Flüchtlinge : Sicherheit für Menschenrechtler
Düsseldorf In Russland und anderen Autokratien werden die Aktivisten bedroht. In NRW sollen sie Schutz finden.
Nordrhein-Westfalen soll jährlich 300 Personen Zuflucht gewähren, die in ihren Heimatländern speziell wegen ihres Engagements für Menschenrechte in Gefahr sind. Das beantragen die Grünen im Düsseldorfer Landtag, das Parlament berät darüber am Donnerstag. Hintergrund ist unter anderem der russische Krieg in der Ukraine.
„Es ist ein enorm wichtiges politisches Zeichen, wenn Menschenrechtlerinnen und Aktivisten gehört werden und gesehen wird, dass sie Schutz brauchen“, erklärt dazu Berivan Aymaz, Sprecherin für Flüchtlingspolitik der Grünen-Landtagsfraktion. „Gerade vor dem Hintergrund, dass sich immer mehr Menschen in Russland oder Belarus gegen die russische Kriegspolitik wenden, ist es wichtig, ein solches Zeichen zu setzen.“
Konkret schlagen die Grünen vor, ein humanitäres Aufnahmeprogramm mit einer Kapazität von mindestens 300 Personen pro Jahr für besonders schutzbedürftige Personen einzurichten. Dazu könnten auch Medien- und Kulturschaffende zählen, die in Ländern wie China, Iran, der Türkei oder Afghanistan staatlicher Willkür ausgesetzt sind.
Ebenso in Russland: Dort sehe man seit dem Beginn des Angriffskrieges massive Repressionen gegen all jene, die sich gegen die verbrecherischen Taten der russischen Regierung aussprächen. „Wenn uns an einer internationalen Ordnung gelegen ist, die auf unveräußerlichen und unverhandelbaren Menschenrechten beruht, dann müssen wir diejenigen, die sich trotz aller Widerstände genau dafür einsetzen, besonders schützen.“
Personen, die über ein nordrhein-westfälisches Landesprogramm einreisen würden, müssten kein Asylverfahren durchlaufen. „Natürlich müssen Kriterien festgelegt werden, nach denen Menschen in das Sonderkontingent fallen. Aber es gibt gute, anerkannte Organisationen, mit denen wir erprobt zusammenarbeiten – Friedensinitiativen, Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch oder Frauenrechtsorganisationen – und die einen Überblick über verfolgte Personen haben“, präzisiert Berivan Aymaz und ergänzt: „Ich glaube, dass dies schnell und einfach überprüfbar und transparent zu machen ist.“
Der Flüchtlingsrat in NRW findet den Vorschlag gut. Jedoch glaubt man dort nicht daran, dass etwas daraus wird. „Landesaufnahmeprogramme werden immer wieder gefordert, auch von uns. Das ist erstmal grundsätzlich zu begrüßen“, sagt Geschäftsführerin Birgit Naujoks. Sie kritisiert aber die schwarz-gelbe Landesregierung: Diese habe bislang kein großes Interesse daran gezeigt, sich für solche Programme einzusetzen. Zudem müssen neue Landesaufnahmeprogramme durch das Bundesinnenministerium abgesegnet werden. Bei Vorstößen aus anderen Bundesländern sei das in der Vergangenheit schon gescheitert.
Sie findet es dennoch richtig, diesen Ansatz gerade jetzt, trotz und während der Fluchtbewegung aus der Ukraine, in den Blick zu nehmen. „Nur, weil gerade viele Flüchtlinge aus der Ukraine kommen, heißt es nicht, dass andere weniger schutzbedürftig sind – im Gegenteil“, betont sie. Gerade in Russland hätten derzeit immer mehr Menschen Grund, um ihre Sicherheit zu bangen. „Grundsätzlich sollte es viel mehr Bestrebungen geben, Menschen aktiv aus Situationen herauszuholen, in denen sie in ihrem Leben bedroht sind.“
Das Landesflüchtlingsministerium ließ eine Anfrage zum Thema zunächst unbeantwortet.