Skandal um Obdachlosenheim : Würselens Bürgermeister bedauert Platzverweise für Journalisten
Würselen Reporter unserer Zeitung, die skandalöse Zustände in einem Würselener Obdachlosenheim recherchieren, erhalten Platzverweise. Der Deutsche Juornalistenverband kritisiert die Stadt dafür scharf. Jetzt rudert Bürgermeister Roger Nießen (CDU) zurück.
Es hat ein paar Tage gedauert, aber jetzt ergreift auch Würselens Bürgermeister Roger Nießen erstmals öffentlich das Wort im Zusammenhang mit den skandalösen Zuständen im Obdachlosenheim in der Würselener Neustraße. Und der Christdemokrat rudert kräftig zurück. Allerdings nicht, was die Zustände in dem Haus angeht, in dem Obdachlose über Jahre hinweg in einem völlig verschimmelten Zimmer hausten.
Dazu hat der Bürgermeister bisher noch kein Wort gesagt. Dagegen äußert er sein Bedauern darüber, wie Mitarbeiter des Würselener Ordnungsamts mit Journalisten unserer Zeitung umgegangen sind. „Leider sind in der Vergangenheit hier sicherlich Fehler passiert“, sagt Nießen.
Nachdem unsere Zeitung die skandalösen Zustände in dem Obdachlosenheim enthüllt hatte, waren am vergangenen Sonntag zwei unserer Reporter vom Ordnungsamt mit Platzverweisen belegt worden. Sie hatten vor Ort in der öffentlichen Einrichtung recherchiert und mit Bewohnern gesprochen. Die Mitarbeiter des Ordnungsamts erklärten, sie dürften dies ohne Erlaubnis nicht tun – obwohl in der entsprechenden Satzung der Stadt Würselen über solche Einrichtungen von Besuchserlaubnissen nicht die Rede ist.
Unsere Zeitung berichtete über diese Einschränkung der Pressefreiheit, der Deutsche Journalistenverband (DJV) in NRW kritisierte den Bürgermeister für das Vorgehen seiner Mitarbeiter scharf: „Die Stadt Würselen versteckt sich hier hinter ihrem Hausrecht“, erklärte der Geschäftsführer des DJV-NRW, Volkmar Kah. „Bürgermeister Nießen sollte dringend überdenken, ob er den wichtigen Informationsauftrag unserer journalistischen Kollegen, die Bürger der Region über das Geschehen in ihrer Stadt in Kenntnis zu setzen, weiterhin behindern möchte.“
Das möchte er nicht. „Die Pressefreiheit ist ein sehr hohes Gut“, erklärt der Bürgermeister nun. Er „bedaure es sehr“, dass „durch die Ereignisse seit letzten Freitag der Eindruck entstanden ist, dass Mitarbeiter der Stadt Würselen und damit die Stadt die Pressearbeit gezielt behindern würden beziehungsweise behindern wollen und damit das hohe Gut der Pressefreiheit gefährden.“ Die Vorfälle der vergangenen Tage würden nun „im Nachgang kritisch überprüft“.
Neben den Platzverweisen für unsere Reporter hat die Stadt auch Hausverbote gegen die fraktionslose Ratsfrau Claudia Küppers und deren Lebensgefährten ausgesprochen, die auf die Missstände hingewiesen hatten. Sie dürfen die Einrichtung bis zum 30. April nicht mehr ohne Erlaubnis betreten. Außerdem sollen Bewohner eigenen Angaben zufolge von Mitarbeitern des Ordnungsamts unter Druck gesetzt worden sein, damit sie nicht mehr mit der Presse reden. Auch der gesetzliche Betreuer einer Bewohnerin berichtete davon, dass die Stadt mit diesem „Ansinnen“ an ihn herangetreten sei – was er jedoch abgelehnt habe.