelfinger des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis am Freitagabend in Marl den Grimme-Preis. Ihm gebühre das Verdienst einer großen Medienkritik, hatte die Grimme-Jury ihre Entscheidung begründet.