Sturm „Ylenia“ : Umgestürzte Bäume, Sperrungen und Stromausfälle
Update Aachen/Düren/Heinsberg Der Sturm „Ylenia“ hat in der Nacht in der Region und weiten Teilen von NRW zu Feuerwehreinsätzen geführt. Dabei ging es besonders häufig um umgestürzte Bäume. Auch der Strom fiel an einigen Orten aus.
Das Sturmtief hat am frühen Donnerstagmorgen in der Region und Nordrhein-Westfalen mit Orkanböen bis 110 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit für erhebliche Verkehrsbehinderungen gesorgt. Es gab zahlreiche Einsätze von Polizei und Rettungskräften. Schwere Unfälle oder gar Tote wurden aber zunächst nicht gemeldet. Die für die Nacht zum Donnerstag ausgesprochene amtliche Unwetterwarnung vor orkanartigen Böen wurde am Vormittag aufgehoben.
Am Morgen waren besonders kleinere Strecken gesperrt. Wie die Polizei in der Städteregion Aachen berichtete, musste gegen 5 Uhr die Hahner Straße (Landesstraße 12) zwischen Lammersdorf und der Abzweigung Rott komplett gesperrt werden. Dort sind mehrere Bäume umgestürzt und versperren die Fahrbahn. Auch am Nachmittag gab es an dieser Stelle noch keine Entwarnung, die Arbeiten laufen weiter. Auch die Bundesstraße 266 zwischen Einruhr und Vogelsang im Kreis Euskirchen ist wegen Sturmschäden gesperrt. Aufgrund von umstürzenden Bäumen sind aus Sicherheitsgründen derzeit keine Räumarbeiten möglich. Die Sperrung wird voraussichtlich bis Freitagnachmittag bestehen bleiben, sofern die Witterungsbedingungen eine Räumung zulassen, erklärt Straßen.NRW.
Im Braunkohlerevier war die Autobahn A44n zwischen Kreuz Holz und Dreieck Jackerath bereits am Mittwochabend in beide Richtungen gesperrt worden. Da die Autobahn direkt am Tagebau Garzweiler entlang führt, können die Böen dort stärker auftreten, erklärt die Autobahnpolizei. Die Sperrung wurde daher bereits als Vorbereitung beschlossen und bestand, bis der Sturm am Morgen nachgelassen hatte. Inzwischen ist die Autobahn in beide Fahrtrichtungen wieder jeweils einspurig befahrbar. Dies kann sich aber aufgrund der Wetterlage kurzfristig ändern.
Im Dürener Ortsteil Mariaweiler ist es zu einem Unfall gekommen, bei dem eine 22-Jährige Frau aus Hürtgenwald verletzt wurde. Sie war gegen 23 Uhr auf der Lommessemstraße in Richtung Gürzenich unterwegs, als sie von plötzlich einsetzendem Starkregen überrascht wurde. Dadurch übersah sie einen am Fahrbahnrand abgestellten Wagen und fuhr auf diesen auf. Das Auto der Frau musste abgeschleppt werden, der Schaden wird auf 20.000 Euro geschätzt. Bei zwei weiteren Unfällen blieb es bei Sachschäden, verletzt wurde niemand. Die Feuerwehr melden für den Kreis Düren insgesamt rund 30 witterungsbedingte Einsätze, die Polizei musste 18 Mal ausrücken. Die Einsätze beschränken sich bis auf die Unfälle auf Gefahrenstellen durch umgestürzte Baustellenschilder und Bäume sowie fallende Dachziegel.
Im Kreis Heinsberg gab es bis zum Morgen insgesamt vier Gefahrenstellen, wie die Polizei berichtet. Dort seien Bäume und Äste auf Fahrbahnen gestürzt, die aber teilweise von Polizeibeamten direkt entfernt werden konnten. Auch die Feuerwehren waren im Einsatz. „Es war trotz des Sturms relativ ruhig“, bilanzierte der Pressesprecher. Bereits am Mittwochnachmittag wurde ein Autofahrer bei einem Unfall in Geilenkirchen bei Hochheid leicht verletzt. Vermutlich aufgrund einer Sturmböe kam der Wagen des Mannes von der Fahrbahn ab und kollidierte dort mit einem Baum. Da der Mann unter Alkoholeinfluss stand, wurde ihm im Krankenhaus eine Blutprobe entnommen.
In der Städteregion Aachen war es „nicht so schlimm wie befürchtet“, erklärt Presseprecherin Stefanie Kutsch am Morgen. Für die Feuerwehr in der Stadt Aachen errechnete am Vormittag Nils Lapp vom Lagedienst bislang 14 Einsätze. „Wir sind insgesamt glimpflich davongekommen.“ Nur einmal sei ein Mensch zu Schaden gekommen, als ein nicht näher bekanntes Teil von einem Dach geweht wurde. Es blieb bei einer Platzwunde am Kopf. Ein Baum war auf die Vennbahntrasse in Kornelimünster gefallen und musste entfernt werden. In der Innenstadt brach ein großer Ast von einem Baum in der Bleiberger Straße ab und beschädigte dabei einen Wagen. Mehrere Bäume, die vor einem Forschungsinstitut an der Pauwelsstraße standen, drohten auf die Straße zu fallen. Sie wurden von den Einsatzkräften zersägt, um die Verkehrssicherheit wiederherzustellen. Zwei parkende Autos sind von Verkehrsschildern beschädigt worden, eins in Burtscheid und eins auf der Lütticher Straße. Gelbe Säcke seien durch den Sturm aufgerissen und der Müll durch die Straßen verteilt worden.
Die Städteregion berichtet von 27 wetterbedingten Einsätzen der Feuerwehr in den Altkreiskommunen, unter anderem neun in Stolberg, fünf in Eschweiler, drei in Simmerath, zwei in Monschau und jeweils einer in Alsdorf, Roetgen und Würselen. Ein Auto auf der Fischbachstraße in Stolberg ist von einem Schild getroffen worden. Orkanartige Böen mit einer Windstärke von 11 gab es in der Nacht in Eschweiler. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 103 bis 117 Stundenkilometern.
Einen Stromausfall gab es in den frühen Morgenstunden in Monschau. Um 1.47 Uhr ist die Störung in einer Freileitung bei Imgenbroich aufgetreten, bestätigt Regionetz-Pressesprecherin Eva Wußing. Dort war ein Baum auf die Leitung gestürzt. In Monschau führte dies zu einem kurzzeitigen Ausfall des Stroms im Bereich Höfen, Imgenbroich und in der Altstadt, dort besonders rund um die Stadtverwaltung. Um 2.20 Uhr war der Baum entfernt und die Stromversorgung größtenteils wiederhergestellt, nur bei zwei Bauernhöfen in Imgenbroich hat es länger gedauert. Auch dort konnte die Störung aber bereits in der Nacht vor 4 Uhr behoben werden.
Die Polizei zählt im Kreis Euskirchen 20 Sturmeinsätze. In den meisten Fällen handelte es sich um Gefahren aufgrund abgebrochener Äste oder herumfliegender Mülltonnen. Größere Sachschäden blieben bisher aus. Im Bereich der Gemeinde Bad Münstereifel sind einige Ortsteile zurzeit ohne Strom.
Auch im Rest von NRW hat der Sturm in der Nacht für zahlreiche Polizeieinsätze gesorgt. „Nordrhein-Westfalen hat letzte Nacht Glück gehabt: Der Sturm hat nur wenige Schäden verursacht“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Unter den rund 2700 Einsätzen seien einige Stromausfälle, ein zweistündiger Ausfall des Einsatzleitsystems im Kreis Recklinghausen und ein Autounfall mit drei Verletzten in Hamm gewesen. „Insgesamt eine turbulente Nacht, die die rund 8600 Einsatzkräfte ordentlich auf Trab gehalten hat“. Vielfach fielen Bäume auf die Fahrbahn oder Straßenschilder wurden umgeweht.
Die Polizei in Münster berichtet von insgesamt 21 Einsätzen solcher Art in der Nacht. Elf Mal sei dabei eine Autobahn betroffen gewesen, so der Sprecher. Große Verkehrsbeeinträchtigungen habe es allerdings nicht gegeben. In Wuppertal stürzte ein etwa 40 Meter hoher Baum um und fiel auf die Schienen der Wuppertaler Schwebebahn, wie die Feuerwehr mitteilte. Der Baum wurde noch in der Nacht zersägt.
Ein Schwerpunkt des Sturms lag im Münsterland und in Ostwestfalen. In Paderborn hat eine vom Dach gewehte Photovoltaikanlage einen Schaden von rund 30.000 Euro verursacht. Teile der Anlage hätten dabei ein parkendes Auto getroffen, sagte ein Sprecher der Polizei Paderborn. Die Feuerwehr habe die Anlage gesichert. In dem Kreis gab es nach Polizeiangaben in der Nacht zwischen 24 Uhr und halb drei Uhr rund 35 Einsätze.
Im Kreis Borken sind in der Nacht zu Donnerstag etwa 54.000 Haushalte mehrere Stunden ohne Strom gewesen. Ein Sprecher der Feuerwehr Borken sagte, es seien Bäume gefunden worden, die in Umspannwerke gefallen seien. Um 8 Uhr gab der Versorger Entwarnung: Alle Betroffenen Bereiche seien wieder zugeschaltet, hieß es auf Twitter. „Die Störung ist behoben.“ Am Vormittag waren noch etwa 5500 Menschen in NRW, vor allem in der Region Arnsberg und im Raum Siegen, ohne Strom, wie eine Sprecherin des Netzbetreibers Westnetz sagte.
Eine Corona-Teststation in Kleve am Niederrhein hat dem Sturm nicht standgehalten. Der Wind zerstörte das Zelt des Drive-in-Testzentrums, wie die Feuerwehr mitteilte. Zwei Dutzend Feuerwehrleute rückten demnach aus, um die Stangen und Planen einzuräumen. Der Eigentümer habe sie weggeschafft. Verletzt wurde nach Feuerwehrangaben niemand.
Die Nordwestbahn stellte am Donnerstagmorgen wegen der Sturmschäden den Zugverkehr komplett ein. In Nordrhein-Westfalen sind davon neun Linien vor allem in Ostwestfalen und am Niederrhein betroffen, darunter die Senne-Bahn zwischen Paderborn und Bielefeld (RB74) und der Niers-Express zwischen Kleve und Düsseldorf (RE10). Schienenersatzverkehr werde vorerst nicht angeboten, sagte Nordwestbahn-Sprecher Steffen Högemann.
Auch bei der Deutschen Bahn kam es zu Einschränkungen. Im Fernverkehr waren vor allem die Linien von Nordrhein-Westfalen Richtung Norden betroffen, wie ein Sprecher sagte. „Der Regionalverkehr ist auch stark eingeschränkt noch in Nordrhein-Westfalen“, sagte er am Donnerstagmittag. Schwerpunkt sei hier vor allem der Bereich nördlich von Dortmund und rund um Hagen, Siegen und das Sauerland. „Da sind schon einige Strecken noch gesperrt, weil Bäume im Gleis sind oder Oberleitungen repariert werden müssen.“ Wann die Züge wieder planmäßig fahren können, sei schwer abzuschätzen.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat Einsatzkräften für ihren Einsatz im Sturm gedankt. In der Nacht sei ein Orkan über Nordrhein-Westfalen gezogen, sagte Wüst am Donnerstag im Landtag. „Wir spüren draußen noch den Wind, 120 Kilometer in der Stunde war der Wind stark.“ Wüst dankte allen Helferinnen und Helfern „ganz herzlich dafür, dass Sie gestern und heute unser Land sturmfest gemacht haben“.
Schulen fallen aus
Für die rund 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler in NRW fällt wegen der Sturmwarnungen an diesem Donnerstag der Unterricht aus. Der Erlass, mit dem diese landesweite Entscheidung möglich ist, wurde nach dem Sturm „Friederike“ 2018 erarbeitet und ist seit 2021 in Kraft, wie das Schulministerium mitteilte. Nun wird er erstmals angewandt.
Die Entscheidung sei nach Rücksprache mit dem Deutschen Wetterdienst gefallen, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Mittwoch. Für Schüler, die nicht mehr rechtzeitig über den Unterrichtsausfall informiert werden könnten, muss laut Ministerium dennoch eine „angemessene Beaufsichtigung durch die Schulen“ gewährleistet werden. Lehrkräfte müssten daher auch – soweit es das Wetter zulässt – ihren Dienst antreten.
Am Freitag soll der Unterricht wieder regulär stattfinden. Die Wetterlage soll zwar stürmisch sein, aber noch ist unklar, ob es tatsächlich ein Unwetter geben wird. Das Schulministerium werde die Lage beobachten.
Wetterausblick
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes müssen Menschen in NRW am Donnerstag nicht mehr mit starkem Sturm rechnen. „Das Gröbste ist erstmal durch“, sagte Jan Kärger, Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes in Essen.
Die Serie von Sturmtiefs könnte sich nach Einschätzungen des DWD auch am Freitag und zu Beginn der kommenden Woche fortsetzen. Tendenziell müsse weiter mit einer solchen Entwicklung gerechnet werden, sagte Meteorolge Jens Oehmichen vom Deutschen Wetterdienst am Donnerstagmorgen. Für Freitagnachmittag bis Samstagnacht gibt es bereits eine Vorabwarnung.