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Schulstart in NRW: Schulleiter und Eltern kritisieren Corona-Regeln

Schulstart in NRW : Schulleiter und Eltern kritisieren Corona-Regeln

Insbesondere über die Quarantäne- und Testvorgaben herrscht Unzufriedenheit, etwa darüber, dass Lehrer als Kontaktpersonen in Isolation müssen. Gefordert wird auch eine neue Studie. Die Inzidenz unter Kindern steigt stark.

Eltern und Lehrer zeigen sich unzufrieden mit den neuen Test- und Quarantäneregeln an den Schulen in Nordrhein-Westfalen. „Die neuen Regeln sind nicht zu Ende gedacht“, sagte der Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung NRW, Harald Willert, unserer Redaktion. An den Grundschulen zum Beispiel fehlten schon jetzt viele Lehrkräfte. „Wenn Lehrer als direkte Kontaktperson in Quarantäne gehen und ein Großteil der betroffenen Klassen im Präsenzunterricht verbleibt, stellt sich die Frage: Wer soll diese unterrichten?“, so Willert.

Nach den neuen Regeln müssen nur noch direkte Sitznachbarn eines Infizierten in Quarantäne – und Lehrer, wenn sie in direktem Kontakt standen. Geimpfte sind ausgenommen. Der Unterricht hat in NRW am Mittwoch wieder begonnen. Damit machen sich täglich rund 2,5 Millionen Schüler auf den Weg zur Schule. Unterrichtet wird in voller Präsenz und Klassenstärke.

Elternvertreter halten angesichts der steigenden Inzidenz die wöchentlich vorgesehenen zwei Tests pro Schüler für zu wenig. „Drei Tests würden einen weiteren Schritt zur Sicherung des Schulbetriebs darstellen“, sagte Oliver Ziehm, Vorsitzender der Landeselternschaft der Gymnasien in NRW. Das gelte, zumal die Tests zur Teilnahme am öffentlichen Leben berechtigten und auch die Quarantäneregelungen gelockert worden seien. Willert monierte zudem, dass die Schulausweise, die als Testnachweis gültig sind, nicht fälschungssicher seien.

Hinzu kommt, dass in vielen Schulen in der ersten Unterrichtsstunde getestet wird. Wer laut Stundenplan, etwa in der Oberstufe, erst später erscheinen muss oder krank ist, wird seltener getestet. Der Schülerausweis gelte aber auch in diesen Fällen als Testnachweis, stellte das Landesgesundheitsministerium auf Anfrage klar: Eine Regelung, die einer unbürokratischen Erleichterung diene, könne nie die Lebenswirklichkeit in all ihren Details abbilden.

Das Ministerium appelliere aber an nicht vollständig durchgetestete Schüler und ihre Eltern, hier verantwortungsvoll zu handeln und im Zweifelsfall einen Schnell- oder Selbsttest zu machen, bevor man an Veranstaltungen für Geimpfte, Genesene und Getestete teilnehme.

Wie viele Lehrer und Schüler landesweit in Quarantäne sind, will das Ministerium am Mittwoch mitteilen. Die größte Stadt des Landes, Köln, berichtete am Freitag von 58 infizierten Lehrkräften in den 297 Schulen. Unter den 152.049 Schülern der Stadt gab es nach den ersten drei Schultagen 349 Fälle. Die Sieben-Tage-Inzidenz bei Kindern zwischen sechs und zehn Jahren betrug in Köln 165, bei der Gruppe der Elf- bis 18-Jährigen sogar 261.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte angekündigt, dass unabhängig von der Inzidenz am Präsenzunterricht festgehalten werde. Den Kindern sei weiteres Homeschooling nicht mehr zuzumuten.

Elternvertreter Ziehm forderte: „Es braucht Kriterien, ab wann Schutzmaßnahmen für die Schulen wegfallen oder verschärft werden müssen.“ Mehr Klarheit würde aus seiner Sicht eine Studie bringen, die das aktuelle Infektionsgeschehen an den Schulen in den Blick nehme. „Eine solche Untersuchung könnte Grundlagen für nachvollziehbare Entscheidungen liefern und die Indikatoren aufzeigen, wann Maßnahmen für einen sicheren Schulbetrieb gelockert oder verschärft werden müssen“, so Ziehm. Auch das Robert-Koch-Institut fordere bereits ein engeres Monitoring.

Für den Vorsitzenden der Schulleitungsvereinigung steht fest: „Im neuen Schuljahr ist die Bildung so wenig gesichert wie im vorigen Jahr.“ Corona zeige die Schwächen des Bildungssystems in voller Schärfe: „Wir haben viel zu wenig Lehrpersonal, die Digitalisierung schreitet sehr unterschiedlich voran, trotzdem bekommen wir täglich neue Aufgaben aufgebürdet wie jetzt die Organisation des Impfens.“

Willert fürchtet zudem, dass die zugesagten Mittel zum Aufholen der Lernrückstände in den Schulen nicht ankommt, „weil es in den Kommunen zum Teil an Sachbearbeitern, manchmal auch am Know-how, fehlt, um sie beantragen zu können“. Auch die Landeschefin des Philologenverbands, Sabine Mistler, hatte sich skeptisch geäußert, ob das Geld schnell ankomme.