Corona in NRW-Gefängnissen : So verlief die Pandemie hinter Gittern
Düsseldorf In den Gefängnissen in NRW haben sich in den vergangenen zwei Jahren Hunderte Insassen und Bedienstete mit Corona infiziert. Welche Justizvollzugsanstalten besonders betroffen gewesen sind - und wie der Pandemie-Alltag hinter Gittern aussieht.
Die Pandemie hat auch vor Gefängnismauern nicht Halt gemacht. Einer Auswertung des NRW-Justizministeriums zufolge, die unserer Redaktion vorliegt, ist von März 2020 bis zum 13. April 2022 in allen Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten des Landes bei 3682 Insassen Corona diagnostiziert worden. Demnach gab es die meisten Fälle in der JVA Bielefeld-Senne (449) – gefolgt von den JVAs in Rheinbach (262) und Essen (232). Die wenigsten Erkrankungen bei den JVA-Gefangenen meldeten hingegen die Justizvollzugsanstalten in Schwerte (10), Wuppertal-Ronsdorf (14) und Kleve (19).
Das Pandemiegeschehen habe die Bediensteten und die Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten im besonderen Maße vor Herausforderungen gestellt, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) unserer Redaktion. „In Anbetracht dessen bin ich sehr froh, dass es uns gelungen ist, das Infektionsgeschehen in den Justizvollzugsanstalten unter Kontrolle zu halten“, so Biesenbach.
Auch wenn die Fallzahlen im Zuge der Omikron-Welle parallel zum Infektionsgeschehen außerhalb der Anstalten zuletzt angestiegen seien, gebe es erfreulicherweise kaum schwerwiegende Krankheitsverläufe. So sind dem Justizministerium bislang keine Todesfälle von Inhaftierten bekannt, die durch eine Covid-19 Infektion verursacht worden sind. Allerdings ist den Angaben zufolge ein positiv getesteter Bediensteter der Justizvollzugsanstalt Moers-Kapellen im April 2021 verstorben.
Wie aus der unserer Redaktion vorliegenden Auswertung des Justizministeriums weiter hervorgeht, sind zwischen März 2020 und dem 13. April 2022 in den NRW-Gefängnissen auch 2960 Bedienstete an Corona erkrankt gewesen. Der Monat mit den deutlich meisten Fällen war der März 2022 mit 1108 Erkrankten; keine Fälle gab es im Juni und Juli 2020. Die meisten Ansteckungen beim Personal gab es in den Justizvollzugsanstalten Werl (228), Köln (158) und Remscheid (137). Die wenigsten Erkrankten bei den Bediensteten meldeten die Gefängnisse in Kleve (31), Siegburg (35) und Wuppertal-Ronsdorf (36).
Nach Auskunft des Justizministeriums werden die Konzepte zum Schutz der Gefangenen vor einer Covid-Erkrankung im Verlauf der Pandemie fortwährend an das aktuelle Infektionsgeschehen angepasst. So werde aktuell den Anstalten ein Musterhygieneplan zur Verfügung gestellt, der durch die Gefängnisse – in Abstimmung mit dem Gesundheitsämtern – auf die jeweils individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten zugeschnitten wird. Um Besucherkontakte zu reduzieren, gibt es in den JVAs für die Insassen die Möglichkeit der Videotelefonie.
Welche Pandemie-Regeln in den Gefängnissen herrschen, ist im sogenannten Musterhygieneplan festgehalten: Bei der Aufnahme von Gefangenen sind zu Beginn Kontaktbeschränkungen vorgesehen. So soll die Unterbringung vorzugsweise auf dafür eingerichtete Aufnahmeabteilungen und grundsätzlich als Einzelunterbringung stattfinden. Bei der Aufnahme muss der Gefangene einen Corona-Test durchführen. Der Zutritt zur Anstalt für Besucher erfolgt nur, wenn ein Nachweis über eine vollständige Immunisierung oder ein negativer Test vorliegen.
Wegen zahlreicher Corona-Infektionen stand zuletzt im März eine gesamte Justizvollzugsanstalt mit rund 1000 Insassen unter Quarantäne. In der JVA Werl waren die normale Haftabteilung sowie die Sicherungsverwahrung betroffen. Zunächst waren in einzelnen Flügeln Quarantänebereiche eingerichtet worden, doch die Plätze reichten nicht mehr aus. Da es überall Fälle bei den Gefangenen gab, wurde letztlich die gesamte JVA unter Quarantäne gestellt. Die Inhaftierten und Sicherheitsverwahrten durften zeitweise ihre Zellen beziehungsweise Zimmer nicht mehr verlassen. Besuch war verboten. Arbeitsbetriebe wurden geschlossen.