Zu viele Risiken : Warum Schwangere nicht gegen Corona geimpft werden
Düren Der Dürener Chefarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Axel Sauerwald, kann sich kaum Fälle vorstellen, bei denen der Nutzen einer Corona-Impfung bei Schwangeren die unbekannten Risiken aufwiegt.
Schwangeren wird aktuell nicht empfohlen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Weil Menschen, die ein Kind erwarten, bislang nicht in große klinische Studien für die zugelassenen Vakzine eingeschlossen waren, liegen zu wenig Daten dazu vor, welche Nebenwirkungen eine Impfung für sie haben kann.
„Zu Recht ist man bei der Impfung von Schwangeren sehr vorsichtig“, sagt dazu Axel Sauerwald, Chefarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am St.-Marien-Hospital in Düren. Auch seltene Nebenwirkungen könnten sich bei dieser Gruppe stark auswirken.
„Wir sprechen hier von neuen Impfstoffen, bei denen die Risiken noch nicht in Gänze abgesehen werden können“, sagt Sauerwald. Bestes Beispiel seien die aufgetretenen Thrombose-Fälle nach Astrazeneca-Impfungen. Wenn man eine Impfung während der Schwangerschaft oder während des Wochenbetts in Betracht ziehe, sollte wegen des ohnehin erhöhten Thrombose-Risikos in jedem Fall eher auf einen mRNA-Impfstoff (Biontech/Pfizer, Moderna) als auf einen Vektor-Impfstoff (Astrazeneca, Johnson & Johnson) zurückgegriffen werden.
Ob eine Impfung trotz Schwangerschaft infrage kommt, sollte im Einzelfall mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt abgeklärt werden, empfiehlt Sauerwald. Risiken und Nutzen einer Impfung müssten dann von Fall zu Fall abgewogen werden. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass eine Impfung in vielen Fällen infrage kommt“, so der Facharzt.
Schließlich gehörten Schwangere in der Regel nicht zu den Hochrisikogruppen – also Menschen hohen Alters, schwer Herz- oder Lungenkranken. Einige kleinere Untersuchungen mit Impfungen bei Schwangeren geben Anzeichen dafür, dass es keine stark erhöhten Risiken gibt, allerdings seien die Studien noch zu klein, um wirklich verlässlich zu sein, berichtet Sauerwald. Enge Kontakpersonen und werdende Väter dürfen sich bereits impfen lassen, um Schwangere zu schützen.
Auch nach der Entbindung sollten sich junge Mütter noch ein wenig gedulden, bevor sie einen Impftermin machen, meint Sauerwald. Während des Wochenbetts, das sechs bis acht Wochen dauern kann, ist das Risiko für Thrombosen weiter erhöht. Zwar hält die Ständige Impfkommission es für sehr unwahrscheinlich, dass eine Impfung während der Stillzeit ein Risiko für den Säugling darstellt. Klinischen Daten gibt es über Stillende allerdings ebenso wenig wie über Schwangere. „Deshalb sollte aber niemand auf das Stillen verzichten“, sagt Sauerwald.
Der aktuellen Impfempfehlung entsprechend dürften junge Mütter in der Regel aufgrund ihres Alters aktuell sowieso meist noch keine Impfung bekommen.
Auch wenn die Mutter sich mit dem Coronavirus infiziert, sieht der Dürener Facharzt das Enstehen einer engen Bindung als sehr viel wichtiger an als den Schutz des Babys vor einer Infektion. „Ich bin nicht dafür, dass man den Kontakt in diesem Fall unterbindet“, sagt Sauerwald. Bei Neugeborenen, deren Mütter eine Infektion hinter sich haben, ließen sich zudem Antikörper gegen das Virus feststellen – die Babys haben also einen sogenannten Nestschutz.