NRW-Innenminister : Umtriebe bei Polizei melden
Düsseldorf Besondere Umstände führen zu einer besonderen Maßnahme: NRW-Innenminister Herber Reul (CDU) hat sich das erste Mal mit einer E-Mail an alle 50.000 Beschäftigten der Polizei gewandt – und sie dazu aufgerufen, extremistische Umtriebe zu melden.
Nach der Enthüllung rechtsextremer WhatsApp-Chats hat sich der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) in einer E-Mail an alle 50.000 Beschäftigten der NRW-Polizei gewandt. Er rief eindringlich dazu auf, strafrechtlich relevante Inhalte aus dem Kollegenkreis zu melden. „Ich bin davon überzeugt, dass wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen“, so Reul in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
„Um es klar zu sagen: Ich möchte kein Denunziantentum fördern, und es geht auch nicht darum, jede Äußerung, die während eines Einsatzes und im Eifer des Gefechts gemacht wurde auf ihre politische Korrektheit abzuklopfen“, so Reul. „Ich appelliere stattdessen an Ihren und unser aller gesunden Menschenverstand. Ich glaube, die Beschäftigten der Polizei in Nordrhein-Westfalen haben ein gutes Gefühl dafür, was geht und wo Grenzen überschritten werden.“ Ab diesem Punkt gebe es „keine Toleranz. Das ist Ihre Pflicht und mein klarer Auftrag an Sie“, schrieb Reul in seiner ersten Mail dieser Art an alle Bediensteten überhaupt.
„Die kommenden Tage werden vielleicht nicht leicht“, so der Minister weiter: „Etwa wenn Sie im Dienst oder auch im privaten Umfeld unter den Enthüllungen der vergangenen Woche leiden, weil Bürger oder Bekannte Sie ansprechen, Ihnen vielleicht sogar unterstellen, selbst Extremisten zu sein. Das tut dann weh, aber ich bin davon überzeugt, dass wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen. Und zwar, wenn wir transparent sagen, was ist, nichts unter den Teppich kehren.“
Bei der NRW-Polizei waren fünf Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten aufgedeckt worden. Bislang wurden 30 Polizisten vorläufig vom Dienst suspendiert. 14 sollen endgültig aus dem Dienst entfernt werden. Reul hatte am Tag der Enthüllung, dem 16. September, die Erstellung eines Lagebilds Rechtsextremismus bei der Polizei in NRW angekündigt.
„Wie können diese Leute es überhaupt wagen, diese Uniform anzuziehen? Gibt es mehr von denen? Auch ich stelle mir diese Fragen und ich möchte Ihnen und Ihren Angehörigen – denn Polizei ist immer auch Familie – versichern, dass ich alles tun werde, um Antworten zu geben“, so Reul in seiner E-Mail.
„Rechtsextremisten haben in unserer Polizei nichts zu suchen! Dennoch gibt es sie offenbar, wie wir an den Enthüllungen der vergangenen Woche sehen, und es handelt sich nicht um Einzelfälle. Unser gemeinsames Ziel muss nun sein, diese Leute sichtbar zu machen, ihrer habhaft zu werden und sie aus der Polizei zu entfernen“, schrieb der Minister.
In einem Interview mit der Zeitung „Welt“ (Mittwoch) hatte er gesagt, dass bei den Behörden Hinweise auf weitere „Grenzüberschreitungen“ durch Beamte eingegangen seien. „Wir erhalten einen ganzen Schwung von Hinweisen aus Polizeikreisen oder von Bürgern.“ Er begrüße diese Hinweise, sagte Reul der Zeitung. „Da sagt jemand: Ich war selbst lange in einer solchen Chatgruppe und habe tatenlos zugeschaut. Aber jetzt sage ich es. Oder eine junge Frau, die von Vorfällen in der Ausbildung berichtet. Das schauen wir uns jetzt an.“
Um Täter schneller belangen zu können, brachte er eine Verschärfung des Disziplinarrechts ins Spiel: „Das ist ja ein Gesetz, das lässt sich, wenn notwendig, auch verbessern. Ziel muss sein, das wir bei Extremisten in den eigenen Reihen handlungsfähig bleiben.“