1. Region

Auswertung der Bundespolizei: So sicher sind die Bahnhöfe in NRW

Auswertung der Bundespolizei : So sicher sind die Bahnhöfe in NRW

Das Bahnhofsmilieu gilt traditionell als Kriminalitätsschwerpunkt. Doch nun gehen Straftaten plötzlich zurück, wie eine Auswertung der Bundespolizei belegt. Warum das nicht nur an der Pandemie liegt.

Es ist 19.30 Uhr am vergangenen Dienstagabend, als im Essener Hauptbahnhof ein 14-Jähriger von mehreren Jugendlichen mit einem Messer bedroht und ausgeraubt wird. Die Täter fliehen, jedoch zeichnet eine Überwachungskamera den Raubüberfall auf. Die Fahndung mit Personenbeschreibung läuft; ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet worden.

Immer häufiger kann die Bundespolizei in den nordrhein-westfälischen Bahnhöfen Täter mithilfe von Videomaterial identifizieren und so die Taten aufklären. Die Aufklärungsquote an den Bahnhöfen in der Region ist wegen der Videoüberwachung deutlich gestiegen, wie aus einer Auswertung der Bundespolizei für unsere Redaktion hervorgeht. Und gleichzeitig werden weniger Straftaten verübt. „Wir hatten 2019 knapp 37.000 Straftaten, 2020 waren es 36.000 Straftaten, und für 2021 haben wir eine insgesamt deutlich rückläufige Tendenz zu verzeichnen“, sagt Polizeidirektorin Andrea Hoffmeister von der Bundespolizeiinspektion Sankt Augustin. Insbesondere im Bereich der Eigentumsdelikte sei das zu erkennen – die Zahl der Fälle ging von 7400 im Jahr 2019 auf 4500 im vergangenen Jahr zurück.

Bahnhöfe haben traditionell besonders unter Taschendiebstahl zu leiden. Aber selbst in diesem Bereich gehen die Fallzahlen deutlich zurück. Von rund 3700 registrierten Fällen im Jahr 2018 auf 1500 im Jahr 2020. „Und im Jahr 2021 liegt die Zahl nur noch in einem dreistelligen Bereich“, betont Hoffmeister. Die Bundespolizei in NRW führt die positive Entwicklung auf ihre Spezialeinheit zurück, der sogenannten Fahndungs- und Ermittlungsgruppe Taschendiebstahl, kurz „FEG TD“. „Diese Spezialisten waren 2021 an 346 Tagen zu unterschiedlichen Zeiten an den Schwerpunkten innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Direktion Sankt Augustin im Einsatz“, erklärt die Polizeidirektorin.

Experten sehen aber auch die Coronavirus-Pandemie als Grund für den Rückgang der Fälle; schließlich seien deswegen weniger Menschen in den Bahnhöfen unterwegs gewesen. Das räumt auch die Bundespolizei ein. Aber auch die zunehmende Videoüberwachung an Bahnhöfen und in Zügen sowie regelmäßige Präventionskampagnen zur Sensibilisierung von Reisenden spielten eine zentrale Rolle für die positive Entwicklung, so die Bundespolizei.

Die Fahnder konnten im vergangenen Jahr 157 Taschen-, Handgepäck- und Gepäckdiebe auf frischer Tat festnehmen (2019 waren es 127 Festnahmen). Zudem konnten in 168 Fällen im vergangenen Jahr die Taschendiebe anschließend durch Auswertung von Videomaterial ausgemacht werden. „Anders ausgedrückt: alle zwei Tage mehr als eine Festnahme von Taschendieben“, so Hoffmeister. Zudem nahm die Bundespolizei in den Jahren 2020 und 2021 jeweils rund 2400 Personen fest, die zur Fahndung ausgeschrieben waren. „Nicht nur für normale Reisende und Pendler dienen die Bahnhöfe als Drehkreuze. Auch Kriminelle fahren Bahn, und sie gehen dort illegalen Geschäften nach. Aber dadurch können sie auch in den Blickwinkel der Kameras und unserer Streife geraten“, sagt ein Bundespolizist.

Am meisten zur Anzeige gebracht wurden in NRW-Bahnhöfen im vergangenen Jahr Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen wie unerlaubter Aufenthalt in Deutschland, das Betäubungsmittelgesetz sowie Betrug. Die meisten dieser Straftaten werden demnach in den Großstadtbahnhöfen Köln, Düsseldorf und Dortmund begangen. Deshalb werden unter anderem dort auch immer wieder temporäre Waffenverbotszonen eingerichtet – insgesamt 13 Mal schon zwischen 2018 und 2021. „Sie sollen die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren und Reisende davon überzeugen, bei der An- und Abreise zu Veranstaltungen und Feierlichkeiten Waffen zu Hause zu lassen“, so Hoffmeister. Zuletzt galt am vergangenen Wochenende am Düsseldorfer Hauptbahnhof eine Waffenverbotszone.