Digitalpakt : Schulträger fordern Milliarden von NRW
Düsseldorf Der Städte- und Gemeindebund NRW wirft der Regierung vor, die Städte mit den Folgekosten der Digitalisierung in den Schulen und im Ganztag allein zu lassen. Dafür gibt es Rückendeckung aus der Opposition und vonseiten der Lehrer.
Die Schulträger in NRW haben eine stärkere finanzielle Unterstützung des Landes im Bildungsbereich gefordert. „Wir müssen über den Finanzausgleich mehr eigene Mittel bekommen, um unsere Aufgaben abarbeiten zu können. Darum werden wir auch mit der neuen Regierung ringen müssen“, sagte Eckhard Ruthemeyer (CDU), Präsident des Städte- und Gemeindebunds NRW, unserer Redaktion. Der Schuh drücke insbesondere bei der Schulfinanzierung, sagte der Bürgermeister der Stadt Soest.
Der Digitalpakt Schule des Bundes ist aus seiner Sicht „nur eine Anschubfinanzierung via Förderprogramm, die die Folgekosten nicht mit abdeckt“. Die Haltbarkeit der Geräte betrage schätzungsweise drei Jahre. „Und dann? Wer beschafft die nächste Generation? Wer kümmert sich um Administration und Wartung der IT-Infrastruktur, die wir mit großem Aufwand aufgebaut haben? All das muss betreut werden“, so Ruthemeyer. Dafür benötige man Personal. Die jährlichen Kosten bezifferte er allein für die Digitalisierung und die Folgen des Rechtsanspruchs auf Ganztag auf zwei Milliarden Euro.
Unterstützung bekam Ruthemeyer vom bildungspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Jochen Ott. Er forderte einen „New Deal“ in der Bildungspolitik: „Da müssen wir zu neuen Verabredungen kommen und auch den Bund für eine dauerhaft bessere Ausstattung unserer Schulen mehr in die Pflicht nehmen.“ Einmalige Digital-Pakete reichten nicht aus. Darüber hinaus müssten die Lehrkräfte auch von den vielen Organisations-Aufgaben befreit werden. Ott forderte einen digitalen IT-Support an allen Schulen.
Der Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch, mahnte ebenfalls eine Übernahme der Folgekosten an: „Es wird Städte und Gemeinden geben, die wegen ihrer angespannten Haushaltslage diese dauerhaften Mehrkosten scheuen und deshalb zögern, diese wichtigen Investitionen vorzunehmen.“ Bartsch bezeichnete dies mit Blick auf die Omikron-Variante als extrem schwierig: „Distanzunterricht nach den Weihnachtsferien ist mehr als nur ein Schreckgespenst, kann allerdings nur gelingen, wenn auch die nötige Ausstattung vorhanden ist. Und das ist in viel zu vielen Schulen immer noch nicht der Fall.“ Das Land müsse jetzt beim Thema Gas geben. „Die Beharrungskräfte der Landesregierung sind gänzlich unverständlich. Sie hat offensichtlich den Ernst der Lage nicht erkannt. Denn spätestens in zwei Jahren reden wir bereits über die Ersatzbeschaffungen. Wir unterstützen den Städte- und Gemeindebund deshalb ausdrücklich bei seiner Forderung“, so Bartsch.
Sigrid Beer, bildungspolitische Sprecherin der Grünen, sagte: „Dem aktuellen Digitalpakt fehlt die Nachhaltigkeit und das Land tut sich durch Konzeptlosigkeit hervor.“ Die Schulministerin habe vor allem mit Bundes- und EU-Mitteln finanzierte Tablets an bedürftige Schüler verteilt. Die Folgekosten für Wartung und Reparatur blieben bei den Kommunen hängen ebenso wie die Erwartungen, dass die Geräte von den Schulträgern immer wieder erneuert würden. Beer forderte, das Land müsse sich endlich mit den kommunalen Spitzenverbänden an einen Tisch setzen, um die Finanzierungsfragen und Aufgabenteilung neu zu justieren.
Das Schulministerium verwies auf die laufenden Förderprogramme. „Rund zwei Milliarden Euro werden im Zuge der Digitalstrategie Schule NRW in Nordrhein-Westfalen innerhalb von fünf Jahren von 2020 bis 2025 in das Lehren und Lernen mit digitalen Medien investiert“, sagte ein Sprecher von Ministerin Yvonne Gebauer (FDP). Nach dem Willen der Landesregierung solle das Lehren und Lernen in der digitalisierten Welt darüber hinaus erstmals im Schulgesetz verankert werden. Beim offenen Ganztag verwies das Ministerium darauf, dass das Land sich von Beginn an dafür eingesetzt habe, dass der Bund sich dauerhaft auskömmlich an diesem gesamtgesellschaftlich bedeutsamen Vorhaben beteilige. „Darüber hinaus war, ist und bleibt das Land beim Ganztag ein verlässlicher Partner der Schulträger. So ist es etwa durch eine von Nordrhein-Westfalen in den Bundesrat eingebrachte Initiative gelungen, Investitionen in Ganztagsplätze zu sichern“, so der Sprecher.