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Kein Startsignal für Urlaubsreisen: Seehofer lockert die Grenzkontrollen

Kein Startsignal für Urlaubsreisen : Seehofer lockert die Grenzkontrollen

Die temporären Grenzkontrollen an mehreren deutschen Grenzen werden jetzt zurückgefahren. Einreisen darf aber nach wie vor nur, wer einen triftigen Grund nachweisen kann.

Die wegen der Corona-Pandemie eingeführten Kontrollen an der deutschen Grenze sollen von diesem Samstag an schrittweise gelockert werden. Auf touristische Reisen ins Ausland sollen die Bundesbürger aber auch in den kommenden Wochen weiter verzichten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) empfahl den Bundesländern am Mittwoch, die bislang geltende Regeln, dass auch wer aus einem europäischen Nachbarland einreist, für zwei Wochen in Quarantäne muss, aufzuheben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht keine Gefahr in der Öffnung von Grenzen zwischen Nachbarstaaten, wenn die Lage in den Nachbarstaaten vergleichbar sei. „Wenn Länder das Risiko ähnlich managen und ähnlich Maßnahmen zur Überwachung haben, birgt eine Grenzöffnung kein zusätzliches Risiko“, sagte WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan in Genf. Flugreisen seien komplizierter, dafür müssten umfangreiche Schutzkonzepte vor einer weiteren Ausbreitung des Virus entwickelt werden.

Wie das Bundesinnenministerium am Mittwoch mitteilte, enden die Kontrollen zunächst an der Grenze zu Luxemburg in der Nacht zum kommenden Samstag.

An der deutsch-dänischen Grenze sei Deutschland ebenfalls bereit, die Kontrollen einzustellen, „sobald die dänische Regierung ihre laufenden Konsultationen mit ihren jeweiligen Nachbarstaaten vollzogen hat“. Alle grenzüberschreitenden Verkehrswege nach Österreich, Frankreich und in die Schweiz sollen ab Samstag wieder geöffnet werden, auch wenn es weiterhin Kontrollen gebe, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Statt systematischer Kontrollen werde es dort nur noch „Stichprobenkontrollen“ geben. Es gilt aber weiterhin der Grundsatz, dass die Einreise für Ausländer nur aus bestimmten Gründen erlaubt ist - und zwar für Berufspendler, für den Güterverkehr oder aus triftigem Grund. Es soll aber Lockerungen geben - etwa für unverheiratete Paare. Seehofer kündigte zudem Gespräche über weitere Ausnahmen an, etwa für Schulbusse. Ab 15. Juni soll dann auf die Kontrollen ganz verzichtet werden, wenn das Infektionsgeschehen dies zulässt.

An den Grenzen zu Belgien und den Niederlanden gibt es keine Grenzkontrollen auf deutscher Seite. Belgien hat an den Grenzen den ein- und ausreisenden Verkehr massiv eingeschränkt und lässt nur noch Personen mit entsprechenden Berechtigungen passieren. Bei Verstößen werden Geldstrafen von etlichen Hundert Euro verhängt.

Auf niederländischer Seite gab es zeitweise, zum Beginn der Coronavirus-Pandemie, punktuelle Beschränkungen für Touristen und Tagesreisende aus Deutschland, etwa ins Heuvelland bei Maastricht und zum Outlet-Center nach Roermond.

Die Erleichterungen sind laut Innenministerium eine Folge der positiven Entwicklung des Infektionsgeschehens. Sollte die Zahl der Neuinfektionen in Nachbarregionen jedoch stark steigen, werde man wieder intensiver kontrollieren. Dabei biete der in Deutschland geltende Richtwert von mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen Orientierung.

Die von den Bundesländern angeordnete 14-tägige Quarantäne für jeden, der nach Deutschland kommt, sollte nach Einschätzung des Ministeriums künftig nur noch für Menschen gelten, die sich zuvor in Drittstaaten aufgehalten haben. Also beispielsweise nicht mehr für Deutsche, die aus Frankreich einreisen oder aus den Niederlanden. Die Entscheidung über die Quarantäne liegt allerdings bei den Ländern.

Seehofer hatte in den vergangenen Tagen mit seinen Amtskollegen in den Anrainerstaaten sowie mit den Ministerpräsidenten der Grenz-Bundesländer über die Details einer schrittweisen Rückkehr von stationären Kontrollen zur normalen Überwachung der Grenzen im 30-Kilometer-Bereich beraten.

Die Kontrollen an den Grenzen zu Luxemburg, Dänemark, Frankreich, Österreich und der Schweiz waren am 16. März eingeführt worden, um das Infektionsgeschehen in Deutschland einzudämmen. Bis zum 14. Juni gilt aktuell noch eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Demnach sollen Deutsche grundsätzlich auf Urlaubsreisen im Ausland verzichten.

„Es ist europäisch, gemeinsam ein gefährliches Virus zu bekämpfen. Es ist nicht europäisch, sich bei unbequemen Maßnahmen der gemeinsamen Verantwortung zu entziehen“, erklärte Seehofer. Er war in den vergangenen Tagen unter Druck geraten, nachdem aus den grenznahen Bundesländern und aus der Opposition der Ruf nach einer Beendigung der Kontrollen laut geworden war.

Die Grünen-Politikerin Franziska Brantner forderte „Konzepte für lokale Lockdowns, um gezielt zu reagieren, wenn die Infektionszahlen lokal wieder steigen“. Andernfalls sei die Versuchung groß, jedes Mal wieder die Grenzen zu schließen, sagte die Bundestagsabgeordnete. „Der Rückgang der Infektionen bei uns und in den Nachbarländern erlaubt und erfordert die heute beschlossenen Lockerungen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg.

Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle, forderte: „Auch mit Polen und Tschechien müssen schnell Übereinkünfte gefunden werden, damit auch die dortigen Grenzregionen von den Lockerungen der Grenzkontrollen profitieren.“

(dpa/red)