Streit um barrierefreies Bauen : Widerstand gegen Bau-Novelle wächst
Düsseldorf Legt Schwarz-Gelb beim barrierefreien Bauen in NRW den Rückwärtsgang ein? Mieterschützer, Sozialverbände und sogar die Behindertenbeauftragte der Landesregierung sehen das so. Die CDU widerspricht. Noch wäre Zeit für eine Annäherung.
Die geplante Bau-Novelle der nordrhein-westfälischen Landesregierung stößt auf wachsenden Widerstand. Sowohl das von 21 Organisationen getragene Bündnis „Wir wollen wohnen“ als auch die SPD-Opposition und die Behindertenbeauftragte der Landesregierung beklagten, das Gesetzesvorhaben schwäche barrierefreies Bauen. Die CDU widersprach dem. Tatsächlich werde die Pflicht zur Barrierefreiheit deutlich ausgeweitet, sagte der baupolitische Sprecher der Fraktion, Fabian Schrumpf.
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) widersprach am Dienstag entschieden. Die Kritik entbehre jeder Grundlage, hielt sie dagegen. Im Vergleich zur rot-grünen Vorgängerregierung habe sie die Kriterien für den barrierefreien Wohnungsbau deutlich angezogen. Im Gegensatz zu den kritisierenden Sozialverbänden müsse sie aber „am Ende abwägen zwischen freier Zugänglichkeit von Wohnungen und bezahlbaren Mietpreisen“.
Am Freitag werden im Düsseldorfer Landtag Sachverständige zu den Regierungsplänen gehört. Die neue Landesbauordnung soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.
In der am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung des Aktionsbündnisses, die unter anderem vom Deutschen Mieterbund, dem Sozialverband VdK und der Arbeiterwohlfahrt unterzeichnet ist, heißt es, beim Bau barrierefreier Wohnungen für Ältere und Behinderte hinke NRW hinterher. Trotzdem wolle die Landesregierung die Standards absenken.
Demnach sollten Wohnungen künftig nur noch „im erforderlichen Umfang“ barrierefrei sein. Die Einfügung eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffs führe zu erheblicher Unsicherheit, kritisierte das Bündnis. Die SPD-Opposition forderte, Barrierefreiheit in der Landesbauordnung verbindlich zu regeln.
Zuvor hatte bereits die Behindertenbeauftragte der Landesregierung, Claudia Middendorf, betont: „Barrierefreiheit ist mehr als eine wohlwollende Nettigkeit.“ Der Änderungsentwurf der Landesregierung widerspreche den Grundsätzen der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, die Deutschland unterzeichnet habe.
„Ein Wegfall der Regelungen zum nachträglichen Einbau von Treppenliften ist ebenso wenig hilfreich wie ein Aufzug, der zwar barrierefrei erreichbar, jedoch nicht barrierefrei sein muss“, kritisierte Middendorf. Barrierefreies Bauen und Wohnen müsse Standard werden statt auf bestimmte Räume und Zugänge beschränkt zu bleiben. Daher müsse es eine Neuauflage der geplanten Novelle geben.
Die CDU sprach hingegen von „diversen Missverständnisse“ - etwa beim nachträglichen Einbau von Treppenliften. Tatsächlich sei dafür gar keine Erlaubnis der Bauaufsichtsbehörden mehr nötig, erklärte Schrumpf. „Das Verfahren wird schneller und einfacher.“