Neue Wirtschaftsstudie : Prognos: Region Aachen holt Abstand auf
Interaktiv Aachen Medizinisch ausgebildete Ersthelfer werden per App über einen Notfall in der Nähe informiert. Erforderliche Hilfmittel schweben mit einer unbemannten Drohne zum Unglücksort. Klingt wie Science Fiction, könnte aber in der Region Aachen bald Realität sein. Zumindest wenn man der aktuellen Prognos-Wirtschaftsstudie Glauben schenkt.
Das Zahlenwerk gleicht in der Tat einem Blick in die Zukunft. Beschrieben werden Cross-Innovations-Potenziale, wohinter sich die stärkere Vernetzung von Unternehmen und Wissenschaftlern verbirgt. Konkret werden Forschungsprojekte beschrieben, die einmal den Alltag prägen sollen. Sie sollen dafür sorgen, dass sich die Region Aachen mit etwa 1,3 Millionen Menschen zu einer starken Forschungs- und Wirtschaftsregion entwickelt.
Zum zweiten Mal hat der Zweckverband Region Aachen die Prognos AG beauftragt, die wichtigsten Wirtschaftsdaten und Zahlen zusammenzufassen und einen Ausblick zu geben. Der Vergleich der Zahlen von 2015 in der ersten Studie und von 2019 stimmt positiv. In dieser Zeit wuchs die Zahl der Beschäftigten um 9,9 Prozent.
Das Werk wurde am Mittwoch in einer Videokonferenz vorgestellt, der bis zu 150 Personen zugeschaltet waren. In der Runde machte Zweckverband-Geschäftsführerin Christiane Vaeßen deutlich, dass die regionale Wirtschaft bisher gut durch die Pandemie gekommen sei. Ausnahmen: „Gastronomie- und Hotelbetriebe, der Kulturbereich und der Einzelhandel.“
Die Pandemie und ihre Auswirkungen spielten bei der Präsentation allerdings nur eine Randrolle. Vielmehr wolle man wissen, wo man nach der ersten Studie im Jahr 2017 stehe, hieß es. Der Zweckverband umfasst die Kreise Euskirchen, Heinsberg, Düren, die Städteregion und die Stadt Aachen. Deren Unterschiede werden an einigen Zahlen deutlich: Während der höchste Beschäftigungsanteil Hochqualifizierter erwartungsgemäß in der Städteregion zu finden ist, verzeichnet der Kreis Heinsberg von 2008 bis 2019 den mit Abstand höchsten Beschäftigungszuwachs.
Die Prognos AG hat für die Untersuchung sechs Leitmärkte in der Region ausgemacht, die als Orientierungsrahmen für die regionale Wirtschaftspolitik dienen sollen. Grob geschrieben: Es handelt sich um die Wirtschaftsfelder, in denen die Region stark ist. Darin arbeiteten im Jahr 2019 55,5 Prozent der Beschäftigten und wurden 69,1 Prozent des Umsatzes erzielt. Dort macht die Studie auch ein überdurchschnittliches Beschäftigungswachstum aus.
Den stärksten prozentualen Beschäftigungsanstieg verzeichnet die Informations- und Kommunikationswirtschaft mit 15,7 Prozent in den Jahren 2016 bis 2019. In absoluten Zahlen liegt der Sektor Gesundheitswirtschaft und Life Science vorne: 8000 zusätzlich Beschäftigte wurden dort registriert. Insgesamt registrierte Prognos im Jahr 436.857 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Jahr 2019 – ein Höchststand.
Olaf Arndt von Prognos nennt die Gründe: „Es liegt eine Forschungskompetenz in der Region Aachen vor, die in meinen Augen einzigartig ist.“ Damit spielt er auf die zahlreichen Forschungseinrichtungen an, die im Verbund mit den Unternehmen vor allem bei der Bewältigung der Veränderungsprozesse wie dem Strukturwandel, der Energiewende und der Mobilitätswende helfen sollen. Grundsätzlich sieht Arndt die Region auf einem guten Weg.
Der Strukturwandel könnte sich in seinen Augen zu einem Segen entwickeln: „In vielen Bereichen besteht ein Vorsprung und damit ein Wettbewerbsvorteil. Als Beispiele nannte er unter anderem die Entwicklungen in der Wasserstofftechnologie, der Industrie 4.0, der Künstlichen Intelligenz und beim autonomen Fahren.
Zur Wahrheit in der Studie gehört auch, dass die Region Aachen in manchen Bereichen unter dem Durchschnitt liegt. Das Bruttoinlandprodukt je Erwerbstätigen machte in der Region Aachen laut Prognos 64.835 Euro im Jahr 2017 aus – NRW-weit lag dieser Betrag bei 72.708 Euro. Prognos führt dies auf die hohe Zahl kleinerer Unternehmen in der Region Aachen zurück. 89,8 Prozent der Unternehmen im Jahr beschäftigen weniger als zehn Personen. Lediglich 0,4 Prozent beschäftigten 250 und mehr Menschen.
Die Innovationskraft der Region macht Prognos an der Zahl der Patente fest: Gemessen an der Zahl der Beschäftigten nahm sie im Kreis Düren (+31 Prozent) und in der Städteregion Aachen (+22,4 Prozent) deutlich zu. Allerdings liefert dies laut Studie nur begrenzt Anhaltspunkte: Da man am Forschungszentrum Jülich Grundlagenforschung betreibe, drücke sich dies weniger in Patentanmeldungen aus.
Nachholbedarf sieht die Studie auch bei den Neugründungen. Der Wert von 26,53 Unternehmensgründungen je 10.000 Einwohner in den Jahren 2015 bis 2018 erreicht nicht die Werte des Landes (29,56) und Bundes (31).
Dennoch kommt Prognos zu dem Schluss, dass die Region Aachen aufgrund ihrer Entwicklung ein positives Gesamtbild abgibt. Um die Innovationskraft zu steigern, muss fachübergreifend gearbeitet werden. Sie schreibt in diesem Zusammenhang von „Cross-Innovationen“. Damit die Entwicklung positiv bleibt, müsse man die Voraussetzungen schaffen: Sicherung von Fachkräften, stärkeres regionales Denken und Handeln und eine bessere Vernetzung auch zu den Nachbarländern Belgien und den Niederlanden.