Grimme Online Award : Wenn das erste Mal auf Anhieb preisverdächtig wird
Aachen/Köln Unsere Zeitung hat im Januar ihren ersten Podcast veröffentlicht. „Narcoland – Das Meth-Kartell im Dreiländereck“ von und mit Alexander Gutsfeld ist nun für den Grimme Online Award nominiert worden.
Radfahren, golfen, schreiben, Musik machen, Sex... Das erste Mal macht zwar meist Spaß, preisverdächtig ist es aber eher selten. Man probiert etwas aus, hat wenig Übung und muss sich erst einmal die nötige Routine verschaffen. Darum waren unserer Erwartungen an „Narcoland“, den ersten Podcast von Aachener Zeitung und Aachener Nachrichten, auch nicht allzu überbordend. Es war ein Experiment, mit dem wir Podcast-Erfahrungen sammeln wollten. Nun ist dieses Experiment für den renommierten Grimme-Online-Award nominiert.
Dass dieses erste Mal so erfolgreich wurde, hängt in erster Linie mit Alexander Gutsfeld zusammen. Der gebürtige Münchner und damalige Schüler der Deutschen Journalistenschule (djs) hatte sich im Januar 2021 bei uns für ein sogenanntes Regional-Fellowship beworben. Das ist eine djs-Zusammenarbeit mit regionalen Medienhäusern, bei denen die Journalistenschüler ein größeres regionales Projekt umsetzen sollen. Einen Podcast würde er gerne machen, genauer einen sogenannten True-Crime-Podcast, in dem er sich auf die Spur der Droge Crystal Meth im Dreiländereck begeben wolle. Obgleich die Redaktion vom Thema ziemlich „angefixt“ war, gab es eine gewisse Skepsis. Wir hatten so gut wie keine Podcast-Erfahrung und die journalistische Bearbeitung eines solchen Themas benötigt nicht nur Szenekenntnisse und gute Kontakte zu Ermittlern, sondern vor allem Akribie und eine gewisse Unerschrockenheit. Die Skepsis unterlag schließlich der journalistischen Lust auf das Thema. Zum Glück.
Knapp ein Jahr später wird „Narcoland – Das Crystal-Meth-Kartell im Dreiländereck“ schließlich veröffentlicht. Zunächst exklusiv für unsere Abonnentinnen und Abonnenten, später dann auch über die üblichen Portale wie Spotify & Co. In fünf Folgen begibt Gutsfeld sich auf eine Reise, die ihn aus dem Dreiländereck nach Prag, Amsterdam, Hamburg und gedanklich sogar nach Mexiko verschlägt, um schließlich wieder im Dreiländereck zu enden. Er spricht mit einem tschechischen Crystal-Meth-Koch, einem niederländischen Ex-Dealer, einem Kartell-Anwalt aus den Niederlanden und einem Meth-Konsumenten aus Heinsberg, der eindrücklich von der furchterregenden Droge erzählt, die durch die Serie „Breaking Bad“ berühmt wurde. Gutsfelds Ergebnisse sind zu vielfältig, um sie hier alle aufzulisten. So viel sei gesagt: Crystal Meth ist in der Grenzregion präsenter als der Normalbürger denkt – auf unterschiedliche Weise.
Dass der Podcast so gut und ein so großer Erfolg wurde, hängt aber nicht nur mit der Hartnäckigkeit von Gutsfeld zusammen, der ein halbes Jahr recherchiert und dann noch mal drei Monate produziert hat, sondern liegt auch an der vielfältigen Hilfe, die er erfuhr. Mitschüler aus München ließen ihn an ihren Podcast-Erfahrungen teilhaben, sein Vater komponierte den Soundtrack, Redakteurinnen und Redakteure aus dem Medienhaus halfen bei Kontakten sowie beim Feintuning des Skripts und auch das kongeniale Cover des Podcasts kommt aus dem Medienhaus. Die aufwändige Postproduktion übernahm schließlich die Aachener Produktionsfirma „With love and data und wundervoices“, die quasi in Rufweite zum Medienhaus residiert. Hinter dem Host Gutsfeld steht also ein großes Team, das sich ebenso über die Grimme-Nominierung freut. „‚Narcoland‘ war das größte Abenteuer meiner zugegebenermaßen noch nicht sehr langen journalistischen Laufbahn“, sagt Gutsfeld nach der Nominierung. „Das Projekt wurde aber nur möglich, weil ich bei der Arbeit von so vielen Menschen unterstützt wurde.“
Seit 2001 wird der Grimme Online Award verliehen. Der kleine Online-Bruder des Grimme-Preises hat inzwischen einen enormen Stellenwert, den man auch daran erkennen kann, dass nicht erst zur Preisverleihung, sondern bereits zur Nominierung geladen wird. Am Mittwoch im Kölner Mediapark wurden die 27 Nominierten in vier Kategorien bekannt gegeben. Darunter mit einer großen thematischen Bandbreite alles, was das Online-Herz aufgehen lässt: Tik-Tok-, Instagram- und Youtubekanäle, multimediale Experimente, Computerspiele und ganz viele Podcasts. „Narcoland“ ist in der Kategorie Information nominiert, neben dem sehr bekannten Podcast „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“ sowie Angeboten vom SWR, dem NDR und der „Zeit“.
Namhafte Konkurrenz, die Chefredakteur Thomas Thelen stolz macht: „Für ein regionales Medienhaus wie unseres ist bei einem solch renommierten Preis bereits die Nominierung ein großer Erfolg.“ Auch für „With love and data und wundervoices“-Geschäftsführer Alex Jacobi ist „Narcoland“ etwas Besonderes: „Für uns ist das ein Traumprojekt, bei dem wir einfach ja sagen mussten. Wir konnten so unsere Expertise in der Podcastproduktion zum ersten Mal in eine eigene Ko-Produktion mit dem Medienhaus Aachen einbringen. Damit dann direkt für den Grimme Online Award nominiert zu sein, macht uns natürlich stolz.“
Alle Beteiligten blicken daher entspannt auf die Preisverleihung am 23. Juni in Köln. Bis dahin hat die Jury ihre Entscheidung über die acht Preisträger getroffen. Außerdem gibt es noch einen Publikumspreis, über den das Netz-Publikum entscheiden kann. Wer dabei „Narcoland“ unterstützen will, sollte hier fündig werden: www.grimme-online-award.de/voting. Und sollten Sie – aus welchen Gründen auch immer – noch gar nicht dazu gekommen sein, „Narcoland“ zu hören, geht es hier lang: www.aachener-zeitung.de/thema/narcoland/
Unabhängig vom Ergebnis der Preisverleihung versprechen wir übrigens, dass der erste nicht der letzte Podcast aus dem Medienhaus bleibt.