Folgen und Rechte : So wirkt sich der Warnstreik auf die Region aus
Update Aachen/Düren/Heinsberg Viele Pendler in NRW mussten am Montag auf Bus oder Bahn verzichten. Auf den Straßen gab es aber trotzdem kein von manchen befürchtetes Stau-Chaos. Offenbar blieben viele Pendler im Homeoffice oder hatten gleich einen freien Tag genommen.
Mit einem doppelten Warnstreik wollen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Verdi den Verkehr heute bundesweit weitgehend lahmlegen. Ausfälle und Verspätungen betreffen Millionen Reisende und Pendler. Auch in der Region Aachen/Düren/Heinsberg sind die Folgen beträchtlich. Größere Verkehrsstörungen im morgendlichen Berufsverkehr blieben aber aus. In unserer Übersicht, die wir fortlaufend aktualisieren, erfahren Sie, worauf Sie sich einstellen müssen:
Städteregion Aachen
Vom Warnstreik betroffen sind die Busse der Verkehrsunternehmen Aseag, Rurtalbus und Westverkehr. Von Betriebsbeginn bis Betriebsende werden die Fahrzeuge nicht fahren. Die Busse der meisten Auftragsunternehmen der Aseag sind laut Unternehmenssprecher Paul Heesel allerdings nicht betroffen. Regulär unterwegs sein werden demnach folgende Linien: Schnellbuslinien SB63 und SB66 zwischen Aachen und Eifel; Netliner in Monschau, Roetgen, Simmerath, Aachen-Nord (Laurensberg/Richterich und Umgebung). So bot sich am Morgen am Bushof in Simmerarth kein ungewöhnliches Bild. Die Kinder hier konnten mit den ihnen vertrauten Linien die Schulen in der Umgebung anfahren.
Aktuelle Entwicklungen und Änderungen gibt es im Internet unter aseag.de, avv.de, in den Apps Mova und Naveo sowie telefonisch bei der Aseag unter 0241/1688-1. Die Fahrten der Aseag, der Rurtalbus- und Westverkehr-Busse werden für die Streiktage aus der Online-Fahrplanauskunft des AVV herausgenommen.
Die Deutsche Bahn stellt den Fernverkehr komplett ein. Auch im Regionalverkehr fahren am Montagmorgen keine Züge. Die Linien der Euregiobahn, die in der Städteregion Aachen und im Kreis Düren verkehrt, fallen laut Portal bahn.de größtenteils aus. Busse übernhemen demnach die Fahrten. Betroffen von Ausfällen ist auch der Regionalexpress 18 des niederländischen Verkehrsunternehems Arriva, der zwischen Heerlen und Aachen pendelt. Die Arriva-Busse verkehren aber.
Kreis Düren
Wer auf Bus und Bahn angewiesen ist, sollte sich auch im Kreis Düren nach einer Alternative umsehen. Die Fahrzeuge des Verkehrsunternehmens Rurtalbus bleiben in den Depots. Auch die Rurtalbahn wird bestreikt. Die Strecken sind dabei unterschiedlich betroffen. Auf dem Nordast (RB 21/Strecke Düren – Linnich) werde der Betrieb voraussichtlich nahe am regulären Fahrplan verlaufen, teilt das Unternehmen mit. Auf dem südlichen Ast (RB 21/Strecke Düren – Heimbach) enden die Züge von und nach Düren bereits am Haltepunkt Annakirmesplatz. Der Betrieb laufe nach Information des Unternehms vom Mittag wie erwartet. Man bemühe sich vor allem, den Schulverkehr zu den entsprechenden Zeiten sicherzustellen, heißt es. Vor diesem Hintergrund fällt der Halbstundentakt ab Untermaubach voraussichtlich aus.
Die Eifel-Bördebahn (RB 28/Strecke Düren – Euskirchen) werde nach aktueller Informationslage bis 12 Uhr den Bahnhof in Euskirchen anfahren können. Danach starten und enden die Verbindungen in Zülpich. In Fahrtrichtung Düren enden alle Fahrten am Haltepunkt Binsfeld.
Kreis Heinsberg
Der Streik werde „ganztägig zu Beeinträchtigungen und Ausfällen im Buslinienverkehr der West im Kreis Heinsberg und den angrenzenden Städten und Gemeinden führen“, teilte das Busunternehmen Westverkehr in einer Mitteilung mit. „Auch der Multibus-Verkehr – insbesondere im Bereich Geilenkirchen, Gangelt, Selfkant und Waldfeucht – wird davon betroffen sein.“
Die Auftragsunternehmer der West würden sich nicht an dem Streik beteiligen, wodurch einige Fahrten durchgeführt würden, etwa der Verkehr zu den Grundschulen. Fahrplanauskunft erhalten Fahrgäste sowohl telefonisch unter 02431/88-6767 als auch online auf der Seite www.avv.de.
Regional- und Fernverkehr
Der Warnstreik legt in Nordrhein-Westfalen nicht nur den Fern-, sondern auch den Regional- und S-Bahnverkehr lahm. „Es fährt gerade nichts auf der Schiene“, sagte ein Sprecher der Bahn für NRW am Montagmorgen. Das betreffe nicht nur die Regionalverbindungen von DB-Regio, sondern auch die Linien der Bahnkonkurrenten. Grund sei, dass sich auch Personal in Betriebszentralen und Stellwerken an dem Warnstreik beteilige. Das lege den Verkehr für alle Nutzer der Schienenwege lahm.
Ob es am Nachmittag wieder einzelne Verbindungen geben werde, müsse man abwarten, sagte der Sprecher. Schienenersatzverkehr mit Bussen sei allein wegen des Umfangs und fehlenden Personals nicht möglich, sagte der Bahnsprecher. Bahn-Konkurrenten wie National Express und die Rhein-Ruhr-Bahn haben die Einrichtung von Busnotverkehren angekündigt. Für den Fernverkehr hatte die Bahn bereits vergangene Woche die bundesweite Einstellung des Verkehrs ab null Uhr am Montag angekündigt.
Fahrgäste, die für Montag oder Dienstag eine Bahnreise gebucht haben, könnten das Ticket noch bis einschließlich zum 4. April flexibel nutzen, kündigte die Bahn an. Sitzplatzreservierungen könnten kostenlos storniert werden.
Fahrgäste müssten auch damit rechnen, kaum aktuelle Informationen über ausfallende Züge zu erhalten, da das Personal an Informationsschaltern oder in der Betreuung der Online-Informationsangebote der Bahn ebenfalls streike, sagte ein Bahn-Sprecher.
Flugverkehr
An den großen Flughäfen in Nordrhein-Westfalen fallen voraussichtlich zahlreiche Flüge aus. Die Flughäfen rieten Passagieren dringend, sich bei ihren jeweiligen Fluglinien über den Status ihres Fluges zu informieren.
In Düsseldorf und Köln-Bonn war der Flugverkehr am Morgen weitgehend lahmgelegt. „Hier ist alles dicht. Das ist jetzt ein ökologischer Flughafen“, sagte der Verdi-Gewerkschaftssekretär Frank Michael Munkler zum Flughafen Köln/Bonn. Der Flughafen hatte am Vortag angekündigt, dass mindestens drei Viertel der geplanten 175 Starts und Landungen ausfallen würden. Weitere Flugstreichungen oder Umleitungen seien möglich.
Am Flughafen Düsseldorf wurden am Morgen laut Flugplan fast alle Flüge annulliert. Ursprünglich waren hier an dem Tag 330 Starts und Landungen am Düsseldorfer Airport geplant. Der Dortmunder Flughafen hatte für Montag den kompletten Flugbetrieb abgesagt. Der Flughafen Münster-Osnabrück, an dem nicht gestreikt wurde, übernahm jeweils 20 Starts und Landungen anderer Airports. „Wir helfen gern aus, damit die Urlauber an ihre Ziele kommen“, sagte der dortige Flughafensprecher Detlef Döbberthin.
Der Dortmunder Flughafen sagte wegen des geplanten Streiks den Flugbetrieb für Montag komplett ab. 46 Flugbewegungen mit rund 7000 Passagieren seien betroffen, so der Flughafen.
Autoverkehr
Viele, die ansonsten mit Bus un Bahn unterwegs sind, werden am Montag ins Auto steigen. Der ADAC NRW riet, wo es möglich ist, im Homeoffice zu bleiben oder außerhalb der Stoßzeiten zum Arbeitsplatz zu fahren. Daran haben sich offensichtlich viele gehalten. Denn außergewöhnliche Störungen im morgendlichen Berufsverkehr in der Region Aachen gab es nicht. „Es ist sogar leerer als sonst“, sagte eine dpa-Reporterin in Düsseldorf. Auch in Köln und Essen berichteten dpa-Reporter von ungewöhnlich leeren Straßen auch an sonst traditionell stauträchtigen Stellen. Der WDR meldete in seinem Verkehrslagebericht um 8.32 Uhr NRW-weit ganze 25 Kilometer Stau. Der ADAC berichtete von deutlich mehr Verkehr und Behinderungen auf Autobahnen, ein Chaos sei am Morgen aber ausgeblieben. Rund um die Ballungsräume stocke der Verkehr zwar, „einen Kollaps oder ein Riesenchaos sehen wir aber nicht“, sagte eine Sprecherin.
Das Verkehrsgeschehen in der Region können Sie live auf unserer Staukarte verfolgen:
Hintergründe
Aus Sicht der Gewerkschaften zeigen die Arbeitgeber in mehreren Tarifrunden zu wenig Bewegung. Mit der Großaktion am Montag lassen sie pünktlich zur dritten Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst die Muskeln spielen. Für die 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen verlangen Verdi und der Beamtenbund dbb 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die EVG kämpft derweil mit mehreren Unternehmen um mehr Geld, besonders im Blick: die Deutsche Bahn.
Die Arbeitgeber reagierten mit heftiger Kritik auf die Ankündigungen. Das sei „nicht ok“, sagte etwa die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge. Welge argumentiert, dass ein Ergebnis schließlich in der dritten Runde in Potsdam gefunden werden könne. Auch Bahn-Personalvorstand Seiler forderte „eine zügige Lösung“ statt eines großen Warnstreiks.
Wird es schon bald weitere große Streiktage geben?
Der große gemeinsame Streiktag ist eine länger geplante, aber zunächst einmalige Aktion der beteiligten Gewerkschaften. Verdi will mit dem Warnstreik pünktlich zum Start der dritten Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst am Montag in Potsdam den Druck auf die Kommunen und den Bund erhöhen. Wenn sich beide Seiten nun in Potsdam einigen, könnte die Eisenbahngewerkschaft EVG mögliche weitere Bahnstreiks ohnehin nicht mehr im Schulterschluss mit Verdi machen. Aber angesichts der konfrontativen Situation sind weitere Ausstände auch im öffentlichen Dienst längst nicht vom Tisch.
Die Düsseldorfer Verdi-Geschäftsführerin Stephanie Peifer drohte mit unbefristeten Streiks gedroht, falls es bei der am Montag beginnenden dritten Tarifrunde im öffentlichen Dienst keinen Durchbruch gebe. „Die Arbeitgeber müssen sich gewaltig bewegen, sonst gehen wir in die Urabstimmung“, sagte sie. Die Beteiligung am großen Warnstreik in ihrem Bezirk mit Düsseldorf und Wuppertal sei „grandios“. „Aber das, was heute passiert, ist nur ein Tag.“ Ein unbefristeter Streik brächte eine „ganz andere Dimension“, sagte sie. Ähnlich hatte sich die Gewerkschaftsfunktionärin am Morgen bereits im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF geäußert.
EVG-Chef Martin Burkert schließt Warnstreiks zu Ostern grundsätzlich nicht aus. Gleichwohl gab die Gewerkschaft zuletzt zu verstehen, sie habe die Interessen von Osterreisenden im Blick. Verdi-Chef Frank Werneke stellt auf Kundgebungen im ganzen Land seit Wochen Spekulationen über ein mögliches vorläufiges Scheitern der Verhandlungen an. Die möglichen Szenarien umfassen eine Einigung in Potsdam, ein Schlichtungsverfahren, eine Verabredung zu einer weiteren Runde oder auch Urabstimmung und Erzwingungsstreik.
Muss ich bei der Arbeit erscheinen?
Auch wenn Bahn- und Buspersonal streiken und deshalb der öffentliche Verkehr weitgehend stillsteht, müssen Arbeitnehmer pünktlich beim Job erscheinen.
„Das sogenannte Wegerisiko trägt immer der Arbeitnehmer, ob Streik oder nicht“, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür. Denn bei einem Streik handelt es sich nicht um ein unvorhergesehenes Ereignis. In der Regel wird er rechtzeitig, also etwa am Vortag oder sogar noch früher, angekündigt.
Andere öffentliche Verkehrsmittel, Carsharing, kurze Wege – in der Stadt ist das Ausweichen in der Regel leichter als auf dem Land. Rechtlich tut das aber nichts zur Sache. „Zur Not müssen Arbeitnehmer auf eigene Kosten ein Taxi nehmen, auch das ist zumutbar“, sagt Oberthür.
Und wie sieht es mit Homeoffice aus? Ist Homeoffice sowieso schon Praxis im Arbeitsalltag, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, dieses auch für den Streiktag gestattet zu bekommen. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dürfte der Arbeitgeber in diesem Ausnahmefall verpflichtet sein, die Arbeitsleistung zu Hause zu ermöglichen. Rechtsprechung hierzu gibt es allerdings bislang noch nicht.
Gibt es schulfrei in Nordrhein-Westfalen?
„Am kommenden Montag findet Schule statt“, hieß es an Freitag aus dem Schulministerium. Bei vorab angekündigten Ereignissen wie einem Streik des öffentlichen Nahverkehrs und daraus eventuell resultierenden Beeinträchtigungen bestehe die Schulpflicht auch weiterhin.
Gleichwohl könne die Dimension des Streiks die Eltern „vor erhebliche organisatorische Schwierigkeiten stellen und gegebenenfalls dazu führen, dass für Schülerinnen und Schüler der Schulweg im Einzelfall faktisch unmöglich wird“, hieß es weiter. Den Schulleitungen riet das Ministerium, „in diesen Fällen mit Augenmaß vorzugehen“.
Konkrete Handreichungen, wie die Schulen auf den Streik reagieren könnten, gab das Schulministerium nicht. Stattdessen verweist es auf den Erlass zur Teilnahme am Unterricht. Darin heißt es, dass Eltern nur bei nicht vorhersehbaren Gründen selbst entscheiden, ob für ihre Kinder der Weg zur Schule zumutbar ist.
„Ein nicht vorhersehbarer Grund kann auch der plötzliche Eintritt extremer Witterungsverhältnisse oder ein nicht vorhersehbarer Ausfall des öffentlichen Nahverkehrs sein“, steht in dem Erlass. Der Ausfall von Bussen und Bahnen wegen des schon angekündigten Streiks fällt nicht unter diese Kategorie.